VwGH 2010/16/0202

VwGH2010/16/020216.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, in den Beschwerdesachen der FGesellschaft m.b.H. in Z, vertreten durch Dr. Manfred Rath, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Zoll-Senat 3 (K), jeweils vom 30. Juli 2010, Zl. ZRV/0169-Z3K/08, Zl. ZRV/0170-Z3K/08, Zl. ZRV/0171-Z3K/08 und Zl. ZRV/0172-Z3K/08, betreffend Versagung der Erstattung von Eingangsabgaben und Nebengebühren nach Art. 239 ZK, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §28 Abs1 Z6;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §28 Abs1 Z6;
VwGG §42 Abs2;

 

Spruch:

Die Verfahren werden eingestellt.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um "Nachsicht" der ihr zur Entrichtung vorgeschriebenen Eingangsabgaben und Nebengebühren nach Art. 239 ZK iVm Art. 899 und 905 ZK-DVO ab.

Da die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerdeschriftsätze u. a. eines Beschwerdepunktes im Sinn des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entbehrt hatten, wurde die Beschwerdeführerin mit hg. Verfügung vom 29. September 2010 u.a. dazu aufgefordert, das Recht, in dem sie durch die angefochtenen Bescheide verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt; § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), bestimmt zu bezeichnen.

In ihren fristgerecht eingebrachten ergänzenden Schriftsätzen vom 18. Oktober 2010 erstattet sie hiezu gleichlautend folgendes Vorbringen:

"Diesbezüglich wird Punkt I der Beschwerde 'Umfang der Anfechtung sowie Anfechtungsgründe' wie folgt ergänzt:

Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid zur Bezahlung von Zollschulden sowie Eingangsabgaben und Nebengebühren verpflichtet bzw. wurden durch den angefochtenen Bescheid diese mit Berufung bekämpften Zahlungsverpflichtungen bestätigt. Die Vorschreibung dieser Zollschulden und Abgaben sowie Gebühren ist nach Meinung der Beschwerdeführerin zu Unrecht erfolgt und ist daher die rechtliche und wirtschaftliche Beschwer der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid offensichtlich.

Weiters liegen nach Meinung der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall die Voraussetzungen vor, die Abgaben und Nebengebühren im Wege des beantragten Nachsichtsverfahrens zu erlassen. Die Artikel 235 bis 242 ZK regeln die Erstattung und den Erlass von buchmäßig zu hoch erfassten festgesetzten und möglicherweise auch bereits bezahlten Einfuhr- und Ausfuhrabgaben. Diese Bestimmungen des Zollkodex werden durch die Artikel 877 bis 912 ZK-DVO ergänzt. Die erste der vier angeführten Fallgruppen beschäftigt sich mit einer Korrektur von Rechtsfehlern. Die anderen drei beschäftigen sich mit der steuerlichen Berücksichtigung von missglückten Ein- bzw. Ausfuhrvorgängen. Artikel 239 ZK verhilft bei missglückten Ein- bzw. Ausfuhrvorgängen dem Billigkeitsgedanken zu seinem Recht.

Es wäre daher im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers zu prüfen gewesen, ob einer dieser Fälle vorliegt, die als besonders unbillig anzusehen sind und daher die nachträgliche Erstattung (auch bereits bezahlter) Ein- bzw. Ausfuhrgebühren bzw. Abgaben ermöglichen.

Es handelt sich um die Erstattung bzw. den Nachlass derartiger Abgaben und Gebühren in Sonderfällen, wobei nach Meinung der Beschwerdeführerin alle in Artikel 239 ZK angeführten Voraussetzungen für die Erstattung bzw. den Nachlass vorliegen.

Die Beschwerdeführerin wurde durch den bekämpften Bescheid also in ihrem Recht verletzt, nicht unbegründet und ohne gesetzliche Grundlage mit Zollabgaben und Einfuhrumsatzsteuer sowie Nebengebühren belastet zu werden.

Zumindest ergibt sich durch den bekämpften Bescheid eine unbegründete Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin, da die Voraussetzungen für eine Nachsicht der Bezahlung dieser Abgaben - insbesondere aus Billigkeitsgründen - vorliegen und dem Nachsichtsantrag daher stattzugeben gewesen wäre.

Die Beschwer der Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid ist somit jedenfalls gegeben.

Im Rahmen der VwGH-Beschwerde wurde ausführlich dargestellt und begründet, warum nach Meinung der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall dem gestellten Nachsichtsansuchen stattzugeben gewesen wäre.

Es wurde auch ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen hier schon aus Billigkeitsgründen dem Nachsichtsansuchen stattzugeben gewesen wäre und wird der Hohe Verwaltungsgerichtshof diese Umstände im Rahmen der gestellten Beschwerdeanträge zu prüfen und darüber zu entscheiden haben."

Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Vom Beschwerdepunkt sind die Beschwerdegründe des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG sowie die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 VwGG zu unterscheiden. Der Beschwerdepunkt darf weder mit den Beschwerdegründen (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) noch mit dem bestimmten Begehren (§ 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG) verwechselt werden (vgl. Steiner in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 65 f); so gibt es etwa kein Recht auf ein gesetzmäßiges oder ordnungsgemäßes Verfahren oder auf richtige und ordnungsgemäße Abgabenbemessung (vgl. die bei Steiner, aaO, 71, wiedergegebenen Beispiele aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; vgl. etwa auch den hg. Beschluss vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/16/0227).

Für die vorliegenden Beschwerdeverfahren ergibt sich daraus Folgendes:

Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin auch in ihren ergänzenden Schriftsätzen vom 18. Oktober 2010 offensichtlich die Beschwerdegründe mit dem Beschwerdepunkt gleichsetzt, hatten die angefochtenen Bescheide nicht die Vorschreibung der von ihr als Belastung gesehenen Eingangsabgaben und Nebengebühren und insbesondere nicht die Begründung einer Zahlungsverpflichtung zum Gegenstand, sodass das ergänzende Vorbringen insofern ins Leere geht.

Sofern das ergänzende Vorbringen aber die bescheidgegenständliche Versagung der Erstattung (bzw. des Erlasses) nach Art. 239 ZK betrifft, ist dem entgegen zu halten, dass es nach dem Gesagten kein abstraktes Recht schlechthin gibt, etwa "aus Billigkeitsgründen dem Nachsichtsansuchen stattzugeben".

Die Beschwerdeführerin ist folglich mit ihren ergänzenden Schriftsätzen vom 18. Oktober 2010 der an sie ergangenen Aufforderung, die Mängel der gegen die vorbezeichneten Verwaltungsakte eingebrachten Beschwerden durch bestimmte Bezeichnung des Beschwerdepunktes zu beheben, nicht nachgekommen.

Es war daher gemäß § 34 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 VwGG wie im Spruch angeführt zu verfahren.

Wien, am 16. Dezember 2010

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