VwGH 2007/07/0105

VwGH2007/07/010517.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des Ing. E H in T, vertreten durch Suppan & Spiegl Rechtsanwälte GmbH, in 1160 Wien, Konstantingasse 6-8/9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Jänner 2007, Zl. UVS- 06/22/8063/2005-13, betreffend Übertretung des AWG 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AWG 2002 §52 Abs1;
AWG 2002 §79 Abs1 Z12;
VStG §27 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AWG 2002 §52 Abs1;
AWG 2002 §79 Abs1 Z12;
VStG §27 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 16. September 2005 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der A-GmbH mit Sitz in T zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 1. August 2005 um 12.05 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien im Bereich der Lieferbeton-Mischanlage eine mobile Behandlungsanlage (Brechanlage für mineralische Baurestmassen) ohne erforderliche Genehmigung nach § 52 Abs. 1 des AWG 2002 gewerbsmäßig betrieben habe, weil Betonbruchmaterial von einer näher genannten Baustelle in die Anlage eingebracht und gebrochen worden sei. Er habe dadurch die Bestimmungen des § 79 Abs. 1 Z. 12 i.V.m. § 52 Abs. 1 AWG 2002 i. V.m. § 9 VStG verletzt. Wegen dieser Übertretung wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 15.465.- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Woche, 4 Tage und 5 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 2007 wurde der Berufung in der Schuldfrage keine, in der Straffrage jedoch insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf EUR 7.000.-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wurden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung derselben mit Beschluss vom 11. Juni 2007, Zl. B 500/07, ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

In der Beschwerdeergänzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer u.a. die Unzuständigkeit der Behörden erster und zweiter Instanz geltend, weil der Tatort dort liege, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies sei bei einem Unternehmen, welchem zur Last gelegt werde, eine mobile Behandlungsanlage ohne Bewilligung betrieben zu haben, im Zweifel der Unternehmenssitz.

Der Unternehmenssitz sei zur vermeintlichen Tatzeit im Bezirk T gelegen, weshalb im vorliegenden Fall weder die erstinstanzliche noch die zweitinstanzliche Behörde für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens und zur Erlassung des Straferkenntnisses bzw. des Berufungsbescheides örtlich zuständig gewesen sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 79 Abs. 1 Z. 12 AWG 2002 begeht derjenige, der eine mobile Behandlungsanlage ohne erforderliche Genehmigung nach § 52 Abs. 1 oder entgegen 53 Abs. 1 betreibt, - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 EUR bis

36.340 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von

3.630 EUR bedroht.

Gemäß § 52 Abs. 1 AWG 2002 ist eine mobile Behandlungsanlage, die in einer Verordnung gemäß § 65 Abs. 3 genannt ist, oder eine wesentliche Änderung einer solchen mobilen Behandlungsanlage von der Behörde zu genehmigen.

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein. Auf das betreffende Tatbild ist hiebei stets Bedacht zu nehmen. Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde das unter Strafe gestellte Verhalten dem Beschwerdeführer als handelrechtlichem Geschäftsführer einer näher genannten GmbH zur Last gelegt. Der Tatort liegt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies ist bei einem handelsrechtlichen Geschäftsführer, welchem zur Last gelegt wird, dass von dieser GmbH auf einer näher genannten Baustelle in Wien eine mobile Behandlungsanlage im Sinne des § 52 AWG 2002 ohne die erforderliche Genehmigung gewerbsmäßig betrieben zu haben, grundsätzlich der Sitz des Unternehmens (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1998, Zl. 97/07/0137, m.w.N. zu einer Übertretung nach § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG 1990).

Die Nichtbeachtung der Zuständigkeitsnormen, die eine Behörde erster Instanz als unzuständig erscheinen lassen, durch die Behörde zweiter Instanz, die über das Rechtsmittel jedenfalls zu entscheiden hatte, ist formell gesehen eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes; materiell gesehen handelt es sich um eine Zuständigkeitsfrage (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 571 widergegebene hg. Judikatur).

Da die belangte Behörde - wie in der Beschwerde zutreffend gerügt wird - die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz nicht beachtete, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, weshalb es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. September 2009

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