VwGH 2010/15/0168

VwGH2010/15/016827.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 13. September 2010, RV/1113-W/10, betreffend Einkommensteuer 2008, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §26 Z4;
EStG 1988 §3 Abs1 Z16b idF 2007/I/045;
RGV 1955 §75 Abs1 idF 1990/447;
EStG 1988 §26 Z4;
EStG 1988 §3 Abs1 Z16b idF 2007/I/045;
RGV 1955 §75 Abs1 idF 1990/447;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist seit vielen Jahren als Unteroffizier des Österreichischen Bundesheeres im Fernmeldeaufklärungsdienst beschäftigt. Der Sitz seiner Heeresdienststelle ist in Wien eingerichtet. Sein Arbeitsplatz befindet sich in einer Außenstelle in D.

Der angefochtene Bescheid führt aus, es habe seinerzeit der Gepflogenheit entsprochen, dass die Mitarbeiter des Fernmeldeaufklärungsdienstes auch bei dauerhafter Dienstleistung in Form einer Dienstzuteilung als an der Dienststelle verwendet gegolten hätten. Mit dieser Gestaltung sei der Zweck verfolgt worden, die besonderen Anforderungen dieser Dienstverrichtung durch die Truppenübungsgebühr gemäß § 72 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133 (RGV), abzugelten. Obwohl keine Reise vorgelegen sei, sei die Übungsgebühr als gemäß § 26 Z 4 EStG nicht steuerbar behandelt worden. Mit der Dienstrechts-Novelle 1990, BGBl. Nr. 447/1990, sei die dienstrechtliche Konstruktion einer "formalen dauernden Dienstzuteilung" unter Wahrung der bestehenden Besoldungsansprüche aufgegeben worden. An Stelle der Übungsgebühr werde seither durch § 75 RGV jenen Mitarbeitern, die bereits am 1. Oktober 1989 dauernd im Fernmeldeaufklärungsdienst beschäftigt gewesen seien, ein eigener gesetzlicher Gebührenanspruch in Höhe der Übungsgebühr gemäß § 72 RGV eingeräumt. Dass auch diese Gebühr gemäß § 75 RGV steuerfrei ausbezahlt werde, habe die Finanzverwaltung toleriert. Mit der so genannten Reisekosten-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 45/2007, sei in § 26 Z 4 EStG 1988 der Verweis auf lohngestaltende Vorschriften (im gegenständlichen Fall auf die RGV) beseitigt worden. Damit sei die Möglichkeit "steuerfreier Reisekostenersätze" für Dienstreisen an ständige Dienstverrichtungsorte beendet worden.

Im gegenständlichen Fall habe der Arbeitgeber des Beschwerdeführers - entsprechend den steuerrechtlichen Informationen der Finanzverwaltung zur Reisekosten-Novelle 2007 - die Gebühr nach § 75 RGV ab 1. Jänner 2008 der Lohnsteuer unterworfen (bzw. für die ersten Monate des Jahres 2008 nachversteuert).

Der Beschwerdeführer habe im September 2009 die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2008 beantragt; die Veranlagung sei erklärungsgemäß erfolgt.

Der Beschwerdeführer habe sodann Berufung eingebracht und sich gegen die Besteuerung der Gebühr nach § 75 RGV gewendet. Er habe begehrt, diese Gebühr - wie in den Vorjahren - als nicht steuerpflichtig zu behandeln.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt:

1. Zur Rechtslage bis 2007:

Gemäß § 75 Abs. 1 RGV gebühre dem Angehörigen des Bundesheeres oder der Heeresverwaltung, der am 1. Oktober 1989 zur dauernden Dienstverwendung auf einem Arbeitsplatz im Fernmeldeaufklärungsdienst oder bei einer hochalpinen Dienststelle (Seehöhe mindestens 1200 m) eingeteilt gewesen sei und der dafür Gebühren nach §§ 22 und 72 RGV beziehe, ab 1. Jänner 1990 an Stelle dieser Geldleistung eine Vergütung entsprechend dem für ihn nach § 72 Abs. 1 lit. a oder b RGV maßgebenden Ausmaß der Übungsgebühr, solange diese Verwendung andauere.

In Anwendung des § 26 Z 4 EStG 1988 und der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Reisekostenvergütungen, BGBl. II Nr. 306/1997, sei die Gebühr nach § 75 RGV von 1990 bis 2007 als nicht steuerbar behandelt worden. Die belangte Behörde gelange allerdings - wie auch das Finanzamt in der ergänzenden Bescheidbegründung - zur Auffassung, dass diese Gebühr nicht den Tatbestand des § 26 Z 4 EStG oder des § 1 der Verordnung erfülle. Beide Bestimmungen fänden nämlich nur auf Vergütungen Anwendung, die aus Anlass einer Dienstreise gezahlt würden. Das setze voraus, dass der Arbeitnehmer über Auftrag seines Arbeitgebers seinen Dienstort verlasse. Dieses Tatbestandskriterium sei aber im gegenständlichen Fall nicht erfüllt.

2. Zur Rechtslage ab 1. Jänner 2008:

Durch die Reisekosten-Novelle 2007 sei in § 26 Z 4 EStG 1988 der Verweis auf die Anwendung des in einer lohngestaltenden Vorschrift enthaltenen günstigeren Begriffs der Dienstreise entfallen. Bestimmte Anwendungsfälle der alten Fassung des § 26 Z 4 EStG 1988 seien mit dem Ziel einer verfassungskonformen Wahrung in die neu geschaffene Z 16b des § 3 Abs. 1 EStG verlagert worden. In der Folge sei weiters die Verordnung betreffend Reisekostenvergütungen aufgehoben worden.

Der Beschwerdeführer räume zutreffend ein, dass die Gebühr nach § 75 RGV nicht vom Wortsinn eines der Tatbestände des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 erfasst sei. Die belangte Behörde halte fest: Da diese Gebühr schon nach der früheren Rechtslage nicht unter § 26 Z 4 EStG 1988 gefallen sei, sei sie auch nach der Reisekosten-Novelle 2007 steuerpflichtig geblieben.

Der Beschwerdeführer habe eingewendet, dass die Gebühr hinreichende personalwirtschaftliche und dienstrechtliche Gründe habe und verschiedene berufliche Belastungen abgelte, die mit den Anwendungsfällen des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zumindest gleichwertig seien. Beispielsweise müssten die Dienstnehmer für die Berufsausübung einen privaten Pkw verwenden. Die Besonderheit der Tätigkeit gebiete eine nicht am Gesetzeswortlaut klebende Betrachtungsweise. Der Dienst führe zu beruflichen Mehrausgaben, die das verfügbare Einkommen des Beschwerdeführers reduzierten, sodass die Systematik des Einkommensteuerrechts eine Steuerbefreiung erfordere.

Nach Ansicht der belangten Behörde irre der Beschwerdeführer, wenn er meine, die berufliche Verwendung des privaten Pkw sei eine spezifische Belastung seiner Dienstverwendung. Dieses Erfordernis sei bei vielen Berufsgruppen ein typisches Anstellungskriterium. Die Systematik des EStG bestehe darin, die durch den Beruf oder Betrieb veranlassten Ausgaben als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben von den steuerpflichtigen Einnahmen in Abzug zu bringen. Steuerbefreiungen bildeten Ausnahmen und müssten sachlich gerechtfertigt sein. Stelle eine Steuerbefreiung ein gleichheitswidriges Steuerprivileg dar, so gebiete die Rechtsordnung gerade nicht die Ausdehnung des Steuerprivilegs auf andere vergleichbare Fälle.

Der Beschwerdeführer habe keine Werbungskosten, die aus der besonderen Belastung seiner Tätigkeit resultierten, geltend gemacht. Die Gebühr nach § 75 RGV falle im Streitjahr 2008 - wie schon in den Vorjahren - weder unter den Tatbestand des § 26 Z 4 EStG 1988 noch unter die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988.

Das Legalitätsprinzip sei stärker als der Grundsatz von Treu und Glauben. Mit der Reisekosten-Novelle 2007 sei die Annahme einer Steuerbefreiung für diesen Lohnbestandteil überhaupt als denkunmöglich zu betrachten.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 3 Z 16b EStG 1988 idF der Reisekosten-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 45/2007, sind von der Einkommensteuer befreit:

"Vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 zu berücksichtigen sind, die für eine

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