VwGH AW 2011/03/0035

VwGHAW 2011/03/003530.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der X Speditionsgesellschaft mbH, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH vom 10. August 2011, Zl PRAUF 04/2011-011, betreffend eine Angelegenheit nach dem Postmarktgesetz, erhobenen und zur hg Zl 2011/03/0202 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

PostmarktG 2009 §25;
PostmarktG 2009 §51 Abs3;
VwGG §30 Abs2;
PostmarktG 2009 §25;
PostmarktG 2009 §51 Abs3;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 51 Abs 3 des Postmarktgesetzes aufgetragen, den festgestellten Mangel, als Postdiensteanbieter keine Anzeige nach § 25 des Postmarktgesetzes erstattet zu haben, dadurch abzustellen, dass "die von ihr erbrachten Postdienste der Regulierungsbehörde bis längstens 31.08.2011 anzuzeigen" sind.

Der mit der Beschwerde verbundene Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der angefochtene Bescheid sei vollzugsfähig, an seiner sofortigen Umsetzung bestünden aber keine zwingenden öffentlichen Interessen. Demgegenüber drohten der beschwerdeführenden Partei durch die sofortige Umsetzung unverhältnismäßige Nachteile. Unter Berufung auf das Konkretisierungsgebot nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes spezifizierte die Beschwerdeführerin diese Nachteile wie folgt:

Nach § 32 Abs 2 PMG müssen Postdiensteanbieter Hinterlegungsstellen für Pakete einrichten, die den Empfängern nicht zugestellt werden können. Diese Stellen dürfen nach § 32 Abs 2 PMG "nicht unangemessen weit von der Empfangsadresse entfernt" sein. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass sie in Österreich aufgrund der nun bescheidmäßig ausgesprochenen Qualifikation als Postdiensteanbieter ungefähr 1400 Hinterlegungsstellen einrichten müsste, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Um die Gesamtkostenbelastung für die Beschwerdeführerin zu quantifizieren, wurden die Anlaufkosten und die Kosten im Zusammenhang mit dem Betrieb der Hinterlegungsstellen im Einzelnen berechnet. Im Vorfeld der Einrichtung einer solchen Stelle fallen bei 1400 Hinterlegungsstellen insgesamt einmalige Kosten von rund EUR 1.190.000,- an (Makler zum Aufsuchen möglicher Hinterlegungsstellen, Mitarbeitereinstellung und -einschulung, häufige Kontrollbesuche und intensiver Callcenter-Support im ersten Jahr der Inbetriebnahme). In der Praxis fungieren als Hinterlegungsstelle regelmäßig bereits existierende Kleinhandelsunternehmen, die nach der Auswahl und Beauftragung entsprechend eingeschult und im ersten Jahr wiederholt kontrolliert werden müssten. Im Zusammenhang mit dem laufenden Betrieb der Hinterlegungsstellen muss die Beschwerdeführerin ab dem Folgejahr der Inbetriebnahme mit weiteren jährlichen laufenden Betriebskosten von rund EUR 116.000,- (Kosten für regelmäßige Kontrollbesuche, Callcenter-Support etc) kalkulieren. Zusätzlich fallen monatliche Mietkosten von rund EUR 8,-/m2 für die anzumietende Fläche von rund 5 m2 pro Hinterlegungsstelle an, sodass der Beschwerdeführerin jährliche Zusatzbelastungen durch die Miete von Geschäftsflächen von EUR 672.000,- erwachsen.

Nach §§ 32 Abs 4 und 6, 33 PMG haben Postdiensteanbieter Laufzeitmessungen hinsichtlich der beförderten Postsendungen nach dem ÖNORM EN 13850 durchzuführen und zu veröffentlichen. Diese Messungen waren im Paketbereich bis dato nicht verpflichtend, sondern waren bisher nur für Universaldienstleister im Briefsektor vorgesehen, sodass der genaue Umfang derartiger Messungen für die Beschwerdeführerin noch gar nicht vollständig absehbar ist. Die Kosten für die notwendige Einrichtung bzw. den Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur zur umfassenden Messung von Laufzeiten werden von der Beschwerdeführerin und Unternehmen, die entsprechende Leistungen anbieten, auf ungefähr EUR 70.000,- bis 100.000,- pro Jahr geschätzt.

Die Beschwerdeführerin wäre daher verpflichtet, zahlreiche äußerst kostenintensive Maßnahmen zu ergreifen, die selbst im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr ausgeglichen werden können und damit unwiderbringlich verloren wären. Die Beschwerdeführerin müsste ihr gesamtes Geschäftsmodell im Zusammenhang mit dem Transport von Paketsendungen neu ausrichten und umstellen. Die Kosten im Zusammenhang mit der Einrichtung bzw. dem Betrieb von Hinterlegungsstellen und der Durchführung von umfassenden Laufzeitmessungen würden auch für ein Unternehmen von der Größe der Beschwerdeführerin eine massive finanzielle Belastung darstellen. Diese Aufwendungen wären großteils frustrierte, unwiederbringliche Kosten und sind dementsprechend als unverhältnismäßiger Nachteil anzusehen.

Diesem Antrag trat die belangte Behörde in einer dazu erstatteten Äußerung entgegen.

Gemäß § 30 Abs 1 VwGG kommt den Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Gemäß § 30 Abs 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer - unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl dazu den hg Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg Nr 10.381/A).

Im Sinne der Grundsätze dieses Beschlusses erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils - wie vorliegend - die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einnahmeneinbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Erst diese ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin fehlt es aber an der oben genannten notwendigen Konkretisierung durch Darstellung der gesamten wirtschaftlichen Situation, weshalb dem Antrag schon deshalb nicht stattzugeben war (vgl dazu den hg Beschluss vom 8. September 2010, Zl AW 2010/07/0032, mwH).

Wien, am 30. März 2012

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