VwGH 2010/11/0245

VwGH2010/11/024521.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des A C, in W, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 76/2/23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien vom 12. Oktober 2010, Zl. UVS- 04/G/19/2039/2010-14, betreffend Übertretung des Tabakgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Gesundheit), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
VStG §19;
VStG §51 Abs6 idF 1990/358 ;
AVG §66 Abs4;
VStG §19;
VStG §51 Abs6 idF 1990/358 ;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Straf- und Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Hinsichtlich des Schuldspruches wird die Beschwerde abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats Wien vom 12. Februar 2010 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH zu verantworten, dass diese als Inhaberin zweier Gastgewerbebetriebe in ihren Betriebsstätten im Einkaufszentrum M. nicht dafür gesorgt habe, dass in öffentlichen Räumen nicht geraucht wird, da in den Gastronomiebereichen beider Betriebe "in der Zeit vom 12.12.2009 bis 24.12.2009" geraucht worden sei, obwohl diese in offener Verbindung zum Hauptverkehrsweg des öffentlichen Ortes "Einkaufszentrum M." stehen. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 14 Abs. 4 iVm § 13c Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 Z 3 des Tabakgesetzes verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 4 zweiter Strafsatz Tabakgesetz iVm § 9 VStG zwei Geldstrafen von jeweils EUR 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 11 Tage und vier Stunden) verhängt. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von jeweils EUR 300,-- zu leisten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung "keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass anstelle der Wendung ‚'da in der Zeit vom 12.12.2009 bis 24.12.2009' die Wendung ‚'da am 12. und 24.12. (1. Lokal) und am 12.12.2009 (2. Lokal)' tritt". Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von insgesamt EUR 1.200,-- zu bezahlen.

Zur Strafbemessung hatte die belangte Behörde ausgeführt, es liege ein Wiederholungsfall vor, sodass der zweite, bis EUR 10.000,-- reichende Strafsatz des § 14 Abs. 4 Tabakgesetz zur Anwendung zu gelangen habe. Es sei kein Umstand als mildernd und kein Umstand als erschwerend zu werten. Eine Herabsetzung der verhängten Strafen sei aber aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht gekommen, da sich der Beschwerdeführer "zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens schuldeinsichtig gezeigt" und die K. GmbH zudem "bis dato nicht dafür Sorge getragen" habe, dass in den nach wie vor offenen Lokalen nicht geraucht werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Hinsichtlich des angelasteten Sachverhalts - den der Beschwerdeführer nicht bestreitet - und der anzuwendenden Rechtslage gleicht der vorliegende Beschwerdefall in seinen für die Entscheidung wesentlichen Punkten jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 10. Jänner 2012, Zl. 2009/11/0198, zugrunde lag. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Gegen den Schuldspruch bestehen daher keine Bedenken.

2. In der Beschwerde, die auch nicht bestreitet, dass es sich bei der gegenständlichen Übertretung um einen Wiederholungsfall handelte, wird ausschließlich gerügt, die belangte Behörde habe einen hinsichtlich der Strafbemessung inhaltlich rechtswidrigen Bescheid erlassen.

2.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Abs. 2 leg. cit sieht unter anderem vor, dass im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind.

Gemäß § 51 Abs. 6 VStG darf auf Grund einer vom Beschuldigten oder auf Grund einer zu seinen Gunsten erhobenen Berufung in einer Berufungsentscheidung oder Berufungsvorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

Das sich aus der letztgenannten Gesetzesstelle ergebende Verbot der reformatio in peius führt dazu, dass dann, wenn im Berufungsbescheid der Tatzeitraum reduziert wird - sofern nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im Erstbescheid -, nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im Erstbescheid (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1996, Zl. 94/11/0078, vom 27. Mai 2008, Zl. 2007/05/0235, oder vom 22. April 2010, Zl. 2007/07/0015, jeweils mwN).

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Tatzeitraum von 13 auf zwei bzw. (betreffend das zweite Lokal) einen Tag eingeschränkt. Die verhängte Strafe wurde aber, obwohl die belangte Behörde keinen Umstand als erschwerend gewertet hatte, nicht herabgesetzt. Dies steht im Widerspruch zur bereits zitierten Judikatur.

2.3. Die belangte Behörde belastete den angefochtenen Bescheid aber auch deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil gemäß § 65 VStG die Kosten des Berufungsverfahrens dem Berufungswerber dann nicht aufzuerlegen sind, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde. Mit der Einschränkung des Tatzeitraumes, die, wie dargelegt, grundsätzlich auch zu einer Herabsetzung der Strafhöhe führt, hat der Beschwerdeführer mit seiner Berufung teilweise Erfolg gehabt, weshalb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegen hätte dürfen (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 27. Mai 2008).

2.4. Der angefochtene Bescheid war daher, was den Straf- und Kostenspruch betrifft, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. Februar 2012

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