VwGH 2011/01/0092

VwGH2011/01/009221.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie Hofrat Dr. Blaschek und Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde der Bundesministerin für Inneres in 1014 Wien, Herrengasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. März 2006, Zl. 268.363/1-XV/54/06, betreffend Behebung eines Bescheides in einer Asylangelegenheit (mitbeteiligte Partei: TJ alias JJ alias O in N, geboren 1986), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §41 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §41 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte beantragte erstmals am 7. Februar 2004 Asyl. Diesen Antrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 9. Mai 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab, stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten nach Nigeria zulässig sei und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus. Dieser Bescheid erwuchs am 28. Mai 2005 in Rechtskraft.

Am 31. Jänner 2006 beantragte der Mitbeteiligte neuerlich internationalen Schutz. Diesen Antrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 16. Februar 2006 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.); gleichzeitig wies es den Mitbeteiligten gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria aus (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid behob die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Zur Behebung des Spruchpunktes I. des erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde begründend aus, das Bundesasylamt habe es unterlassen, eine ausdrückliche Aussage dazu zu treffen, dass auch im Punkte der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine Änderung der Sach- und Rechtslage gegenüber dem Zeitpunkt der Erlassung des rechtskräftigen meritorischen Bescheides eingetreten sei, wodurch es den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet habe. Zur Behebung des Spruchpunktes II. des erstinstanzlichen Bescheides vertrat die belangte Behörde die Rechtsansicht, dass eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG nicht mit einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 verbunden werden könne. Dies deshalb, weil es sich zum einen dabei nicht um eine "Entscheidung nach diesem Bundesgesetz" iSd § 10 Abs. 1 AsylG 2005 handle und zum anderen "bei Vorliegen einer res iudicata immer die Rechtslage relevant" sei, der der meritorische Bescheid zugrunde liege; überdies lasse § 75 Abs. 1 AsylG 2005 "eine ex post Anwendung des § 10 AsylG 2005 nicht zu". Auch § 41 Abs. 3 AsylG 2005 finde keine Anwendung, weil die Verbindung einer Zurückweisung gemäß § 68 Abs. 1 AVG mit einer Ausweisung unzulässig sei und dadurch das von § 41 Abs. 3 AsylG 2005 geforderte Tatbestandsmerkmal der "damit verbundenen Ausweisung" wegfalle.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Amtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die Abweisung der Amtsbeschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Amtsbeschwerde wendet sich gegen die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, wonach zurückweisende Entscheidungen gemäß § 68 Abs. 1 AVG nicht mit einer Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 zu verbinden seien, und zeigt damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Dass auch die auf § 68 Abs. 1 AVG gestützte Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache unter den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 fällt und demnach mit einer Ausweisung zu verbinden ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 7. Mai 2008, Zl. 2007/19/0466, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, klargestellt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/01/0344).

Damit ist aber auch der Argumentation der belangten Behörde zur Nichtanwendbarkeit des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 der Boden entzogen. Der belangten Behörde lag eine Berufung gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung vor, weshalb gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG nicht zulässig war.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 21. April 2011

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