VwGH 2009/18/0051

VwGH2009/18/005119.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der L R in W, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Jänner 2009, Zl. E1/485.475/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Jänner 2009 wurde die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin seit 27. Dezember 2007 im Bundesgebiet gemeldet sei, nachdem sie zuvor aus Italien nach Österreich eingereist sei. Sie sei weder im Besitz eines Einreise- noch eines Aufenthaltstitels und von Italien nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben.

Am 26. Februar 2008 habe die Beschwerdeführerin in Österreich einen serbischen Staatsangehörigen geheiratet; das Kind der beiden sei am 4. Mai 2008 zur Welt gekommen. Bei ihrer Einreise sei die Beschwerdeführerin somit bereits schwanger gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass aufgrund der festgestellten Umstände die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 Abs. 1 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien.

Aufgrund der festgestellten familiären Bindungen der Beschwerdeführerin zu Österreich sei zwar von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in deren Privat- und Familienleben auszugehen, dieser sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses hohe öffentliche Interesse verstoße jedoch gravierend, wer - wie die Beschwerdeführerin - bereits schwanger nach Österreich illegal einreise, hier eine Familie gründe und den Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig fortzusetzen trachte.

Unter den gegebenen Umständen sei die Beschwerdeführerin auch rechtens nicht in der Lage, ihren Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Im Hinblick auf ihren unrechtmäßigen Aufenthalt habe sie auch keinerlei Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Dass - wie im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt -

gegen den Ehemann der Beschwerdeführerin ein aufenthaltsbeendigendes Verfahren anhängig sei, sei zwar durchaus bemerkenswert, stelle jedoch weder eine Vorfrage dar, noch sei die belangte Behörde gehalten, mit ihrer Entscheidung bis zum rechtskräftigen Abschluss jenes Verfahrens zuzuwarten.

Dass einer gemeinsamen Ausreise der Beschwerdeführerin mit ihrem sich ebenfalls unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden Kind unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden, habe diese nicht einmal behauptet. Unter den gegebenen Umständen sei es der Beschwerdeführerin auch durchaus zuzumuten, das Bundesgebiet zu verlassen, um sich für die Dauer eines allenfalls von ihr angestrebten Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels im Ausland aufzuhalten. Im Hinblick auf die dargelegten Umstände stelle dies keinen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte dar. Solcherart erweise sich die Erlassung der Ausweisung als dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass sich die Beschwerdeführerin seit Dezember 2007 im Bundesgebiet aufhält, ohne im Besitz eines Einreise- oder eines Aufenthaltstitels zu sein. Im Hinblick darauf begegnet die unbekämpfte Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann in Wien lebe, dieser ein Unternehmen betreibe und ein Monatseinkommen von netto rund EUR 1.700,-- erziele, sodass die Beschwerdeführerin "der Republik Österreich nicht zur Last" falle. In Serbien habe die Beschwerdeführerin weder Unterkunft noch Verwandte.

2.2. Die belangte Behörde hat bei ihrer Beurteilung gemäß § 66 Abs. 1 FPG die Ehe der Beschwerdeführerin mit einem in Österreich lebenden serbischen Staatsangehörigen sowie die familiäre Bindung zu dem gemeinsamen Kind der beiden berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen. Die daraus und aus dem Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet in der Dauer von rund einem Jahr (bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides) resultierenden Interessen der Beschwerdeführerin sind allerdings insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt zur Gänze unrechtmäßig war. Die Beschwerdeführerin durfte somit im Zeitpunkt der Begründung ihres Familienlebens in Österreich nicht damit rechnen, auf Dauer im Bundesgebiet bleiben zu können.

Den sich aus dem Aufenthalt im Bundesgebiet ergebenden Interessen der Beschwerdeführerin und ihren aus den dargestellten familiären Bindungen resultierenden Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet steht die erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, aufgrund ihres zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich gegenüber. In Anbetracht dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand. Die angeführten persönlichen Bindungen der Beschwerdeführerin lassen keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK erkennen, die es ihr unzumutbar machen würden, auch nur für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens in ihr Heimatland zurückzukehren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 2008, Zl. 2008/18/0689, mwN).

2.3. Im Hinblick auf die nicht zu beanstandende Interessenabwägung der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG kommt dem Ergebnis des gegen den Ehemann der Beschwerdeführerin anhängigen aufenthaltsbeendigenden Verfahrens keine Relevanz zu. Die belangte Behörde war somit - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - nicht gehalten, den Abschluss jenes Verfahrens vor Erlassung des bekämpften Bescheides abzuwarten.

2.4. Soweit die Beschwerde in ihrer Verfahrensrüge eine Verletzung des Rechtes der Beschwerdeführerin auf Parteiengehör geltend macht, lässt sie völlig im Unklaren, von welchem "Ergebnis der Beweisaufnahme" die Beschwerdeführerin hätte verständigt werden müssen; da die Beschwerde auch nicht darlegt, welches Vorbringen und allenfalls welche Beweismittel die Beschwerdeführerin bei Einräumung von Parteiengehör unterbreitet hätte, sodass die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, tut sie jedenfalls die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.

2.5. Die Beschwerde verweist schließlich darauf, dass die Beschwerdeführerin in Serbien keine Unterkunft und keine Verwandten habe; dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass mit einer Ausweisung nicht darüber abgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2007/18/0372, mwN).

3. Besondere Umstände, aus denen die belangte Behörde gehalten gewesen wäre, von der Ausweisung im Rahmen des von § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens Abstand zu nehmen, werden in der Beschwerde nicht dargetan.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 19. März 2009

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