VwGH 2010/03/0152

VwGH2010/03/015221.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, im Verfahren über die zur Zl 2010/12/0140 protokollierte Beschwerde des DDr. R E in W, vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 10. März 2010, Zl 96, 97/13-BK/09, betreffend Feststellung in Angelegenheiten von Weisungen, über die Ablehnung des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Hösz, der Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel, sowie der Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes Mag. Nussbaumer-Hinterauer, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §31 Abs1 Z4;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs2;
VwGG §31 Abs1 Z4;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs2;

 

Spruch:

1. Der Ablehnungsantrag betreffend den Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Ablehnung nicht Folge gegeben.

Begründung

Mit Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 10. März 2010 wurde den Devolutionsanträgen des Ass. Prof. Dr. K vom 26. November 2008 stattgegeben und es wurde festgestellt, dass die Befolgung von - näher umschriebenen - Weisungen des Vorstands der betreffenden Universitätsklinik nicht zu den Dienstpflichten des Berufungswerbers gehöre.

Dagegen erhob der Antragsteller eine am 27. August 2010 eingelangte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, die zu hg Zl 2010/12/0140 protokolliert wurde.

Mit Schreiben vom 1. September 2010 zeigte Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens, Mitglied des nach der hg Geschäftsverteilung zuständigen Senates 12, seine Befangenheit an, weil er am angefochtenen Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt (als Senatsvorsitzender) mitgewirkt hatte.

Mit Präsidialverfügung vom 3. September 2010 verfügte der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, dass infolge Befangenheit des Hofrates des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens in der gegenständlichen Rechtssache an seiner Stelle das Ersatzmitglied Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes Mag. Rehak einzutreten habe.

Mit Schriftsatz vom 13. September 2010, hg eingelangt am 14. September 2010, lehnte der Antragsteller "die Mitglieder des Senats 12" ab. Namentlich führte er an anderer Stelle seines Antrages die abgelehnten Mitglieder wie folgt an: Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Höß sowie die Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und die Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes Mag. Nussbaumer-Hinterauer. Die Ablehnung begründete er damit, dass Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens am angefochtenen Bescheid mitgewirkt habe und seine Befangenheit deshalb "außer Zweifel" stehe. Aber auch die übrigen Mitglieder des Senates seien befangen, weil sie über eine Beschwerde gegen einen Bescheid entscheiden sollen, an dem eines seiner (ständigen) Mitglieder mitgewirkt habe und psychologische Motive angesichts der ständigen Zusammenarbeit mit Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens im selben Senat eine völlige Unbefangenheit hemmen könnten, zumal "der Senat ja die Entscheidung eines seiner Mitglieder als rechtswidrig bezeichnen" müsste.

Diesem Vorbringen ist Folgendes zu erwidern:

Die für den gegenständlichen Fall maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 idF BGBl I Nr 4/2008 lautet

auszugsweise wie folgt:

"Befangenheit

§ 31. (1) Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer haben sich unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten

  1. 1. ...
  2. 2. ...
  3. 3. ...
  4. 4. wenn sie in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorausgegangenen Verfahren mitgewirkt haben;

    5. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.

(2) Aus den im Abs. 1 angeführten Gründen können Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf Abs. 1 Z 5, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen. Über die Ablehnung entscheidet in Abwesenheit des Abgelehnten der für die Rechtssache zuständige Senat durch Beschluß; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Werden der Vorsitzende oder so viele Mitglieder des Senates abgelehnt, daß nicht wenigstens drei verbleiben, so hat der Präsident die Beschlußfassung über den Ablehnungsantrag dem nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Senat zuzuweisen. Beschließt der hiezu berufene Senat, daß die Ablehnung begründet ist, so hat der Präsident den Eintritt des Ersatzmitgliedes (§ 11 Abs. 4) zu verfügen."

Wie eingangs bereits dargestellt wurde, hat sich Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens unter Anzeige seiner Befangenheit gemäß § 31 Abs 1 Z 4 VwGG der Ausübung seines Amtes enthalten, weshalb der Ablehnungsantrag insoweit mangels Beschwer zurückzuweisen war.

Im Übrigen rechtfertigt das dargestellte Vorbringen des Antragstellers nicht, eine Befangenheit der weiteren im Ablehnungsantrag genannten Senatsmitglieder gemäß § 31 Abs 1 Z 5 VwGG als begründet anzusehen.

Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger hg Rechtsprechung in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Der Befangenheitsgrund des § 31 Abs 1 Z 5 VwGG liegt vor, wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung des Richters gefolgert werden kann. Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motive hindeuten (vgl etwa den hg Beschluss vom 29. Jänner 2009, Zl 2008/03/0185).

Im vorliegenden Fall lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnehmen, dass die abgelehnten Richter durch irgendein Verhalten Grund zu der Annahme gegeben hätten, aufgrund der Mitwirkung von Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Zens an der angefochtenen Entscheidung an einer objektiven Beurteilung des Beschwerdefalles gehindert zu sein. Der Antragsteller sieht den Anschein der Befangenheit nur deshalb als gegeben an, weil Hofrat des Verwaltungsgerichtshof Dr. Zens - unbeschadet seiner Befangenheit im gegenständlichen Fall - dem Senat 12 nach der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes als ständiges Mitglied angehört.

Dem kann nicht gefolgt werden. Wäre es ausreichend, auf Grund der Mitwirkung eines Senatsmitgliedes an einer angefochtenen Entscheidung ohne Hinzutreten besonderer Umstände auf die Befangenheit aller Senatsmitglieder zu schließen, hätte der Gesetzgeber in § 31 Abs 1 Z 4 VwGG wohl eine entsprechende Regelung getroffen. Gerade das ist aber nicht der Fall.

Im Übrigen kann auch nicht erkannt werden, dass die von einem sonst ständigen Mitglied des Senates in anderer Funktion (nämlich hier als Vorsitzender der Berufungskommission des Bundeskanzleramtes) mitgetroffene Entscheidung von den im vorliegenden Fall zur Entscheidung berufenen Mitgliedern des Senates 12 des Verwaltungsgerichtshofes nicht objektiv und nach rein sachlichen Gesichtspunkten überprüft und beurteilt wird.

Dem Ablehnungsantrag betreffend die übrigen ständigen Mitglieder des Senats 12 war daher gemäß § 31 Abs 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 21. Oktober 2010

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