VwGH 2009/05/0193

VwGH2009/05/019323.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Dr. O B in Sierning, vertreten durch die Anwaltssocietät Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner in 4020 Linz, Harrachstraße 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. April 2009, Zl. MA 64-1142/2009, betreffend Ersatzvornahme nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
BauRallg;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
AVG §68 Abs1;
BauRallg;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. Juni 2009, B 651/09-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG nach Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 22. November 1983 wurden die Eigentümer der Baulichkeit in Wien 10., Buchengasse 128, zu folgenden Leistungen verpflichtet:

"Es ist der der Bewilligung vom 7. April 1977, ..., entsprechende konsensgemäße Zustand des Werkstättengebäudes herzustellen, und zwar:

1. ist die feuerbeständige Untersicht und die feuerbeständige Verkleidung der stählernen Unterzüge anzubringen,

2. sind die feuerhemmenden Lichtkuppeln im vorgeschriebenen Ausmaß gemäß dem Konsensplan einbauen zu lassen,

3. der konsenswidrige Rauchfang im Bereich des Büros an der rechten Grundgrenze ist zu entfernen;

4. der fehlende Verputz der Feuermauer zur Liegenschaft 10, Buchengasse 126, ist anzubringen.

Diese Maßnahmen sind binnen sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides zu beenden."

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 25, hat mit Bescheid vom 12. März 2009 die Durchführung der mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. November 1983 (bestätigt mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 28. März 1984) aufgetragenen Arbeiten in Wien 10., Buchengasse 128, im Wege der Ersatzvornahme angeordnet. Hiezu wurde ausgeführt, dass dieser Verpflichtung nicht nachgekommen worden sei und den Eigentümern der Baulichkeit daher die Durchführung der aufgetragenen Leistung auf ihre Gefahr und Kosten mit Verfahrensanordnung (Androhung der Ersatzvornahme) der MA 64 vom 17. November 1986 angedroht worden sei. Die in dieser Verfahrensanordnung festgesetzte Frist sei verstrichen, ohne dass dieser Verpflichtung nachgekommen worden sei. Die Voraussetzungen für die zwangsweise Durchführung im Wege der Ersatzvornahme seien daher gegeben.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid im Grunde des § 10 Abs. 2 VVG als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit dem rechtskräftigen und vollstreckbaren Titelbescheid aufgetragen worden sei, den konsensgemäßen Zustand des auf der Liegenschaft in Wien 10., Buchengasse 128, befindlichen Werkstättengebäudes herzustellen. Da unbestritten der Auftrag nicht erfüllt worden sei, seien nunmehr die aufgetragenen Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme durchzuführen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft kein Geschäftsbetrieb mehr stattfinde und die Veräußerung der Liegenschaft in absehbarer Zeit vollzogen werde, enthalte keinen der im § 10 Abs. 2 VVG genannten Rechtsgründe, die geeignet wären, die gegen den Beschwerdeführer erlassene und nunmehr von ihm angefochtene Vollstreckungsverfügung aufzuheben. Ein Wechsel in der Person des Eigentümers ab dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Nachfrist vermöge die Stellung als Verpflichteter nicht mehr zu berühren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, "dass die in der Vollstreckungsverfügung vom 12.3.2009 ausgesprochene Ersatzvornahme nicht angeordnet wird, verletzt". Er führt aus, dass die belangte Behörde auf Grund des Vorbringens, wonach der Betrieb im gegenständlichen Gebäude vor fast vier Jahren stillgelegt worden sei, und auf Grund des Umstandes, dass der Behörde aus dem Behördenakt bekannt sei, dass das Gebäude abgebrochen werde, jedenfalls eine neue Befundaufnahme an Ort und Stelle durchführen und sich davon überzeugen hätte müssen, ob dieses Vorbringen richtig sei. Dies insbesondere deshalb, da die der Vollstreckungsverfügung vom 12. März 2009, die durch den nunmehr angefochtenen Bescheid bestätigt worden sei, zu Grunde liegenden Bescheide aus den Jahren 1977 und 1983 viel zu alt seien, um einer Ersatzvornahme zu Grunde gelegt werden zu können. Vor Erlassung der Vollstreckungsverfügung vom 12. März 2009 hätte die Behörde insbesondere auf Grund des Umstandes, dass die zu Grunde liegenden Bescheide mehrere Jahrzehnte alt seien, von Amts wegen ein neues Verfahren mit Befundaufnahme und allfälliger anschließender Bescheiderlassung durchführen müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG kann gegen eine nach dem VVG erlassene Vollstreckungsverfügung eine Berufung u.a. ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist.

Eine nach Erlassung des Titelbescheides eingetretene wesentliche Änderung des Sachverhaltes kann eine Vollstreckung unzulässig machen, wobei Wesentlichkeit in diesem Sinne u.a. dann vorliegt, wenn durch die Änderung des Sachverhaltes der titelmäßige Anspruch erloschen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. November 2008, Zl. 2008/05/0179). Eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes, die eine Vollstreckung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG unzulässig macht, könnte beispielsweise durch eine Erfüllung des Bauauftrages oder durch den Wegfall des öffentlichen Interesses an der Erfüllung des Bauauftrages bewirkt werden. Allein aus dem Umstand, dass die Behörde mit dem Vollzug des Bauauftrages nicht zügig voran schritt, kann aber noch nicht abgeleitet werden, dass keine öffentlichen Interessen an der Erfüllung des Bauauftrages mehr bestünden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2007, Zl. 2006/05/0293).

Der Einwand einer Unzulässigkeit der Vollstreckung nach § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG wegen einer seit Erlassung des Titelbescheides eingetretenen Änderung des Sachverhaltes wäre nur dann beachtlich, wenn diese Änderung wesentlich ist, also bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden dürfte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zl. 2004/05/0226).

Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nicht gegeben, weshalb die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen hat. Das Vorbringen in der Beschwerde beschränkt sich nämlich darauf, dass auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft kein Geschäftsbetrieb mehr stattfinde und eine Veräußerung der Liegenschaft bevorstehe. Die im Titelbescheid enthaltenen Bauaufträge betreffen jedoch ausschließlich bauliche Maßnahmen, die der Herstellung des konsensgemäßen Zustandes des auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers auf Grund des Baubewilligungsbescheides des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 7. April 1977 errichteten Werkstättengebäudes dienen. Gemäß § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Bauwerke in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Ausnahmen - wie die in der Beschwerde angeführten Umstände - sind im Gesetz nicht genannt. Dass die im Titelbescheid beauftragten Maßnahmen erfüllt worden wären, wurde nicht behauptet. Eine Änderung des Sachverhaltes, der die Vollstreckung unzulässig machen würde, wurde daher vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Da gemäß § 10 Abs. 1 VVG auf das Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nur der I. und IV. Teil des AVG anzuwenden ist, war im Beschwerdefall die vom Beschwerdeführer verlangte Durchführung eines Ermittlungsverfahrens nicht erforderlich.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 23. Juli 2009

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