VwGH AW 2009/09/0027

VwGHAW 2009/09/00276.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Ao. Univ.- Prof. Dr. A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in, der gegen den Bescheid des Rektors der Medizinischen Universität X vom 23. Jänner 2009, betreffend vorläufige Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979, erhobenen und zur hg. Zl. 2009/09/0051 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

BDG 1979 §112 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
BDG 1979 §112 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. August 2008 den Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 vorläufig vom Dienst suspendiert hatte. Zur Begründung hatte die belangte Behörde - soweit im gegenständlichen Fall von Bedeutung - u.a. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer an der Durchführung einer näher bezeichneten medizinischen Studie an der Universität X als Co-Prüfarzt und als für weite Teile der Abwicklung der klinischen Studie Verantwortlicher mitgewirkt habe und dabei die Patienten mit einer Methode behandelt worden seien, die noch nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft bzw. den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft entsprechen würde.

Mit rechtskräftigem Bescheid der Disziplinarkommission im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (in der Folge: BMWF) vom 22. Dezember 2008 wurde im Ergebnis die Suspendierung des Beschwerdeführers gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 als nicht gerechtfertigt gesehen und zusammengefasst damit begründet, dass hinsichtlich einer Fehlbehandlung von Patienten die Vorwürfe des Betruges und der fahrlässigen Körperverletzung durch die strafrechtlichen Ermittlungen (noch) nicht hinreichend erhärtet seien sowie zu den (damaligen) Vorwürfen (noch) kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Mit dem Tag (der Zustellung) dieser Entscheidung endete gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 die von der Dienstbehörde verfügte vorläufige Suspendierung.

Mit dem nunmehr mit Beschwerde angefochtenen Bescheid verfügte die belangte Behörde (neuerlich) die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gegen den Beschwerdeführer strafgerichtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit der gesetzwidrigen Behandlung von Patientinnen und Patienten im Allgemeinen Öffentlichen Landeskrankenhaus X wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung, des schweren Betruges, der Beweismittel- bzw. Urkundenfälschung, der Gemeingefährdung, der falschen Beweisaussage sowie der Verleumdung geführt würden. Weiters bestünde der Verdacht, dass der Beschwerdeführer unter einer näher bezeichneten Internetseite u. a. auch die Medizinische Universität X betreffende, erheblich diffamierende Inhalte eingestellt habe, wobei in einem Artikel unter der Überschrift "Polizei ermittelt im Mega-Skandal in X wegen Mordes!!" wörtlich Folgendes ausgeführt worden sei: "Die verzweifelten Versuche der Medizinischen Universität X, des hinausgeworfenen Rektors A. ..., den Mega-Skandal in X, Y und Z zu

vertuschen, sind endgültig gescheitert! ... Die Korruption in X

und Z lässt sich nun nicht mehr länger vertuschen! ... Die Ermordung weiterer Zeugen wird die Aufdeckung dieses Falles auf keinen Fall mehr verhindern können...". Auf Grund dieses Sachverhaltes sei am 12. und 16. Jänner 2009 Disziplinaranzeige erstattet worden; die Schwere der wider den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe rechtfertige eine vorläufige Suspendierung.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, verbunden mit dem Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dazu brachte er u. a. vor, dass die Vorwürfe im Zusammenhang mit der gesetzwidrigen Behandlung von Patientinnen und Patienten bereits Gegenstand des Suspendierungsverfahrens auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 18. August 2008 gewesen seien, welcher mit Bescheid der Disziplinarkommission im BMWF vom 22. Jänner 2008 aufgehoben worden sei. Den vorliegenden Antrag begründete er damit, es bestehe für ihn die Gefahr, in seiner Qualifizierung enorm abzubauen, weil er seit der (seinerzeitigen) vorläufigen Suspendierung mit Bescheid vom 18. August 2008 gehindert sei, seine chirurgischen Fähigkeiten anzuwenden und "in Übung" zu halten; überdies erleide er einen unwiederbringlichen finanziellen Schaden, da ihm die konkrete leistungsabhängige Entlohnung sowie der Bezug von Poolgeldern entgehe.

Mit hg. Verfügung vom 25. März 2009 wurde der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme zum gegenständlichen Antrag binnen sechs Wochen gegeben und sie insbesondere aufgefordert, zum Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung von Patienten Stellung zu nehmen, welche allfälligen Änderungen in der Verdachtslage seit dem zuvor genannten Bescheid der Disziplinarkommission im BMWF eingetreten seien.

In ihrer dazu fristgerecht eingebrachten, umfangreichen Stellungnahme trat die belangte Behörde dem Antrag entgegen und brachte im Wesentlichen vor, dass der Leiter der Medizinischen Universität X auf Grund der Schreiben der Rechtsabteilung der Landeskrankenanstalten GmbH vom 8. Jänner sowie 12. Jänner 2009, womit er in Kenntnis gesetzt worden sei, dass gegen den Beschwerdeführer strafgerichtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit der erwähnten Behandlung an Patientinnen und Patienten geführt würden, am 23. Jänner 2009 die gegenständliche vorläufige Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 über den Beschwerdeführer verfügt habe; weiters sei gegen den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12. bzw. 16. Jänner 2009 Disziplinaranzeige erstattet worden. Die diesbezüglichen Erhebungen der Staatsanwaltschaft X seien noch im Laufen begriffen, wobei auf Grund des vorliegenden Zahlen- und Datenmaterials davon auszugehen sei, dass rund 380 der mehr als 400 vom Beschwerdeführers behandelten Patienten gesetzwidrig behandelt worden sind. Auf Grundlage der durchgeführten Zeugeneinvernahmen sei seitens der Staatsanwaltschaft X mitgeteilt worden, dass sich die gegen den Beschwerdeführer gehegten Verdachtsmomente verhärtet hätten.

In der dazu eingeräumten Stellungnahme replizierte der Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass die strittige Behandlungsmethode letztmals im März 2008 angewendet worden sei und sich die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Unterlagen auf Vorgänge vor dem 22. Dezember 2008 (dem Datum des genannten Bescheides der Disziplinarkommission im BMWF) beziehen würden.

Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigungen durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Eine Beschwerde ist der aufschiebenden Wirkung somit dann nicht zugänglich, wenn der Zuerkennung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Interessen einer ärztlichen Beratung und Behandlung von Gesunden und Kranken, die dem Stand der medizinischen Wissenschaft bzw. den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft entspricht, sind als zwingende öffentliche Interessen anzusehen.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde für das Provisorialverfahren ausreichend dargelegt, dass sie erst auf Grund der Informationen der Rechtsabteilung der Landeskrankenanstalten GmbH zu Beginn des Jahres 2009 über die strafgerichtlichen Ermittlungen einerseits die Notwendigkeit zur Erhebung von Disziplinaranzeigen und andererseits zur (neuerlichen) vorläufigen Suspendierung sah, womit der darauf hinauslaufende Einwand des Beschwerdeführers, der gegenständlichen Entscheidung über die vorläufige Suspendierung stünde schon res iudicata entgegen, ins Leere geht. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten grundsätzlichen Interessen der Patientinnen und Patienten sowie dem nach der Verdachtslage betroffenen Personenkreis ist daher vom Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass jedenfalls hinsichtlich des Vorwurfes der Anwendung gesetzwidriger Behandlungsmethoden zwingende Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG liegen somit nicht vor. Wien, am 6. Juli 2009

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