Normen
AbfuhrO Graz 2006 §11 Abs1 idF Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr.11 vom 29. November 2006;
AWG Stmk 2004 §10 Abs2;
AWG Stmk 2004 §17;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs3;
B-VG Art139 Abs6;
VwRallg;
AbfuhrO Graz 2006 §11 Abs1 idF Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr.11 vom 29. November 2006;
AWG Stmk 2004 §10 Abs2;
AWG Stmk 2004 §17;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs3;
B-VG Art139 Abs6;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 8. Juli 2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 17 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004 (StAWG 2004) iVm § 11 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 16. November 2006, mit der eine Abfuhrordnung erlassen wird (Grazer AbfO 2006), im gesamten Gemeindegebiet der Landeshauptstadt Graz die "Nachsortierung" der in die im Eigentum der Landeshauptstadt Graz stehenden Abfallbehälter eingebrachten Siedlungsabfälle untersagt.
Gegen diesen Bescheid wurde Berufung an die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz erhoben.
In dieser wurde vorgebracht, dass § 11 Abs. 1 der Grazer AbfO 2006 gesetzwidrig sei. Ungeachtet dieser Gesetzwidrigkeit sei die "Nachsortierung" der in die im Eigentum der Landeshauptstadt Graz stehenden Abfallbehälter eingebrachten Siedlungsabfälle vor dem Hintergrund der §§ 2, 18 Wohnungseigentumsgesetz 2002 (WEG 2002) und der §§ 10, 12 und 18 StAWG 2004 zulässig.
Mit Eingabe vom 3. März 2009 wurde von der Beschwerdeführerin ein Devolutionsantrag nach § 73 AVG an die belangte Behörde gestellt, welcher bei dieser am 6. März 2009 einlangte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Mai 2009 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im vorliegenden Fall § 11 Abs. 1 der Grazer AbfO 2006 - einer Verordnung auf der Grundlage der §§ 11 und 13 des StAWG 2004 - maßgeblich sei. Demzufolge gehe mit dem Einbringen in ein Sammelbehältnis der öffentlichen Abfuhr das Eigentum am Abfall auf den Abfallwirtschaftsverband der Landeshauptstadt Graz über. Diese Bestimmung stelle geltendes Recht dar, an das die belangte Behörde nach dem Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG gebunden sei, ohne dass ihr "eine Aufhebungs- oder Anfechtungszuständigkeit" zukäme.
Da mit dem Einbringen des Abfalls in einen Sammelbehälter das Eigentum am Abfall auf die Landeshauptstadt Graz übergehe, stelle eine "Nachsortierung" in der von der Beschwerdeführerin beschriebenen Form dann eine unzulässige Maßnahme dar, wenn keine Zustimmung der Abfalleigentümerin dafür vorliege. Eine derartige Zustimmungserklärung existiere aber nicht. Damit handle es sich um eine durch die Beschwerdeführerin eigenmächtig vorgenommene Maßnahme, die gegen die Bestimmungen des StAWG 2004 und der Grazer AbfO 2006 verstoßen würde. Aus diesem Grund sei die Untersagung dieser Tätigkeit nach § 17 StAWG 2004 zu Recht erfolgt.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 21. September 2009, B 765/09- 3, die Behandlung der Beschwerde ab.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Beschwerde die Verletzung in Rechten wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungsstellen, nämlich des § 11 Abs. 1 und der Wortfolge "nach Abs. 1 und 2" im § 11 Abs. 4 der Grazer AbfO 2006, die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 2009, V 6-10/09, als gesetzwidrig aufgehoben worden sei, behaupte. Die erst nach Beginn der nichtöffentlichen Beratung im Fall V 6-10/09 eingelangte Beschwerde sei einem Anlassfall in Bezug auf dieses Verordnungsprüfungsverfahren nicht gleichzuhalten. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Unangreifbarkeit einer bereits aufgehobenen (und daher einer neuerlichen Aufhebung nicht mehr zugänglichen) Rechtsvorschrift lasse das Vorbringen der Beschwerdeführerin die behauptete Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so unwahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin wurde deren Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. November 2009, B 765/09-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Bereits in seinem Beschluss vom 12. Dezember 2008, mit dem von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des § 11 Abs. 1, der Wortfolge "nach den Abs. 1 und 2" im § 11 Abs. 3 und der Wortfolge "nach Abs. 1 und 2" im § 11 Abs. 4 der Grazer AbfO 2006 eingeleitet wurde, führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung § 12 Abs. 1 StAWG 2004 widersprechen dürfte.
Während nach § 12 Abs. 1 StAWG 2004 das Eigentum am Abfall (erst) mit der Verladung in ein Fahrzeug der öffentlichen Müllabfuhr auf den jeweiligen Abfallwirtschaftsverband übergehe, schreibe die bezeichnete Verordnungsstelle nach ihrem klaren Wortlaut und Sinngehalt den Eigentumsübergang mit dem Einbringen des Abfalls in den Behälter der öffentlichen Abfuhr - und damit mit einem jedenfalls früheren, vor dem Verladen des Abfalls auf ein Müllfahrzeug gelegenen Zeitpunkt - fest.
Mit Erkenntnis vom 17. Juni 2009, V 6-10/09, hat der Verfassungsgerichtshof § 11 Abs. 1, die Wortfolge "nach den Abs. 1 und 2" im § 11 Abs. 3 und die Wortfolge "nach Abs. 1 und 2" im § 11 Abs. 4 der Grazer AbfO 2006, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 11 vom 29. November 2006, als gesetzwidrig aufgehoben.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass sich seine Bedenken im Prüfungsbeschluss als zutreffend erwiesen hätten. § 11 Abs. 1 der Grazer AbfO 2006 regle den Eigentumsübergang am Abfall. Diese Vorschrift beschränke sich aber nicht darauf, gesetzliche Vorgaben näher durchzuführen, sondern lege entgegen § 12 Abs. 1 StAWG 2004 den Zeitpunkt für den Übergang des Eigentums fest; die Verordnungsbestimmung treffe nämlich - im Widerspruch zu § 12 StAWG 2004 - auch eine Regelung in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse am Abfall für den Zeitraum zwischen dessen Einbringung in ein Sammelbehältnis und dem - nach § 12 Abs. 1 StAWG 2004 allein maßgeblichen - Verladen auf ein Fahrzeug der öffentlichen Müllabfuhr. § 11 Abs. 1 Grazer AbfO 2006 widerspreche somit § 12 Abs. 1 StAWG 2004, stünde sohin im Widerspruch zu Art. 18 Abs. 2 B-VG und sei daher gesetzwidrig.
Mit Kundmachung vom 7. August 2009, LGBl. Nr. 80/2009, wurde der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 139 Abs. 5 B-VG und gemäß § 60 Abs. 2 VfGG im Landesgesetz für die Steiermark kundgemacht.
Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zu Grunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem im Art. 139 Abs. 6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. u.v.a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2004, VfSlg. 17.319, mwN).
Wie sich bereits aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 21. September 2009, B 765/09, ergibt, hat die Beschwerdeführerin erst nach Beginn der nichtöffentlichen Beratung im Fall V 6-10/09 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Sie ist somit einem Anlassfall in Bezug auf dieses Verordnungsprüfungsverfahren nicht gleichzuhalten.
Im Fall der Beschwerdeführerin war daher die alte Rechtslage weiterhin anzuwenden. Eine neuerliche Anfechtung der als gesetzwidrig festgestellten Bestimmung aus Anlass der vorliegenden Beschwerde ist nicht zulässig (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2004/12/0130, mwN).
Mit dem Einbringen des Abfalls in einen Sammelbehälter geht das Eigentum am Abfall - nach der gleichsam "immunisierten" Rechtslage - gemäß § 11 Abs. 1 Grazer AbfO 2006 auf den Abfallwirtschaftsverband der Landeshauptstadt Graz über. Zutreffend führte die belangte Behörde aus, dass eine "Nachsortierung" in der von der Beschwerdeführerin beschriebenen Form eine unzulässige Maßnahme darstellen würde, wenn dafür keine Zustimmung der Abfalleigentümerin vorliege. Die Feststellung der belangten Behörde, wonach eine derartige Zustimmungserklärung nicht existiere, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass eine Untersagung gemäß § 17 StAWG 2004 gesetzwidrig erfolge, da mit der in Rede stehenden "Nachsortierung" weder gegen ein Gebot noch ein Verbot des StAWG 2004 verstoßen werde.
Dabei übersieht die Beschwerde, dass § 17 StAWG 2004 auch zur Untersagung von Handlungen gegen Gebote und Verbote der auf dem StAWG 2004 basierenden Verordnungen - somit auch der Grazer AbfO 2006 - berechtigt. Die von der Beschwerdeführerin ohne Zustimmung der Abfalleigentümerin und somit verordnungswidrig vorgenommene "Nachsortierung" berechtigt allein auf Grund ihrer Eigenmächtigkeit zu der in Rede stehenden Untersagung.
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass durch das Verbot der "Nachsortierung" des in die Abfallsammelbehälter eingebrachten Abfalls gegen den im § 1 Abs. 2 Z 1 StAWG 2004 normierten Grundsatz der Abfallvermeidung verstoßen werde. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zl. 2004/07/0113. Demnach könne ein Anreiz zur Abfallvermeidung dadurch geschaffen werden, dass die Möglichkeit bestehe, das Behältervolumen an den tatsächlichen Müllanfall anzupassen und dadurch auch die hiefür anfallenden Müllgebühren zu reduzieren.
Mit diesen Ausführungen übersieht die Beschwerdeführerin, dass dem Verfahren zu Zl. 2004/07/0113 ein Antrag der in diesem Verfahren mitbeteiligten Parteien zu Grunde lag, das Volumen der ihnen als Grundstückeigentümer beigestellten Müllbehälter an die Menge des bei ihnen tatsächlich anfallenden Restmülls anzupassen. Lediglich über die Berechtigung eines solchen Antrages hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren unter dem Aspekt eines Anreizes zur Abfallvermeidung abgesprochen. Diese Ausführungen lassen sich indessen nicht auf den vorliegenden Fall einer "Nachsortierung" eines bereits im Eigentum des Abfallwirtschaftsverbandes der Landeshauptstadt Graz stehenden Abfalls übertragen. Entscheidend für die Zulässigkeit einer solchen "Nachsortierung" wäre die Zustimmung des Abfalleigentümers, die jedoch nach den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens nicht vorliegt.
Auch verunmöglicht das Verbot einer "Nachsortierung" - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Liegenschaftseigentümer, in die Abfallsammelbehälter oder Abfallsammelsäcke nur jene Abfälle einzubringen, für dessen Aufnahme sie bestimmt sind (vgl. § 10 Abs. 2 letzter Satz StAWG 2004). Aus dieser Verpflichtung der Liegenschaftseigentümer kann keine Berechtigung der Beschwerdeführerin zu einer eigenmächtigen "Nachsortierung" bei falschem Befüllen der Abfallsammelbehälter abgeleitet werden.
Wenn die Beschwerde schließlich behauptet, dass der Verwalter nach § 18 Abs. 3 WEG 2002 als Vertreter der Liegenschaftseigentümer im mehrstöckigen Wohnbau dafür zu sorgen habe, dass die Liegenschaftseigentümer ihren gesetzlichen Verpflichtungen gemäß § 10 Abs. 2 StAWG 2004 nachkommen, verkennt sie den Regelungsgehalt dieser Bestimmung. Nach § 10 Abs. 2 StAWG 2004 treffen die Verpflichtungen über die Befüllung der Abfallsammelbehälter - wie bereits ausgeführt - nach dem eindeutigen Wortlaut die Liegenschaftseigentümer. Durch das Verbot der "Nachsortierung" wird - entgegen den Beschwerdeausführungen - die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen des § 10 Abs. 2 StAWG 2004 durch den Liegenschaftseigentümer nicht verunmöglicht. Diese sind vielmehr verpflichtet ohne "Nachsortierung" ihren Abfall gemäß den Bestimmungen des § 10 Abs. 2 StAWG 2004 zu entsorgen.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. Dezember 2009
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