VwGH 2008/04/0235

VwGH2008/04/023526.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, in der Beschwerdesache des X in Y, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. September 2008, Zl. M63/001122/2008, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung, den Beschluss gefasst:

Normen

32002L0092 Vermittler-RL Art3;
EURallg;
GewO 1994 §137 Abs2a;
GewO 1994 §137c Abs3;
GewO 1994 §5 Abs1;
VwRallg;
32002L0092 Vermittler-RL Art3;
EURallg;
GewO 1994 §137 Abs2a;
GewO 1994 §137c Abs3;
GewO 1994 §5 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. September 2008 hat der Landeshauptmann von Wien gemäß § 19 Gewerbeordnung 1994 (GewO) festgestellt, dass der Beschwerdeführer die individuelle Befähigung für das von ihm angemeldete Nebengewerbe "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten außer Lebens- und Unfallversicherungen zum Hauptgewerbe gewerbliche Vermögensberatung, ausgenommen die Vermittlung von Personalkrediten, mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten" nicht besitzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 17. November 2008 zur Post gegebene Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde nicht stattzugeben.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob dem Beschwerdeführer ein Rechtsschutzbedürfnis zukommt. Dies ist dann der Fall, wenn er nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht (noch) verletzt sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat und daher den in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung zukommt. Fällt das Rechtsschutzbedürfnis nach Einbringung der Beschwerde weg, so ist die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. März 2008, Zl. 2006/04/0062).

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem gesamten Inhalt seiner Beschwerde im Recht auf Ausübung des angemeldeten Nebengewerbes verletzt.

Gemäß dem letzten Satz des § 137c Abs. 3 GewO, der ausdrücklich auch für die Begründung des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung gilt, darf der Anmelder mit der Gewerbeausübung erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung in das Versicherungsvermittlerregister beginnen. Diese Bestimmung stellt eine Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung dar (vgl. die Materialien zur Gewerberechtsnovelle 2004, BGBl. I Nr. 131/2004, RV 616 Blg. NR. XXII. GP, 12), die in ihrem Art. 3 die Eintragung in das Versicherungsvermittlungsregister auch für "vertraglich gebundene Versicherungsvermittler" fordert (siehe insbesondere Abs. 1 zweiter Unterabsatz und Abs. 3), worunter gemäß Art. 2 Z. 7 zweiter Unterabsatz der zitierten Richtlinie u.a. eine "Person, die Versicherungsvermittlung zusätzlich zu ihrer Hauptberufstätigkeit ausübt" zu verstehen ist. § 365a GewO, der die in das Gewerberegister einzutragenden Daten von natürlichen Personen regelt, nennt in seinem Abs. 1 Z. 12, Z. 13 und Z. 15 ausdrücklich bestimmte einzutragende Daten von Personen, die das Gewerbe der Versicherungsvermittlung als Nebengewerbe angemeldet haben. Daraus ergibt sich, dass dieses Nebengewerbe in das Gewerberegister einzutragen ist. Gemäß § 365c GewO ist vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend auf Basis des zentralen Gewerberegisters das Versicherungsvermittlerregister einzurichten, in dem die in den dezentralen Gewerberegistern eingetragenen Daten zusammengeführt werden. Das Versicherungsvermittlerregister zeigt die im zentralen Gewerberegister eingetragenen Daten, soweit sie Versicherungsvermittler betreffen (vgl. die zitierten Materialien, aaO, 15). Die Eintragung im Gewerberegister bewirkt somit auch die Eintragung im Versicherungsvermittlerregister.

Das Erfordernis der Eintragung in das Register als Voraussetzung für die Ausübung des Nebengewerbes stellt eine Ausnahme von der grundsätzlichen Norm des § 5 Abs. 1 GewO dar, wonach - soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt - bereits die Anmeldung bewirkt, dass das Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen ausgeübt werden darf, und somit konstitutiv wirkt.

Erst mit der Eintragung der Daten von (nebengewerblichen) Versicherungsvermittlern in das Gewerbe- und damit in das Versicherungsvermittlerregister entsteht somit die Berechtigung zur Ausübung des angemeldeten (Neben)Gewerbes. Da der Beschwerdeführer unstrittig nicht eingetragen ist, war er bisher nicht zur Ausübung des angemeldeten Gewerbes berechtigt.

Gemäß § 137 Abs. 2a letzter Satz GewO kann ein Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung nur bis spätestens 31. Dezember 2008 neu begründet werden. Nach den Materialien zur Gewerbeordnungsnovelle 2008, BGBl. I Nr. 42/2008, mit der diese Bestimmung eingefügt wurde (Initiativantrag 549/A, XXIII. GP, 38), soll in Hinkunft für eine beabsichtigte eingeschränkte Ausübung des Gewerbes der Versicherungsvermittlung nur mehr die Möglichkeit bestehen, das Hauptgewerbe eingeschränkt auf bestimmte Tätigkeiten anzumelden. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2009, B1166/09, die Behandlung einer Bescheidbeschwerde, in der die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung geltend gemacht wurde, abgelehnt und dazu ausgeführt, dass diese Regelung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege.

Da der Beschwerdeführer - wie dargestellt - bisher nicht zur Ausübung des angemeldeten Nebengewerbes berechtigt ist, würde die von ihm angestrebte Ausübung nach einer allfälligen Aufhebung des angefochtenen Bescheides jedenfalls eine Neubegründung dieses Nebengewerbes darstellen, welche jedoch bereits seit 1. Jänner 2009 nicht mehr möglich ist.

Der Beschwerdeführer hat die Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes, inwiefern er sich im Hinblick darauf durch den angefochtenen Bescheid noch beschwert erachtet, unbeantwortet gelassen.

Da nach dem Gesagten das vom Beschwerdeführer angestrebte Verfahrensziel auch bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht erreicht werden könnte, kommt den in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung zu. Infolge des somit eingetretenen nachträglichen Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses, war die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. gebildeten Senat - als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.

Wien, am 26. November 2010

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