VwGH 2006/10/0002

VwGH2006/10/000226.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Landes Salzburg, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. November 2005, Zl. SO-130334/8-2005-Ld, betreffend Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Kostenbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Oberösterreichische Landesregierung gestützt auf § 62 Oberösterreichisches Sozialhilfegesetz (Oö SHG) in Verbindung mit der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. November 1975 über den Beitritt des Bundeslandes Salzburg zur Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Sozialhilfeträgern Oberösterreichs und den Sozialhilfeträgern der Länder Tirol und Vorarlberg, LGBl. Nr. 64/1975 in Verbindung mit der Ländervereinbarung über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (im Folgenden kurz: Ländervereinbarung) aus, der Sozialhilfeverband Braunau am Inn sei nicht verpflichtet, dem Land Salzburg die Aufwendungen für die Frau A., geboren 7. Dezember 1923, seit 1. Jänner 2005 geleistete Sozialhilfe zu ersetzen.

Begründend wurde ausgeführt, mit Antrag vom 18. Februar 2000 habe Frau A. um Gewährung von Sozialhilfe durch Kostenübernahme ab 1. Februar 2000 in einem bestimmten Seniorenwohnhaus in Straßwalchen gemäß § 17 Salzburger Sozialhilfegesetz (Slbg SHG) angesucht.

Mit Bescheid vom 1. März 2005 habe die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung die Aufenthaltskosten in dem genannten Seniorenwohnhaus in Höhe von täglich EUR 37,35 vom 1. Jänner bis 31. Dezember 2005 (abzüglich der Eigenleistung) gewährt.

Mit Schreiben vom 21. März 2005 habe das Land Salzburg um Abgabe eines Kostenanerkenntnisses ersucht, weil die Hilfesuchende sich während der letzten sechs Monate vor Antragstellung zumindest fünf Monate im Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeverbandes Braunau aufgehalten habe.

Dieses Ersuchen sei mit Schreiben vom 1. April 2005 abgelehnt und ausgeführt worden, dass gemäß § 17 Oö SHG ein Rechtsanspruch auf Hilfe in stationären Einrichtungen nur dann bestünde, wenn der Pflegefall nicht durch andere Hilfen gemäß § 12 Oö SHG (u.a. mobile Betreuung und Hilfe, Hauskrankenpflege etc.) abgedeckt werden könne. Frau A. habe keinen Rechtsanspruch auf Hilfe in stationären Einrichtungen, da der notwendige Pflegebedarf sehr wohl durch die in § 12 Abs. 2 Z. 1 Oö SHG aufgelistete aktivierende Betreuung und Hilfe abgedeckt bzw. sichergestellt werden könne. Es käme auch den Pflegestufen eine gewisse Indizwirkung hinsichtlich der "Heimbedürftigkeit" zu. Frau A.

besäße lediglich Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 2.

Daraufhin habe das Land Salzburg mit Schreiben vom

13. April 2005 den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt.

In den letzten sechs Monaten vor der Aufnahme in das genannte

Seniorenheim habe sich Frau A. mindestens durch fünf Monate im Bezirk Braunau aufgehalten.

Auszugehen sei von § 62 Oö SHG, wonach in Vereinbarungen mit anderen Bundesländern gemäß Art. 56 Abs. 2 L-VG 1991 für den Fall Vorsorge getroffen werden könne, dass Hilfeempfänger, denen nach den Rechtsvorschriften eines anderen Bundeslandes Hilfe wegen eines Bedarfes geleistet werde, auf dessen Deckung nach diesem Landesgesetz ein Rechtsanspruch bestehe, während einer in der Vereinbarung zu bestimmenden Frist vor der Leistung dieser Hilfe ihren Hauptwohnsitz (Aufenthalt) in Oberösterreich gehabt hätten. Hiebei könne festgelegt werden, dass die Träger sozialer Hilfe entweder Kostenersatz in der Höhe der tatsächlichen Kosten der Hilfeleistung im anderen Bundesland oder aber Ersatz der Kosten zu leisten hätten, die angefallen wären, wenn soziale Hilfe nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes geleistet worden wäre. Gegenseitigkeit müsse gewährleistet sein.

Aus dieser Norm ergebe sich zweifelsfrei, dass nur dann ein Kostenersatz in Frage komme, wenn eine Hilfe wegen eines Bedarfes geleistet werde, auf dessen Deckung nach diesem Landesgesetz ein Rechtsanspruch bestehe.

Sohin sei im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens zunächst abzuklären, ob im Sinne des oben zitierten § 62 Oö SHG Hilfe wegen eines Bedarfes geleistet werde (bzw. geleistet worden sei), auf dessen Deckung nach diesem Landesgesetz ein Rechtsanspruch bestehe.

Bei der Prüfung dieser Frage sei von § 2 Abs. 6 Oö SHG auszugehen, wonach ein Rechtsanspruch auf soziale Hilfe oder eine bestimmte Form sozialer Hilfe nur bestehe, wenn es dieses Landesgesetz ausdrücklich bestimme.

Gemäß § 17 Abs. 5 Oö SHG bestehe ein Rechtsanspruch auf Hilfe in stationären Einrichtungen, sofern der Pflegebedarf nicht durch andere Hilfen gemäß § 12 abgedeckt werden könne und die Zusicherung der Hilfeleistung durch den Träger der Einrichtung vorliege.

Die in § 12 Abs. 2 Z. 1 Oö SHG angeführten Möglichkeiten der Leistung von aktivierender Betreuung und Hilfe könne gemäß § 12 Abs. 3 Oö SHG auch in betreubaren Wohnungen erbracht werden.

Nun habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens festgestellt werden können, dass Frau A. lediglich über ein Pflegegeld der Stufe 2 verfüge. Dieser Umstand reiche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hin, um eine "Heimbedürftigkeit" zu verneinen, zumal die Gewährung von Pflegegeld bzw. die Höhe des Pflegegeldes nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen nach dem Oö SHG zähle. Allerdings indiziere diese Einstufung, dass ein geringer Pflegebedarf gegeben sei (75 bis 120 Stunden pro Monat), der - soferne keine sonstigen Umstände (wie z.B. geistige oder psychische Behinderung im Sinne des § 17 Abs. 1 Oö SHG) hinzuträten - üblicherweise durch die oben angeführten Maßnahmen der aktivierenden Betreuung und Hilfe abgedeckt werden könne. Nach dem Gutachten der Oö Landesnervenklinik W. vom 5. Mai 1998 habe Frau A. zum angeführten Zeitpunkt unter einer leichten Gehbehinderung, Schwerhörigkeit und Depressionen gelitten, sei aber auf keinerlei körperliche Hilfestellung angewiesen und außerdem zu Person, Zeit und Ort ausreichend orientiert gewesen. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass Frau A. im Mai des Jahres 1998 in der Lage gewesen sei, ein selbstständiges Leben zu führen und die Heimaufnahme eine rein präventive Maßnahme dargestellt habe. Hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit von Frau A. sei seitens des Amtssachverständigen keine nennenswerte Änderung seit Mai 1998 festgestellt worden. Auch der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 1. März 2005 könne diesbezüglich nicht weiterhelfen, zumal § 17 Slbg SHG neben der Unterbringung in Anstalten oder Heimen wegen besonderer Pflege auch den Fall kenne, dass der Hilfesuchende auf Grund der familiären und häuslichen Verhältnisse nicht im Stande sei, ein selbstständiges und unabhängiges Leben zu führen.

Sohin sei bei umfassender Würdigung der bekannten Umstände davon auszugehen, dass im maßgeblichen Zeitraum kein Pflegebedarf vorgelegen sei, der einen Rechtsanspruch nach dem Oö SHG begründen könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Bereits im zur hg. Zl. 2004/10/0220 protokollierten Verfahren vertrat die Oö Landesregierung als belangte Behörde im Verfahren über einen Antrag des Landes Salzburg auf Kostenersatz nach der Ländervereinbarung den Standpunkt, dass ein derartiger Anspruch nicht bestehe, weil die Hilfesuchende einen Anspruch auf Unterbringung in einem Heim nach § 17 Abs. 5 Oö SHG nicht gehabt habe.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Juni 2009, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 der insoweit gemäß § 2 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. November 1975, LGBl. Nr. 64/1975, anzuwendenden Ländervereinbarung abstrakt auf den Leistungstypus abstellen. Es war daher vorerst zu prüfen, ob die vom Träger der Sozialhilfe im Bundesland Salzburg gewährte Hilfe (Unterbringung in einem Seniorenheim) auch im Leistungskatalog mit Rechtsanspruch nach dem Oö SHG "der Art nach" enthalten ist. Dies ist im Hinblick auf § 17 Abs. 5 Oö SHG nicht zweifelhaft. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Leistungsanspruches hat aber in weiterer Folge nicht nach den Vorschriften des Oö SHG zu erfolgen, sondern nach dem Sozialhilfegesetz jenes Bundeslandes, nach dem die Leistung tatsächlich gewährt wurde. Zu untersuchen war daher, ob die Voraussetzungen nach den Bestimmungen des Salzburger Sozialhilfegesetzes gegeben sind. Entsprechende Feststellungen hat die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage jedoch nicht getroffen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Das Kostenbegehren war abzuweisen, weil für die nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachte Beschwerde gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG kein Schriftsatzaufwand gebührt.

Wien, am 26. April 2010

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