VwGH 2011/05/0120

VwGH2011/05/01206.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des E G in N, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Juni 2011, Zl. IKD(BauR)-014259/4-2011-Ho/Wm, betreffend Verweigerung der Akteneinsicht, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17;
AVG §17;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2009 und 2010 jeweils zwei Anträge auf Akteneinsicht gestellt hatte, welche mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Gemeinderats vom 2. August 2010 allesamt abgewiesen worden waren. Diesen Bescheid hatte die belangte Behörde aufgrund einer Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 4. November 2010 behoben. Begründend hatte sie ausgeführt, die beiden Anträge aus 2009 seien in einem anhängigen Verfahren gestellt worden, weshalb sie bereits mit dem in der Hauptsache ergangenen Bescheid vom 1. Juli 2009 erledigt waren. Der Gemeinderat hätte daher den nach dem 1. Juli 2009 erlassenen erstinstanzlichen Bescheid insofern ersatzlos zu beheben gehabt, als damit die beiden Anträge abgewiesen worden waren. Nach diesem - unbekämpft gebliebenen - Vorstellungsbescheid hatte der Gemeinderat mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 den erstinstanzlichen Bescheid bezüglich der Anträge aus 2009 ersatzlos behoben (Spruchabschnitt 1) und die Abweisung der beiden Anträge aus 2010 bestätigt (Spruchabschnitt 2).

Die dagegen erhobene Vorstellung, in der der Beschwerdeführer vorgebracht hatte, er benötige Akteneinsicht, um beurteilen zu können, ob sein Nachbar über die Grundgrenze gebaut habe, wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen. Zu Spruchabschnitt 1 des Berufungsbescheides bezog sich die belangte Behörde auf die Bindungswirkung aufhebender gemeindeaufsichtsbehördlicher Bescheide. Zu Spruchabschnitt 2 führte sie aus, die 2010 gestellten Anträge auf Akteneinsicht bezögen sich auf sämtliche Bauakten des Nachbarn des Beschwerdeführers; dabei handle es sich um zwei Verfahren, die 1971 und 1976 rechtskräftig abgeschlossen worden seien. Einerseits sei der Beschwerdeführer daher nicht Partei eines anhängigen Verfahrens, andererseits fehlten auch die Voraussetzungen, sich auf eine Parteistellung in einem abgeschlossenen Verfahren zu berufen, da dem Beschwerdeführer mehrere Jahrzehnte nach Abschluss der Verfahren keine außerordentlichen Rechtsmittel mehr offen stünden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer vorbringt, durch die Akteneinsicht solle abgeklärt werden, "ob und in wieweit (s)ein Nachbar die Bauwerke konsensgemäß ausgeführt hat oder nicht". Es könne "nicht rechtens sein", dass er "- auf Verdacht - ein zivilrechtliches Unterlassungs- oder Beseitigungsverfahren gegen (s)einen Grundnachbarn einleiten (müsse), um dann im Wege der Aktenbeischaffung durch das Zivilgericht über jene Informationen mühsam und kostenaufwändig zu gelangen, … um abzuklären, ob (s)eine Rechte durch die Bauführung (s)eines Grundnachbarn verletzt wurden oder nicht".

Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1.1. Nach ständiger hg. Judikatur sind die tragenden Gründe eines aufhebenden Bescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde für das fortgesetzte Verfahren vor der Gemeindebehörde, vor der Aufsichtsbehörde und vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bindend (vgl. jüngst das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2011, Zl. 2008/05/0069, Punkt I.2., mwN). Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Bestätigung des Spruchabschnitts 1 des Berufungsbescheides, welcher infolge eines rechtskräftigen aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides und in Beachtung der Bindung an diesen ergangen war, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden.

1.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können sich auch die Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens auf § 17 AVG berufen, sofern die Kenntnis vom Inhalt der Akten für die Rechtsverfolgung von Bedeutung ist. Dies setzt allerdings voraus, dass die Akteneinsicht im konkreten Fall den Zweck verfolgt, diese rechtskräftig abgeschlossene - und nicht eine andere - Sache zu betreiben. Daher steht die Akteneinsicht den Parteien etwa auch wegen allfälliger Stellung eines Wiederaufnahmeantrags oder Erhebung einer Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu (VwSlg. 12.553 A/1987 und VwSlg. 14.717 A/1997; vgl. im Übrigen die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 17 Rz 3).

Aus der Beschwerde ist - ebenso wie schon aus der Vorstellung - nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer jene (1971 und 1976) rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, in denen seine Rechtsvorgänger Parteistellung hatten, (durch - aufgrund des Zeitablaufs wohl auch aussichtslose - Erhebung außerordentlicher Rechtsmittel) betreiben wollte. Wenn der Beschwerdeführer geklärt haben will, ob sein Nachbar die 1971 und 1976 bewilligten Bauten konsensgemäß ausgeführt hat, oder ob der Beschwerdeführer durch die Bauführung in seinen Rechten verletzt wurde, strebt er gerade nicht die Betreibung der "Sache", nämlich der Bewilligungsverfahren an. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob ein denkbares Bauauftragsverfahren dem Merkmal "ihre Sache" in § 17 Abs. 1 AVG noch zugeordnet werden kann, weil, worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht verweist, nach der Oö. BauO 1994 niemandem ein Rechtsanspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zusteht. Auch die Bestätigung des Spruchabschnitts 2 des Berufungsbescheides durch die belangte Behörde ist daher nicht zu beanstanden.

2. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 6. September 2011

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