VwGH 2008/02/0115

VwGH2008/02/011527.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der P Rechtsanwälte GmbH in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 27. März 2008, Zl. MA 65-3101/2007, betreffend Kostenvorschreibung nach § 89a StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §89 Abs2a liti;
StVO 1960 §89a Abs2;
StVO 1960 §89a Abs7;
StVO 1960 §89a Abs7a;
StVO 1960 §89 Abs2a liti;
StVO 1960 §89a Abs2;
StVO 1960 §89a Abs7;
StVO 1960 §89a Abs7a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. März 2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO Kostenersatz vorgeschrieben, weil sie das auf sie zugelassene, dem Kennzeichen nach näher bezeichnete Kraftfahrzeug in Wien I, Führichgasse gegenüber ONr. 12, verkehrsbehindernd abgestellt habe, das Fahrzeug habe daher am 26. Jänner 2007 um 11.26 Uhr von der Stadt Wien entfernt und aufbewahrt werden müssen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde u. a. unter Berufung auf § 89 Abs. 2a lit. i StVO 1960 darauf verwiesen, dass das genannte Fahrzeug in der dort eingerichteten Halte- und Parkverbotszone "ausgenommen Fiaker von 10.00 bis 18.00 Uhr" abgestellt gewesen sei, was die Beschwerdeführerin durch ihren Vertreter selbst zugestanden habe. Es sei daher von einer begründeten Besorgnis einer Verkehrsbeeinträchtigung auszugehen, weil in der Wiener Innenstadt Fiakerfahrer ganzjährig ihr Gewerbe ausübten. Wenngleich in der Sommersaison von einem höheren Fiakeraufkommen als im Jänner auszugehen sei, zeige sich in der Natur, dass auch in diesem Monat zahlreiche Fiakerlenker die Fiakerstandplätze in der Wiener Innenstadt benützten, die zu jeder Jahreszeit von Touristen frequentiert werde. Diesen Bedarf habe auch der zuständige Verordnungsgeber erkannt, weil er andernfalls im Sinne der gewünschten Schaffung von allen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stehenden Parkplätzen auf die Einrichtung einer Fiakerzone verzichtet hätte. Im Übrigen seien Verkehrszeichen auch dann zu beachten, wenn Verkehrsteilnehmer eine behördliche Anordnung unter bestimmten Voraussetzungen nicht für erforderlich erachteten und - wie diesfalls - das Erfordernis einer Fiakerzone im Hinblick auf eine geringere Nachfrage nach Fiakerfahrten - sei dies saison- oder witterungsbedingt - bestritten. Es entspreche der einhelligen Lehre und Rechtsprechung, dass eine rechtmäßig verordnete Fiakerzone zur Gänze für die bestimmungsgemäße Benützung frei zu halten sei. Anzumerken sei auch, dass Fiaker außer in den rechtmäßig verordneten Fiakerzonen keine anderen Verkehrsflächen als Fiakerstandplätze benützen dürften. Da die Zahl der Fiakerstandplätze in der Innenstadt unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs limitiert sei, müsse auch unter diesem Gesichtspunkt eine Verstellung der vorgesehenen Zonen durch andere Fahrzeuge hintangehalten werden. Die Rechtswidrigkeit der Abstellung sei somit in Ansehung einer Vorschrift vorgelegen, durch welche gerade eine Verkehrsbeeinträchtigung berechtigter Verkehrsteilnehmer hintangehalten werden solle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 89a Abs. 2 Einleitungssatz StVO 1960 hat die Behörde die Entfernung u.a. eines stehenden, den Verkehr beeinträchtigenden Fahrzeuges ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Entsprechend § 89a Abs. 2a lit. i leg. cit. ist eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2 StVO 1960 insbesondere gegeben, wenn der Lenker eines Taxifahrzeuges oder einer Fiakerkutsche am Zufahren zum Standplatz gehindert ist.

Die Beschwerde rügt als Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zu den konkreten Umständen getroffen habe, unter denen das Fahrzeug der Beschwerdeführerin abgestellt gewesen sei. Dieses Versäumnis gründe auf der denkunmöglichen Auslegung des Gesetzes durch die belangte Behörde, die offensichtlich der Ansicht sei, dass bereits die hypothetische Möglichkeit, dass ein abgestelltes Fahrzeug den Verkehr in irgendeiner Weise beeinflussen könne, zu dessen Entfernung berechtige und übersehe dabei, dass nach ständiger Rechtsprechung auch die konkreten Umstände in die Beurteilung miteinzubeziehen seien.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist in jenen Fällen, in denen das Gesetz als Voraussetzung für die Entfernung eines Hindernisses verlangt, dass Verkehrsteilnehmer "gehindert" sind, keine konkrete Hinderung von Verkehrsteilnehmern erforderlich; es reicht vielmehr die konkrete Besorgnis einer solchen Hinderung aus. Wenn daher die belangte Behörde nicht geprüft hat, welches Fahrzeug im Konkreten am Zufahren zum Standplatz behindert wurde, ist ihr kein relevanter Verfahrensmangel oder eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes unterlaufen. Eine als Standplatz für Fiaker für den Zeitraum von 10.00 bis 18.00 Uhr gesetzmäßig verordnete und kundgemachte Halte- und Parkverbotszone ist zur Gänze für ihre bestimmungsgemäße Verwendung freizuhalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2000, Zl. 2000/02/0201).

In dem zuletzt zitierten Erkenntnis vom 3. November 2000 hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht vertreten, dass im Hinblick auf die amtsbekannten Verkehrsverhältnisse in der Wiener Innenstadt es nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, wenn die belangte Behörde ohne weitere Ermittlungen davon ausging, dass durch die Abstellung des (dortigen) Fahrzeuges in einer Ladezone die Besorgnis einer Hinderung des Verkehrs gegeben gewesen sei. Diese Überlegungen sind auch auf den vorliegenden Beschwerdefall sinngemäß anzuwenden, wobei im Hinblick auf die festgestellten Verkehrsverhältnisse (Fiaker dürfen außer in den rechtmäßig verordneten Fiakerzonen keine anderen Verkehrsflächen als Fiakerstandplätze benützen; die Zahl der Fiakerstandplätze in der Innenstadt ist limitiert) die Hinderung der bestimmungsgemäßen Benützung des in Rede stehenden Standplatzes - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - keineswegs völlig auszuschließen war.

Ferner rügt die Beschwerdeführerin, dass ihr vier Meter langes Fahrzeug vor dem Ende des Standplatzes abgestellt gewesen sei, sodass die restliche über 55 Meter lange Halte- und Parkverbotszone für Fiaker zur freien Verfügung gestanden und das gleichzeitige Auftauchen einer diese Zone überlastenden Anzahl von Fiakern undenkbar gewesen sei. Auch dieses Argument vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil eine gesetzmäßig verordnete und kundgemachte Halte- und Parkverbotszone (wie bereits ausgeführt) zur Gänze für ihre bestimmungsgemäße Verwendung freizuhalten ist und nicht von nicht berechtigten Fahrzeugen in der Weise verkleinert werden darf, dass berechtigte Fahrzeug nur unter erschwerten Bedingungen zu- und abfahren können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1994, Zl. 94/02/0112). Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass auch eine Behinderung des fließenden Verkehrs eintreten kann, wenn das Zu- und Abfahren berechtigter Fahrzeuge erschwert ist.

Angesichts der begründeten Besorgnis einer Verkehrsbeeinträchtigung und der von Anbeginn gesetzwidrigen Aufstellung sind daher die Entfernung des Fahrzeuges und die Vorschreibung der Kosten an die Beschwerdeführerin zu Recht erfolgt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2012

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