VwGH 2011/15/0035

VwGH2011/15/003524.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des H A in I, vertreten durch die Kapelari & Tschiderer GmbH & Co KG Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 43, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 27. Dezember 2010, Zl. RV/0278-I/09, betreffend Einkommensteuer 2007, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §37 Abs1;
EStG 1988 §11a Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §37 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §37 Abs1;
EStG 1988 §11a Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §37 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Im Bescheid des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 2007

sind folgende Einkünfte ausgewiesen:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

19.552,00 EUR

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

7.355,84 EUR

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

83.815,51 EUR

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb enthalten den Verlust von 107.756,37 EUR aus dem Einzelunternehmen des Beschwerdeführers und den Gewinnanteil von 115.112,21 EUR aus einer Beteiligung als Mitunternehmer.

Hinsichtlich der Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft liegt ein Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO vor, in dem ausgewiesen ist, dass auf den Beschwerdeführer ein nicht entnommener Gewinn iSd § 11a EStG 1988 in Höhe von 59.000 EUR entfällt.

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer brachte das Finanzamt nur für den Betrag von 7.355,84 EUR (also 115.112,21 EUR abzüglich 107.756,37 EUR) den Hälftesteuersatz nach § 11a Abs. 1 iVm § 37 Abs. 1 EStG 1988 zur Anwendung.

Der Beschwerdeführer begehrte in der Berufung die Anwendung des Hälftesteuersatzes für den Gewinn von 59.000 EUR. Er brachte durch seinen steuerlichen Vertreter vor:

"Gem. § 11 a EStG können natürliche Personen den Gewinn (ausgenommen Übergangs- und Veräußerungsgewinne), der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wurde, bis zu einem im Wirtschaftsjahr eingetretenen Eigenkapitalanstieg, höchstens jedoch EUR 100.000,00 mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG versteuern. Der unserem Mandanten zugesprochene begünstigungsfähige Gewinn gem. § 11 a EStG aus der Beteiligung an (…) iHv. EUR 59.000,00 wurde im oben genannten Bescheid nicht zur Gänze mit dem Hälftesteuersatz besteuert, obwohl dieser im Einkommen ... iHv. EUR 110.457,51 vollständige Deckung fand.

Die im oben genannten Bescheid erfolgte Anwendung des Hälftesteuersatzes nur mehr auf den nach durchgeführtem horizontalen Verlustausgleich verbleibenden begünstigungsfähigen Gewinn iHv. EUR 7.355,84 entspricht unseres Erachtens nicht den gesetzlichen Bestimmungen und Intentionen des § 11a EStG."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

§ 11a EStG 1988 ordne an, dass die nicht entnommenen Gewinne mit dem begünstigten Steuersatz des § 37 Abs. 1 leg. cit. zu versteuern seien. Da aber § 37 EStG 1988 eine bloße Tarifbestimmung sei, vor deren Anwendung die Bemessungsgrundlage ermittelt werden müsse, komme der ermäßigte Steuersatz nur insoweit zur Anwendung, als die positiven Einkünfte die Verluste aus der betreffenden Einkunftsart im selben Veranlagungszeitraum überstiegen (Hinweis auf die Ausführungen von Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 37 Tz 6).

Die Verluste aus dem Einzelunternehmen des Beschwerdeführers hätten die übrigen positiven Einkünfte aus der Einkunftsart Gewerbetrieb gemindert. Demgemäß könnten die unter die Tarifbestimmung des § 37 Abs. 1 EStG 1988 fallenden Einkünfte nicht höher sein als die insgesamt aus der betreffenden Einkunftsart erzielten Einkünfte.

Gemäß § 11a EStG 1988 komme eine begünstigte Besteuerung (Hälftesteuersatz) somit nur insoweit in Betracht, als die begünstigungsfähigen Einkünfte nach Vornahme des horizontalen (und vertikalen) Verlustausgleichs sowie nach Abzug der Sonderausgaben (insbes. Verlustvortrag) Deckung fänden. Im gegenständlichen Fall sei daher hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Verlustausgleich durchzuführen und nur der verbleibende Saldo von 7.355,84 EUR mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Natürliche Personen, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können gemäß § 11a Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 71/2003 den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100.000 EUR, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 versteuern (begünstigte Besteuerung).

Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und bestimmten Freibeträgen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zu § 2 Abs. 2 EStG 1988 und EStG 1972 ausgesprochen, dass der in dieser Vorschrift angeordnete Ausgleich der positiven Einkünfte mit Verlusten jene Verluste betrifft, die sich als Saldo aller positiven und negativen Komponenten innerhalb einer Einkunftsart ergeben. Daraus folge, dass auch der Begriff "Einkünfte" als das Ergebnis der positiven und negativen Komponenten innerhalb einer Einkunftsart anzusehen sei. Daher könne etwa der begünstigte Steuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 bzw. 1972 (für begünstigte Einkünfte) nur insoweit zur Anwendung kommen, als im Einkommen überhaupt positive Einkünfte der betreffenden Einkunftsart enthalten seien (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1993, 93/15/0020, VwSlg 6754/F).

§ 2 Abs. 2 EStG 1988 sieht sohin ein zweistufiges Verlustausgleichsverfahren vor, bei dem in die zweite Stufe nur mehr Größen eingehen, die bei mehreren Einkunftsquellen innerhalb einer Einkunftsart den Saldo der daraus entspringenden Teileinkünfte darstellen. Da sich die Frage nach der Tarifermäßigung iSd § 37 Abs. 1 EStG 1988 erst im Anschluss an die Ermittlung des Einkommens stellt, ist entscheidend, dass im Einkommen mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuernde Teileinkünfte nur mehr insoweit vorhanden sind, als sie nicht mit anderen Teileinkünften derselben Einkunftsart (horizontal) oder mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten (vertikal) ausgeglichen worden sind (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis VwSlg 6754/F).

Gemäß § 11a Abs. 1 EStG 1988 kann der nicht entnommene Gewinn mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 besteuert werden (begünstigte Besteuerung). Im Hinblick auf das zweistufige Verlustausgleichsverfahren kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie die Begünstigung des § 11a EStG 1988 auf die nach Durchführung des horizontalen Verlustausgleiches verbleibenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb zur Anwendung gebracht hat. Einkünfte (hier: aus Gewerbebetrieb) iSd § 11a Abs. 1 EStG 1988 können im Einkommen nämlich nur insoweit vorhanden sein, als das Einkommen überhaupt positive Einkünfte der betreffenden Einkunftsart enthält (vgl. Doralt/Heinrich, EStG12, § 11a Tz 38).

Die Beschwerde verweist auf die Intention des Gesetzgebers, durch § 11a EStG 1988 einen maximalen Anreiz zur Eigenkapitalbildung zu bieten. § 11a EStG 1988 enthalte die klare Anweisung, den Steuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 auf den nach § 11a Abs. 1 EStG 1988 ermittelten Gewinn anzuwenden.

Dieses Vorbringen ist zwar zutreffend. Allerdings kann, wie dies die belangte Behörde richtig erkannt hat, ein begünstigter Steuersatz nur zur Anwendung kommen, soweit ein zu begünstigender Gewinn(anteil) im Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988, der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, tatsächlich enthalten ist.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2011

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