VwGH 2012/10/0010

VwGH2012/10/001029.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des RM in Wien, vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Dezember 2011, Zl. MA 64 - 4301/2011, betreffend Kostenvorschreibung für Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

VVG §10 Abs2;
VVG §11 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §10 Abs2;
VVG §11 Abs1;
VVG §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Dezember 2011 wurden dem Beschwerdeführer die mit EUR 36.596,30 bestimmten Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme der mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 14. November 2007 (im Folgenden: Titelbescheid) naturschutzbehördlich angeordneten Wiederherstellungsmaßnahmen auf bestimmt bezeichneten Grundstücken vorgeschrieben.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer mit dem Titelbescheid aufgetragen worden sei, die in einem Landschaftsschutzgebiet und im Bereich eines flächigen Naturdenkmals vorgenommenen Maßnahmen zur Errichtung einer Grundstückszufahrt rückgängig zu machen und den früheren Zustand wie folgt wiederherzustellen:

"1.) Entfernung des eingebrachten Grädermaterials der neu errichteten Zufahrtsstraße;

2.) Wiedererrichtung der zerstörten Hohlwegböschung entsprechend dem ursprünglichen Böschungsverlauf in einer Verbindung der unter- und oberhalb des Einschnittes erkennbaren vorhandenen Böschungskanten (Böschungsunterkante und -oberkante) samt dem danach folgenden Bereich des Einschnittes der neu geschaffenen Zufahrtsstraße durch schichtenweises Aufbauen des Geländeeinschnitts: Material in gleicher Korngrößenverteilung wie anstehendes Material in max. 30 cm Schichten horizontal einbauen und verdichten (walzen) - Verdichtungserfordernis:

80 % Proctordichte;

3.) Anschließend ist eine Initialpflanzung auf der neu errichteten Hohlwegböschung mit heimischen, standortgerechten Sträuchern (Roter Hartriegel, Wolliger Schneeball, Heckenrose, Gewöhnlicher Liguster, Feldahorn, Pfaffenkapperl) in 1 m Abstand, im Dreiecksverband, beginnend 1 m von der Böschungsunterkante entfernt, durchzuführen. Es sind mindestens fünf Arten und mindestens fünf Exemplare je Art in einer Mindestgröße von 50/80 zu pflanzen;

4.) Aufbringen von mindestens 15 cm Oberboden (humoser Boden) auf Gst. Nr. 407.

5.) Bepflanzung des gesamten Grundstücks Nr. 407 zu 90 % mit standortgerechten, einheimischen Bäumen (30 % Berg-, Spitz- und Feldahorn, 20 % Traubeneiche, 20 % Esche, 10 % Hainbuche, 10 % Vogelkirsche) und zu 10 % mit standortgerechten, einheimischen Sträuchern (Roter Hartriegel, wolliger Schneeball, Liguster, Schlehdorn, Weißdorn, Heckenrosen) in einem Reihenabstand von 1,8 m und Pflanzabstand in der Reihe von 1,5 m, wobei alle genannten Arten verwendeten werden müssen. Mindestgröße der Pflanzen: 50/80."

Dieser Titelbescheid sei rechtskräftig und vollstreckbar.

Da dem Titelbescheid nicht entsprochen worden sei, sei mit Verfahrensanordnung vom 25. Juni 2008 die Ersatzvornahme angedroht und zur Durchführung der aufgetragenen Arbeiten nochmals eine Frist von vier Wochen gesetzt worden.

In der Folge sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Mai 2010 die Durchführung der mit den Spruchpunkten 1.), 2.), 3.) und 5.) des Titelbescheides aufgetragenen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme angeordnet worden. Diese Vollstreckungsverfügung sei rechtskräftig und vollstreckbar.

Im Zuge der Durchführung der Ersatzvornahme seien Baugrunduntersuchungen (Untersuchung der Beschaffenheit des Bodens mittels Entnahme von Bodenproben), bodenphysikalische Untersuchungen der entnommenen Bodenproben, gärtnerische Herstellungsarbeiten, die Öffnung eines Vorhangschlosses und die Abhaltung einer Verkehrsverhandlung erforderlich gewesen. Im vorgeschriebenen Gesamtbetrag seien neben den von den für die einzelnen Arbeiten beauftragten Unternehmen verrechneten Beträgen auch EUR 3.326,61 an Kosten der belangten Behörde enthalten. Die von den jeweils beauftragten Unternehmen gelegten Rechnungen seien dem Bescheid der Behörde erster Instanz angeschlossen gewesen.

Der Beschwerdeführer habe in seiner - im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebenen - Berufung vorgebracht, dass ihm der Titelbescheid niemals zugestellt worden sei. Im Zuge der Ersatzvornahme seien auch Bereiche bepflanzt worden, die gar nicht Gegenstand des Naturdenkmals seien. Die Rechnung des Unternehmens J. sei überhöht, weil darin (nicht näher konkretisierte) Maßnahmen enthalten seien, die zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht erforderlich gewesen seien. Überdies sei diese Rechnung nicht nachvollziehbar. In der Position 260121C werde für "Substrat lif u ein - Kies, Sand, Schluff" im Ausmaß von 298,21 m3 zum Einheitspreis von EUR 60,12 ein Gesamtbetrag von EUR 17.928,39 verrechnet. Es sei einerseits nicht nachvollziehbar, was dieser Position zugrunde liege, andererseits sei der hohe Einheitspreis in keiner Weise zu rechtfertigen. Der handelsübliche Preis von Kies betrage je nach Qualität bis zu EUR 18,--/m3, jener für Sand bis zu EUR 23,--. Ein Preis von EUR 60,--/m3 sei durch nichts zu rechtfertigen. Auf Grund der stark überhöht verrechneten Position für Sand und Kies bestünden begründete Bedenken, dass die Rechnung insgesamt überhöht sei. Es werde daher die Beweisaufnahme durch Einsichtnahme in die beiden mit der Berufung vorgelegten Preislisten für Sand und Kies, die Durchführung eines Lokalaugenscheins, die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Gartenbaufach zur Frage der Angemessenheit der Kosten und die Vernehmung zweier namentlich genannter Zeugen beantragt.

Dazu führte die belangte Behörde aus, dass das erstmals in der Berufung erstattete und durch nichts untermauerte Vorbringen, wonach der Titelbescheid nicht zugestellt worden sei, aktenwidrig sei. Nach der Aktenlage sei der Titelbescheid dem Beschwerdeführer zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen.

Die ohne naturschutzbehördliche Bewilligung errichtete Einfahrt erstrecke sich nur zum Teil auf den Bereich eines flächigen Naturdenkmals. Der rechtskräftige Titelbescheid ordne die Wiederherstellung des früheren Zustandes im gesamten von der Errichtung der Einfahrt betroffenen Bereich an.

In der Rechnung des auf Gartenplanung, Gartengestaltung, Pflanzenpflege und Landschaftsbau spezialisierten Unternehmens J. seien für jede Position Menge und Einzelpreise und die sich daraus ergebenden Positionspreise angegeben. Das auf dem Gebiet des Gartenbaues sachkundige Amtsorgan der Magistratsabteilung 42 - Wiener Stadtgärten habe jede der 27 Leistungspositionen anhand der Anordnungen des Titelbescheides und der Aufmaßblätter sachlich und rechnerisch überprüft und für richtig befunden. Unter der Positionsnummer 260121C werde der Einbau eines aus Sand, Kies und Schluff bestehenden Substrats verrechnet. Nach dem Titelbescheid sei die Wiederherstellung der zerstörten Hohlwegböschung aufgetragen, wobei Material in gleicher Korngrößenverteilung wie das angrenzende Material zu verwenden sei. Die dazu durchgeführten Bodenuntersuchungen hätten ergeben, dass der Boden im gegenständlichen Bereich aus Sand, Kies und Schluff bestehe. Entsprechend dem Ergebnis dieser Untersuchungen sei ein Gemisch aus Kies, Sand und Schluff zu verwenden gewesen. Das für die Verfüllung verwendete Substrat habe daher eigens für diesen Zweck hergestellt, angeliefert, schichtenweise in den Boden eingebaut und entsprechend verdichtet werden müssen. Schon aus diesem Grund könnten die vom Beschwerdeführer vorgelegten Preislisten für handelsüblichen Sand und Kies keinen Beweis dafür liefern, dass der unter der Positionsnummer 260121C verrechnete Preis überhöht sei. Sämtliche vorgelegte Rechnungen seien nicht nur für Fachkundige sondern auch für Dritte schlüssig und nachvollziehbar gestaltet. Nach der Aktenlage bestünden keine Zweifel, dass lediglich die zur Erfüllung der behördlich aufgetragenen Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlichen Maßnahmen durchgeführt worden seien.

Da das verwendete eigens gemischte Material nicht mit handelsüblichem Sand und Kies verglichen werden könne und die Rechnungen von einem fachkundigen Amtsorgan auf ihre Preisangemessenheit überprüft und für richtig befunden worden seien, habe für die Behörde keine Veranlassung bestanden, einen Sachverständigen aus dem Gartenbaufach zu beauftragen. Weiters sei nicht nachvollziehbar, was durch die beantragte Vernehmung von Zeugen und Durchführung eines Lokalaugenscheins bewiesen werden solle. Den Beweisanträgen des Beschwerdeführers sei daher nicht stattzugeben gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann gemäß § 4 Abs. 1 VVG die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. fallen die Kosten der Vollstreckung dem Verpflichteten zur Last.

Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Kostenvorschreibung ist, dass die Ersatzvornahme im Titelbescheid ihre Deckung findet. Einwendungen gegen die Kostenvorschreibung kann der Verpflichtete nur unter dem Gesichtspunkt erheben, dass die vorgeschriebenen Kosten unverhältnismäßig hoch seien, wofür er allerdings den Beweis erbringen muss, oder dass die durchgeführten Arbeiten über die Leistungen, die von ihm zu erbringen gewesen wären, unbegründeterweise hinausgingen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, E 107 ff zu § 4 VVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Die belangte Behörde hat ausgeführt, der Titelbescheid sei dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage zugestellt worden. Das Berufungsvorbringen, wonach dieser Bescheid nicht zugestellt worden sei, sei daher aktenwidrig. Mit der bloßen Wiederholung der in keiner Weise konkretisierten Behauptung über das Unterbleiben der Zustellung vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Überdies stellt er nicht in Abrede, dass die Vollstreckungsverfügung in Rechtskraft erwachsen ist.

Weiters rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde seine Einwendungen gegen die Preisangemessenheit der insbesondere vom Unternehmen J. verrechneten Leistungen ohne Aufnahme der beantragten Beweise als unbegründet angesehen habe. In diesem Zusammenhang verweise er darauf, dass im Titelbescheid ausschließlich die gleiche Korngrößenverteilung wie das anstehende Material vorgeschrieben worden sei, nicht jedoch die Materialqualität an sich. Die Verfüllung mit der kostenintensiven Materialmischung sei nicht vom Titelbescheid und daher auch nicht von der Vollstreckungsverfügung gedeckt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Berufungsvorbringen erstattet zu haben. Demnach hat er die Preisangemessenheit der verrechneten Leistungen nur in Bezug auf die Positionsnummer 260121C der Rechnung des Unternehmens J. (Einbau eines bestimmten Materials) konkret bestritten und dazu vorgebracht, dass Kies und Sand zu wesentlich günstigeren Preisen zu beziehen sei. Dazu hat er zwei Preislisten vorgelegt sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die Durchführung eines Lokalaugenscheins und die Vernehmung von Zeugen beantragt.

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid besteht der Boden im gegenständlichen Bereich aus Sand, Kies und Schluff in einem bestimmten Verhältnis. Für die Verfüllung wurde daher ein eigens hergestelltes - vom Beschwerdeführer selbst als "kostenintensiv" bezeichnetes - Gemisch aus Kies, Sand und Schluff im entsprechenden Verhältnis verwendet und schichtenweise eingebaut und entsprechend verdichtet. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass sich die Verpflichtung zur Verwendung eines dem bestehenden Boden entsprechenden Materials aus dem Titelbescheid ergebe.

Dem Beschwerdevorbringen, im Titelbescheid sei nur die Korngrößenverteilung, nicht aber die Materialqualität vorgeschrieben worden, ist zu entgegnen, dass mit dem Titelbescheid - und dementsprechend mit der darauf Bezug nehmenden Vollstreckungsverfügung - die Rückgängigmachung aller im Zuge der Errichtung der Einfahrt vorgenommenen Maßnahmen und die Wiederherstellung des früheren Zustandes angeordnet wurde. Dazu wurde u.a. die Wiedererrichtung der zerstörten Böschung entsprechend dem ursprünglichen Verlauf angeordnet und dazu näher determiniert: "Material in gleicher Korngrößenverteilung wie anstehendes Material". Daraus, dass diese nähere Determinierung lediglich in Bezug auf die Korngrößenverteilung erfolgte, kann keinesfalls geschlossen werden, dass für die Verfüllung jedes beliebige Material mit der entsprechenden Korngrößenverteilung verwendet werden darf. Vielmehr ergibt sich schon daraus, dass es sich um einen Auftrag zur Rückgängigmachung durchgeführter Maßnahmen und Wiederherstellung des früheren Zustandes handelt, dass auch das gleiche Material zu verwenden ist.

Da die belangte Behörde den gegen die Preisangemessenheit einzig konkret ins Treffen geführten Umstand, dass (handelsüblicher) Kies und Sand zu wesentlich günstigeren Preisen als das eigens hergestellte Gemisch zu beziehen seien, nicht in Zweifel gezogen hat, war sie nicht gehalten, die dazu angebotenen Beweise aufzunehmen.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich in der Beschwerde das Berufungsvorbringen wiederholt, wonach auch Bereiche außerhalb des Naturdenkmals bepflanzt worden seien, vermag er den Ausführungen der belangten Behörde, wonach sich der Wiederherstellungsauftrag und die Vollstreckungsverfügung auch auf Bereiche außerhalb des flächigen Naturdenkmals bezögen, nichts Konkretes entgegenzusetzen.

Aus all diesen Gründen lässt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 29. Februar 2012

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