Normen
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art131 Abs2;
NatSchG Krnt 2002 §10 Abs3 litb;
NatSchG Krnt 2002 §10 Abs3;
NatSchG Krnt 2002 §10;
NatSchG Krnt 2002 §54 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §61 Abs3;
NatSchG Krnt 2002 §8 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §8;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art131 Abs2;
NatSchG Krnt 2002 §10 Abs3 litb;
NatSchG Krnt 2002 §10 Abs3;
NatSchG Krnt 2002 §10;
NatSchG Krnt 2002 §54 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §61 Abs3;
NatSchG Krnt 2002 §8 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §8;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei stellte den Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung der "Kleinwasserkraftanlage S" vom 12. März 2008.
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (im Folgenden: BH) die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung unter Erteilung von Auflagen. In der Begründung wurde folgende Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturschutz vom 23. Juni 2008 wiedergegeben:
"Im ggstdl. Fall wird um eine naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Kleinkraftwerkes am Bodenbach angesucht. Vorgesehen ist ein Tirolerwehr mit Krafthaus linksufrig des Bodenbaches auf der Parzelle 426/4, KG W, sowie eine Druckrohrleitung in der Länge von 2800 m. Die Ausbauwassermenge beträgt 0,3 m3/s.
Der Bodenbach wird im Abschnitt 1 und 2 beidufrig von einem Ufergehölzsaum begleitet, in Abschnitt 3 wird er rechts- und linksufrig von einem Schluchtwald flankiert. Abschnitt 4 und 5 werden von einem Ufergehölzbestand in unterschiedlicher Breite begleitet. Naturschutzfachliche bedeutende Biotoptypen befinden sich im Bereich der Trasse der Druckrohrleitung (Trasse wurde ohne Bewilligung schon errichtet). Dazu gehören die Grauerlenau, Kalktuffquellen und Quellfluren, die als Feuchtflächen nach § 8 des Kärntner Naturschutzgesetzes zu bewerten sind. Außerdem sind die Grauerlenau, der Schluchtwald und die Kalktuffquellen als FFH-Lebensraumtypen ausgewiesen.
Im Zuge mehrerer Ortsaugenscheine konnte festgestellt werden, dass durch die Baumaßnahmen zwar eine geringe Beeinträchtigung dieser Lebensräume stattfand, ein wesentlicher Bestand an seltenen, gefährdeten oder geschützten Arten oder Biotoptypen wurde nicht negativ beeinträchtigt. In der näheren Umgebung befinden sich Biotope gleicher Qualität. Dies gilt auch für die Errichtung der restlichen Anlagenteile.
Zum Landschaftsbild ist anzumerken, dass die baulichen Eingriffe lokal begrenzt sind, die Anlagenteile werden dem örtlichen Gebäudetyp angepasst und an kaum einsehbaren Stellen errichtet. Das Landschaftsbild wird somit nicht beeinträchtigt.
Im Projektgebiet ist der ökologische Zustand des Bodenbaches insgesamt als gut zu beurteilen. Durch die geplante zusätzliche Wasserentnahme von 0,3 m3/s wird das Gewässerkontinuum im Bodenbach nicht beeinträchtigt bzw. zum Unterbrechen gebracht.
Aus der Sicht des fachlichen Naturschutzes besteht bei plan- und projektgemäßer Durchführung der Arbeiten und Einhaltung der Auflagen kein Versagensgrund gegen dieses Projekt."
Weiters führte die belangte Behörde begründend aus, zu den Einwendungen des Naturschutzbeirates sei festzuhalten, dass die Stellungnahme des Amtssachverständigen für den fachlichen Naturschutz, welche die Entscheidungsgrundlage für die Bewilligung bilde, als schlüssig und nachvollziehbar angesehen werde. Die Abwägung des überwiegenden öffentlichen Interesses sei nicht vorzunehmen gewesen, da es sich um eine Bewilligung gemäß § 10 Abs. 3 lit. a des K-NatSchG handle. Da laut Stellungnahme des Amtssachverständigen - bei Einhaltung und Erfüllung der vorgeschlagenen Auflagen - durch die Baumaßnahmen lediglich geringe Beeinträchtigungen des betroffenen Lebensraumes stattfänden, kein wesentlicher Bestand an seltenen, gefährdeten oder geschützten Arten oder Biotoptypen negativ beeinträchtigt werde und das Landschaftsbild nicht beeinträchtigt werde, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002, LGBl. Nr. 79/2002, idF LGBl. Nr. 103/2005 (K-NatSchG) ist in Moor- und Sumpfflächen, Schilf- und Rohrrichtbeständen sowie in Au- und Bruchwäldern die Vornahme von Anschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und sonstigen den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen verboten.
Gemäß § 10 Abs. 3 K-NatSchG dürfen Ausnahmen von den Verboten des § 8 bewilligt werden, wenn
a) durch das Vorhaben weder das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst würde noch das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde oder
b) das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Feuchtgebietes vor störenden Eingriffen.
Gemäß § 61 Abs. 3 K-NatSchG darf der Naturschutzbeirat gegen Bescheide, vor deren Erlassung seine Mitglieder nach § 54 Abs. 1 zu hören sind, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG erheben, insoweit diese im Rahmen der Anhörung Einwendungen vorgebracht haben, denen im Bescheid nicht Rechnung getragen wurde.
Nach § 54 Abs. 1 K-NatSchG sind vor Erlassung von Bescheiden, mit denen unter anderem Ausnahmebewilligungen nach § 10 erteilt wurden, die Mitglieder des Naturschutzbeirates zu hören.
Im angefochtenen Bescheid werden unter anderem die §§ 8 und 10 Abs. 3 K-NatSchG 2002 als Rechtsgrundlage genannt. Es handelt sich somit um einen Bescheid, vor dessen Erlassung die Mitglieder des Naturschutzbeirates gemäß § 54 Abs. 1 K-NatSchG 2002 zu hören waren. Im Umfang jener Gründe, die Gegenstand der im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Einwendungen waren und denen im Bescheid nicht Rechnung getragen wurde, ist der Naturschutzbeirat zur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof berechtigt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2005, Zl. 2004/10/0223, mwN).
Im vorliegenden Verwaltungsverfahren hat der Naturschutzbeirat im Rahmen der von ihm erhobenen, detaillierten Einwände sinngemäß unter anderem geltend gemacht, es fehlten konkrete Angaben zum Pflanzenbestand und zum Ausmaß der tatsächlich beeinträchtigten Feuchtflächen. Unter Anderem wurde vorgebracht, durch das - zum Teil bereits ohne Bewilligung ausgeführte - Vorhaben seien Bestände an Cypripedium calceolus, weiteren gänzlich geschützten Orchideenarten, an Cirsium carniolicum sowie der Lebensraum des Alpenbocks beeinträchtigt bzw. zerstört worden bzw. würden bei weiterer Ausführung des Vorhabens zerstört. Hinsichtlich des Landschaftsbildes fehle jeglicher Befund. Nach Auffassung des Naturschutzbeirates liege eine Verunstaltung der Landschaft vor. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes werde im Befund des Amtssachverständigen als unbedeutend bzw. als nicht gegeben dargestellt. Diese Feststellung könne sich nur auf die geplanten Gebäude beziehen, da diese an kaum einsehbarer Stelle errichtet werden sollten. Da der Wanderweg (Steig) häufig isohypsenparallel zu den illegal errichteten Trassenabschnitten verlaufe, werde von Wanderern häufig Beschwerde über die "Verunstaltung der Landschaft" erhoben.
Die Beschwerde überschreitet daher den durch § 61 Abs. 3 iVm § 54 Abs. 1 K-NatSchG gezogenen Rahmen nicht, wenn sie geltend macht, es sei ihren Einwendungen betreffend die wesentliche und nachhaltige Beeinträchtigung des natürlichen und naturnahen Bodenbaches, des Haushaltes der Natur und des Landschaftsbildes nicht Rechnung getragen worden.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, durch das Vorhaben würde weder das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst noch das Gefüge des Haushaltes des Natur im betroffenen Lebensraum oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt (§ 10 Abs. 3 lit. a K-NatSchG 2002).
Dem angefochtenen Bescheid ist jedoch keine dem Gesetz entsprechende Begründung zu entnehmen, die diese Annahmen tragen könnte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass ein auf § 10 Abs. 3 lit. a K-NatSchG bzw. entsprechenden Vorschriften beruhender Bescheid nur dann ordnungsgemäß begründet ist, wenn er Feststellungen darüber enthält, welche seltenen, gefährdeten oder geschützten Tier- oder Pflanzenarten in dem vom Vorhaben betroffenen Lebensraum vorkommen, wobei eine nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen Bezug nehmende, naturwissenschaftliche, auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des konkreten Falles, insbesondere der Auswirkungen des Vorhabens Bedacht nehmende Begründung erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2005, Zl. 2004/10/0223).
Entsprechende Feststellungen fehlen jedoch zur Gänze, obwohl der Naturschutzbeirat auf das Vorliegen von Versagungsgründen abzielende Behauptungen aufgestellt hat.
Ebenso wenig hat die belangte Behörde Feststellungen getroffen, auf Grund derer im Sinne des § 10 Abs. 3 lit. a K-NatSchG beurteilt werden könnte, dass durch das Vorhaben weder das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst würde noch das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in landschaftsbildlicher Hinsicht die Auffassung, dass erst eine auf hinreichenden Ermittlungsergebnissen - auf sachverständiger Basis - beruhende, großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenartigen Erscheinungen der Landschaft es erlaube, aus der Vielzahl jene Elemente herauszufinden, die der Landschaft ihr Gepräge geben und daher von einer Beeinträchtigung bewahrt werden müssen. Für die Lösung der Frage, ob das solcherart ermittelte Bild der Landschaft durch das beantragte Vorhaben nachteilig beeinflusst wird, ist dann entscheidend, wie sich dieses Vorhaben in das vorgefundene Bild einfügt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juli 2007, Zl. 2006/10/0061, 13. Oktober 2004, Zl. 2001/10/0252, Slg. Nr. 16.469/A und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur).
Indem die belangte Behörde, ohne die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, annahm, das dem Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei zu Grunde liegende Vorhaben erfülle die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von den Verboten des § 8 K-NatSchG, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zu einem im Ergebnis anderen Bescheid gelangt wäre. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Im Hinblick auf die Erledigung in der Hauptsache erübrigt sich eine abgesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 19. Mai 2009
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