VwGH 2010/15/0143

VwGH2010/15/014328.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Innsbruck in 6020 Innsbruck, Innrain 32, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 17. Juni 2010, Zl. RV/0601-I/08, betreffend Körperschaftsteuer 2005 (mitbeteiligte Partei: Sgesellschaft m.b.H. in I), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §7 Abs1;
EStG 1988 §7 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte GmbH betreibt Seilbahnen. Sie ermittelt ihren Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 31. Oktober.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung war strittig, ob die Mitbeteiligte im Wirtschaftsjahr 2004/2005 für die in diesen Jahren errichtete V-Bahn zu Recht eine Halbjahres-AfA geltend gemacht hatte. Der Prüfer und ihm folgend das Finanzamt verneinten diese Frage. Gegen den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2005 erhob die Mitbeteiligte Berufung, der die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge gab.

Im Begründungsteil ihrer Entscheidung gibt die belangte Behörde den Ablauf der Errichtung und Genehmigung der Anlage sowie ein Schreiben der Herstellerfirma an die Mitbeteiligte vom 24. November 2005 wieder, das wie folgt lautet:

"Am 10. November 2005 wurde die seilbahntechnische Abnahme obgenannter Anlage durch das Amt der … Landesregierung abgeschlossen. Nach Erledigung der A-Vorschriften konnte 'unsererseits' die Betriebseröffnung am 24. November 2005 erfolgen; wir teilen ihnen mit, dass wir die Anlage mit diesem Datum als übergeben betrachten.

Bis zur Erledigung sämtlicher übrigen erteilten Abnahme-Vorschriften sowie anderer allfälliger Mängel wenden Sie sich bitte weiterhin an …"

Im angefochtenen Bescheid wird sodann ausgeführt, dass der Probebetrieb teilweise (nämlich im Ausmaß von 22 Stunden) noch im Oktober 2005, somit im Wirtschaftsjahr 2004/2005 stattgefunden habe. Der Probelauf sei der Mitbeteiligten "zuzurechnen", weil sie - um eine Betriebsbewilligung zu erhalten - habe nachweisen müssen, dass ein gefahrloser Personentransport gewährleistet sei. Es sei unbestritten, dass die Seilbahn im Probetrieb hohen Belastungen ausgesetzt sei. Diese Belastungen seien sogar höher als im Normalbetrieb. Sei für den Normalbetrieb eine Abnutzung festzustellen, müsse dies umso mehr für einen Betrieb gelten, bei dem ganz gezielt eine vielfach höhere Belastung herbeigeführt werde. Zu beachten sei weiters, dass der Probebetrieb nicht nach 22 Stunden beendet worden sei, sondern nach den behördlichen Auflagen mindestens 50 Stunden habe umfassen müssen und im Anschluss daran am 15. Dezember 2005 der Schibetrieb aufgenommen worden sei. Dass die Betriebsbewilligung erst mit Bescheid vom 10. November 2005 erteilt worden sei und die Herstellerfirma die Übergabe mit 24. November 2005 angenommen habe, stünde der Berücksichtigung einer AfA noch für das Wirtschaftsjahr 2004/2005 nicht entgegen. Denn entscheidend für den Beginn der AfA sei einzig, wann der Wertverzehr für die Seilbahnanlage eingesetzt habe. Dieser Zeitpunkt bestimme sich nach dem Beginn des Probelaufes.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vom Finanzamt gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Wird das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr mehr als sechs Monate genutzt, dann ist der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen, sonst die Hälfte dieses Betrages (Abs. 2).

Mit der AfA werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Dauer der Nutzung eines Wirtschaftsgutes verteilt abgesetzt. Die AfA beginnt keinesfalls vor der Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsgutes (vgl. mit weiteren Nachweisen das zu einem gleichgelagerten Beschwerdefall ergangene hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2009/15/0218).

Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid eingehend mit der Frage der Inbetriebnahme der Seilbahnanlage durch Aufnahme eines Probebetriebes und der dadurch eingetretenen Abnutzung befasst. Dem Zeitpunkt der Anschaffung maß sie keine maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend für den Beginn der AfA sei "einzig, wann der Wertverzehr für die Seilbahnanlage eingesetzt" habe. Insoweit hat sie die Rechtslage verkannt (vgl. nochmals das Erkenntnis vom heutigen Tag, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Zu Recht wendet das beschwerdeführende Finanzamt in diesem Zusammenhang ein, dass die Ausführungen der Herstellerfirma im Schreiben vom 24. November 2005 auf eine erst im Wirtschaftsjahr 2005/2006 erfolgte Anschaffung hindeuten. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift Gründe ins Treffen führt, die für einen früheren Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsmacht auf die Mitbeteiligte sprechen könnten, genügt der Hinweis, dass eine im angefochtenen Bescheid fehlende Begründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. November 2001, 96/13/0077).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 28. Februar 2012

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