VwGH 2010/17/0006

VwGH2010/17/000617.2.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde 1. der ET, 2. der B, beide in W und beide vertreten durch Dr. Heinz-Dietmar Schimanko, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 20, Top 4, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 18. Dezember 2009, Zl. ABK - 133/09, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 20. Februar 2009 wurde den beschwerdeführenden Parteien (als Eigentümerin und Aufstellerin des Apparats bzw. als Inhaberin des Raumes, in dem der Apparat gehalten wurde) gemäß § 6 Abs. 1 (Wiener) Vergnügungssteuergesetz 2005 für das Halten eines Spielapparates - Hunderennwettapparat der Type "Ambassador" an einem näher genannten Standort in Wien für den Zeitraum Mai bis Dezember 2008 Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 11.200,-- vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 104 Abs. 1 WAO wegen unterlassener Anmeldung des Spielapparates ein Verspätungszuschlag in der Höhe von EUR 280,-- sowie gemäß §§ 164 Abs. 1 und 166 WAO wegen Nichtzahlung der Vergnügungssteuer ein Säumniszuschlag in der Höhe von EUR 56,-- auferlegt. Der amtlichen Aufforderung zur Anmeldung des Apparates seien die Abgabepflichtigen nicht nachgekommen, sodass ihnen die Vergnügungssteuer bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen sei.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben Berufung, in der sie u. a. vorbrachten, die Funktion Hunderennen sei im November 2008 installiert und am 3. Dezember 2008 wieder deinstalliert worden.

Mit Berufungsvorentscheidung des Magistrats der Stadt Wien vom 19. Juni 2009 wurde der Berufung der beschwerdeführenden Parteien insoweit stattgegeben, als der "Haftungszeitraum" auf November und Dezember 2008 eingeschränkt wurde; im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien beantragten die Vorlage ihrer Berufung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den mit Berufung bekämpften Bescheid dahingehend ab, dass den beschwerdeführenden Parteien für die Monate November und Dezember 2008 Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 2.800,-- vorgeschrieben wurde, der Verspätungszuschlag mit EUR 280,-- und der Säumniszuschlag mit EUR 56,-- festgesetzt wurde. Im Übrigen wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Begründend gab die belangte Behörde zunächst das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien im Abgabenverfahren wieder. So hätten die beschwerdeführenden Parteien in einer Stellungnahme vom 12. Mai 2009 dargelegt, dass die Funktion "Hunderennen" in der letzten Woche des November 2008 installiert worden sei. Unter "virtuellen" Hunderennen seien im gegenständlichen Zusammenhang aufgezeichnete Rennen zu verstehen. Es lägen keine "künstlich, auf technische Weise erstellte Rennen vor, sondern reale Rennen, die tatsächlich stattfinden bzw. stattgefunden haben".

Die beschwerdeführenden Parteien hätten in dem Schreiben auch darauf hingewiesen, dass sich die Quoten "nach den Buchmacherquoten, wie sie bei dem betreffenden Rennen festgelegt werden oder wurden" richteten. Es liege damit sehr wohl eine typische Buchmacherquote vor.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des Wiener Vergnügungssteuergesetzes und der hg. Rechtsprechung zum Begriff des "Spielapparats" im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes wird festgehalten, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2007, B 1895/06, ausgesprochen habe, dass der Betrieb von Videolotterieterminals vergnügungsteuerpflichtig sei.

Nach Darstellung der Erläuternden Bemerkungen zum Vergnügungssteuergesetz 2005 ging die belangte Behörde auf die näheren Umstände der Feststellung des Betreibens des gegenständlichen Spielapparats ein.

Den Spielablauf stellte die belangte Behörde sodann - in Übernahme der Ausführungen der beschwerdeführenden Parteien in dem oben erwähnten Schreiben vom 22. Oktober 2008 - wie folgt dar:

"Auf dem Gerät wurden neben Sportwetten auf zukünftig stattfindende Wettbewerbe, welche durch Ort, Zeit, Teilnehmer und Sportart eindeutig gekennzeichnet sind, auch aufgezeichnete Hunderennen angeboten. Diese unterscheiden sich von den Sportwetten dadurch, dass sie eines nach dem anderen, in laufender Abfolge gestartet werden. Zwischen den Rennen findet jeweils eine Pause (mit Countdown) statt, in welcher bis zum Beginn des nächsten Rennens Einsätze angenommen werden.

Die Teilnahme am Spiel erfolgt wie folgt: Vom Anbieter wird eine Quote für jeden der startenden Hunde angeboten. Es werden auch Kombinationen (z.B. richtiges Tippen auf Sieger, Zweitplatzierten, etc.) angeboten. Wenn der Spieler sich für eine Startnummer entschieden hat, zahlt er mittels Münzeinwurf oder Geldscheineinzug den Wetteinsatz ein, der dann als Guthaben angezeigt wird. Danach wählt er mittels Touchscreens die Startnummer seines Favoriten aus und legt die Höhe des Einsatzes fest. Der Spieleinsatz wird vom Guthaben abgezogen und ein Beleg ausgedruckt.

Nach Ablauf des Countdown startet die Wiedergabe des Rennens automatisch und wird am Bildschirm dargestellt.

Nach dem Ende des Rennens wird das Endergebnis angezeigt (Sieger, zweiter Platz, dritter Platz, ...). Falls der Spieler einen Gewinn erzielt hat, kann er sich diesen mit dem Wettschein beim Personal des Lokals bar auszahlen lassen."

Nach der Rechtsprechung seien Spielapparate Apparate, deren Betätigung aus Freude an der betreffenden Beschäftigung selbst, um der Entspannung oder Unterhaltung willen erfolge.

Bei den vom Apparat angebotenen "Wetten", bei denen dem Spieler weder der Austragungsort noch die Name der startenden Hunde mitgeteilt würden und es sich um aufgezeichnete Rennen handle, trete der sportliche Aspekt völlig in den Hintergrund und sei allein das aleatorische Element für das Ergebnis entscheidend. Für das Vergnügen des Konsumenten mache es keinen Unterschied, wie das Ergebnis ermittelt werde. Dass eine Gewinnmöglichkeit für das Vorliegen eines Spielapparates nicht hinderlich sei, ergebe sich schon aus § 6 Abs. 1 VGSG, wonach Spielapparate, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert erzielt werden könne, der Vergnügungssteuer unterlägen.

Zu der von den beschwerdeführenden Parteien angesprochenen Abgrenzung zwischen Sportwette und Glücksspiel sei auf den Aufsatz vom Wilfried Lehner, Wette, Sportwette und Glücksspiel, taxlex 2007, S 337 ff, hinzuweisen. Eine "Wette" im Zusammenhang mit der Wiedergabe einer Aufzeichnung sei nicht eine "Wette" aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, sondern aus Anlass der Wiedergabe einer Aufzeichnung. Ob der Wettlustige gewinne oder verliere, hänge bei einer solchen "Wette" nicht vom Zutreffen eines vermuteten Ausgangs einer sportlichen Veranstaltung, sondern davon ab, welches der aufgezeichneten Ereignisse von einem EDV-Programm nach Wettannahmeschluss ausgewählt und wiedergegeben werde.

Wenngleich die Wettquoten einen gewissen Aufschluss über die Favoriten- und Außenseiterstellung der Hunde gäben, habe der Kunde keinerlei darüber hinausgehende Informationen über den Veranstaltungsort, die relevanten Fähigkeiten und Eigenschaften der Teilnehmer wie etwa Namen, Bestzeiten und bisherige Erfolge der teilnehmenden Hunde, sodass schon deshalb nicht von einer Sportwette gesprochen werden könne. Der Kunde könne somit im Gegensatz zu den echten Sportwetten durch sein Wissen um die Fähigkeiten, die Kenntnisse und die aktuelle Verfassung ("Form") des Sportlers das Ergebnis des Wettkampfes weder vorhersagen noch einschätzen, sondern es hänge rein vom Zufallsgenerator ab, welches aufgezeichnete Rennen ausgewählt werde, und sei somit ausschließlich das Glück maßgeblich. Zum Zeitpunkt der "Wettentscheidung" des Kunden kenne dieser nur die Startnummern und die dazugehörigen Gewinnchancen, welche in Form von "Quoten" ausgedrückt würden. Ansonsten habe der Kunde überhaupt keine Informationen. Somit entscheide nicht die Geschicklichkeit des Wettkunden über Gewinn und Verlust, sondern ausschließlich das Glück.

Zum Einwand, dass die gegenständlichen Hunderennen auch in Wettbüros an Bildschirmen gezeigt würden und in den Wettbüros die Möglichkeit bestünde, am Annahmeschalter zu wetten, sei Folgendes auszuführen:

Der gegenständliche Apparat habe sich nicht in einem Wettbüro befunden, sondern in einem Gastronomiebetrieb, sodass im Lokal selbst keine Alternative zum Apparat bereitgehalten worden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Beurteilung des konkreten Sachverhalts erforderlich und komme es entscheidend auf die Art der Darbietung an. Beispielsweise würden die Lotterie ("Lotto 6 aus 45") oder Roulette-Spiele im Casino nicht in den Anwendungsbereich der (Vorschriften über) Münzgewinnspielapparate fallen, da diese Glücksspiele ohne Apparate abgehalten würden. Sobald aber diese Spielformen mittels eines Münzspielautomaten durchgeführt würden, unterlägen sie - bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen - dem Vergnügungssteuergesetz. Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 28. Juni 2007, B 1895/06, ausgesprochen, dass der Betrieb von Videolotterieterminals vergnügungssteuerpflichtig sei. Somit könne das Vorbringen, die Wettabgabe könne auch in einem Wettbüro erfolgen, nicht dazu führen, dass von vornherein eine Vergnügungssteuerpflicht ausscheide.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien werde mit der Vergnügungssteuerpflicht von Hunderennen keine neue Steuer geschaffen, sondern lediglich klargestellt, dass auch diese Art von Veranstaltungen vom Anwendungsbereich des § 6 VGSG erfasst sei. Bereits zur beispielsweisen Aufzählung der unter § 6 Abs. 1 VGSG ("alte Fassung") fallenden Apparate habe der Verwaltungsgerichtshof die Absicht des Gesetzgebers erkannt, in möglichst umfassender Weise die durch die technische Entwicklung gegebene Möglichkeit des Spiels mit Apparaten zu erfassen. Die Neuregelung sei nunmehr allgemeiner gehalten und führe keine Beispiele mehr an. Am Prinzip der umfassenden Geltung für Spielapparate habe sich aber nichts geändert.

Zum Hinweis der beschwerdeführenden Parteien, von den "gegenständlichen Sportwetten" seien laufend Wettgebühren zu entrichten, sei darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Verfahren lediglich zu beurteilen sei, ob von der Abgabenbehörde die Vergnügungssteuer zu Recht vorgeschrieben worden sei. Das Vergnügungssteuergesetz enthalte insbesondere keine Vorschrift über eine Subsidiarität der Art, dass es in Fällen nicht gelten sollte, in denen ein vergnügungssteuerlich relevanter Sachverhalt auch von anderen abgabenrechtlichen Rechtsvorschriften erfasst werde.

Dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um die Inhaberin des für das Halten des Apparates benützten Raumes und bei der Zweitbeschwerdeführerin um die Eigentümerin und Aufstellerin des Apparates handle, sei nicht bestritten worden.

Die Beschwerdeführerinnen hätten jedoch glaubwürdig dargetan, dass die Funktion der Hunderennen erst im November 2008 installiert und am 3. Dezember 2008 wieder deinstalliert worden sei. Der Bemessungszeitraum sei daher, wie bereits in der Berufungsvorentscheidung ausgeführt worden sei, auf diese beiden Monate einzuschränken gewesen. Dementsprechend verringere sich auch die Höhe der Vergnügungssteuer sowie des Verspätungszuschlages und des Säumniszuschlages. Der mit Berufung bekämpfte Bescheid sei daher spruchgemäß abzuändern gewesen.

Zu den Beweisanboten der beschwerdeführenden Parteien sei auszuführen, dass der maßgebliche Sachverhalt bereits durch den Revisionsbericht, das Parteienvorbringen sowie die Stellungnahmen der Magistratsabteilung 4 feststehe. Es sei nicht erkennbar, warum ein technisches Sachverständigengutachten oder ein Lokalaugenschein erforderlich sei, zumal die technische Funktionsweise des Automaten hinreichend geklärt erscheine und die Beurteilung von Rechtsfragen nicht in den Aufgabenbereich des Sachverständigen falle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in seinen wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Umständen jenem, über den mit Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2009/17/0158, zu entscheiden war.

Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtslage ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis zu verweisen.

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinsichtlich jener Spiele, bei denen Wetten auf bereits stattgefundene Hunderennen angenommen werden, die nach Annahme der Wette vom Spielprogramm mittels Zufallsgenerators ausgesucht werden, deckt sich mit jenem, der dem genannten Erkenntnis zu Grunde lag. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.

Der belangten Behörde kann daher auch im vorliegenden Fall nicht entgegen getreten werden, wenn sie annahm, dass der in Rede stehende "Hunderennwettapparat" ein Spielapparat im Sinne des Wr. VGSG war und die Abgabepflicht nach VGSG auslöste.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde

gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. Februar 2010

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