VwGH 2007/03/0172

VwGH2007/03/017229.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des Landesgerichtes Klagenfurt vom 1. Oktober 2007, Zl 20 Cg 189/06f, auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 30. Juni 2005, Zl 6515/50/2000-02, betreffend Vorschreibung von Schutzmaßnahmen zur Wildschadensverhütung nach dem Kärntner Jagdgesetz 2000 (weitere Parteien des Verfahrens gemäß § 64 VwGG: 1. Kärntner Landesregierung, 9021 Klagenfurt, Arnulfplatz 1, 2. Mag. A D in W, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50-54, 3. Land Kärnten, vertreten durch den Landeshauptmann, dieser vertreten durch Dr. Lanker und Partner Rechtsanwälte KEG in 9020 Klagenfurt, Waagplatz 6), zu Recht erkannt:

Normen

AHG 1949;
JagdG Krnt 2000 §71 Abs2;
JagdG Krnt 2000 §71 Abs3;
JagdRallg;
VwGG §65;
AHG 1949;
JagdG Krnt 2000 §71 Abs2;
JagdG Krnt 2000 §71 Abs3;
JagdRallg;
VwGG §65;

 

Spruch:

Gemäß § 67 VwGG wird festgestellt, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 30. Juni 2005, Zl 6515/50/2000-02, gemäß Art 131 Abs 2 B-VG in Verbindung mit § 11 Abs 1 AHG rechtswidrig war.

Begründung

Beim Landesgericht Klagenfurt ist zu Zl 20 Cg 189/06f ein Rechtsstreit zwischen Mag. A D als klagender und dem Land Kärnten als beklagter Partei anhängig, in dem der Kläger aus dem Titel der Amtshaftung die Bezahlung eines Betrages von EUR 3.010,84 sA begehrt. Dem Kläger sei mit dem auf § 71 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 (K-JG) gestützten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan (BH SV) vom 30. Juni 2005 aufgetragen worden, eine 3 ha große Fläche seines Jagdgebiets bis spätestens Ende August 2005 rotwildsicher zu zäunen. Auf Grund der Berufung des Klägers sei dieser Bescheid von der Kärntner Landesregierung als Berufungsbehörde mit Bescheid vom 18. Mai 2006 ersatzlos behoben worden. Auf Grund des erstinstanzlichen Bescheids sei dem Kläger ein Schaden in der Höhe der Verfahrenskosten entstanden.

Das Landesgericht Klagenfurt hat das zivilgerichtliche Verfahren unterbrochen und beim Verwaltungsgerichtshof gemäß § 11 Abs 1 AHG in Verbindung mit § 65 VwGG die Feststellung der Rechtswidrigkeit des oben angeführten Bescheides der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die belangte Behörde zur Aktenvorlage aufgefordert und den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 64 VwGG) die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Beschwerde eingeräumt. Die Kärntner Landesregierung hat erklärt, gemäß § 22 VwGG an Stelle der BH SV als belangte Behörde in das Beschwerdeverfahren einzutreten, darauf verwiesen, dass sich die Verwaltungsakten beim antragstellenden Gericht befänden (dieses hat Kopien der Verwaltungsakten vorgelegt) und - auf das Wesentliche zusammengefasst - vorgebracht, dass sich die BH SV "jedenfalls im Rahmen einer denkmöglichen Gesetzesanwendung bzw -auslegung bewegt" habe und der Bescheid in erster Linie aus verfahrensrechtlichen Gründen behoben worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Antrag des Zivilgerichtes gemäß § 11 AHG als Beschwerde im Sinne des Art 131 Abs 2 B-VG aufzufassen. Im Falle der Stattgebung des Antrages hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit des Bescheides festzustellen, andernfalls ist der Antrag abzuweisen. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu Grunde zu legen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 16. September 2008, Zl 2007/11/0224, mwN).

Der Umstand, dass auf Grund der Berufung des Klägers der Bescheid der BH SV behoben wurde, ändert nichts daran, dass Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Rechtmäßigkeit des Bescheids der BH SV vom 30. Juni 2005 ist. Die Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 11 AHG in Verbindung mit § 67 VwGG setzt nicht voraus, dass der vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfende Bescheid weiterhin dem Rechtsbestand angehört (vgl das hg Erkenntnis vom 22. April 2008, Zl 2008/11/0043).

Während im Verfahren nach § 65 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des zur Grundlage des Antrags gemachten Bescheides zu prüfen ist, obliegt die Prüfung (im Fall der Rechtswidrigkeit des Bescheides), ob die beanstandete Entscheidung des Organs auf einer vertretbaren Rechtsauffassung, somit auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung beruhte, dem Amtshaftungsgericht (vgl das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 17. Oktober 1995, 1 Ob 8/95).

2. Das dem Amtshaftungsverfahren zu Grunde liegende Verwaltungsgeschehen lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Mit Spruchpunkt II. des Bescheids der BH SV vom 30. Juni 2005 wurde dem Kläger als Jagdausübungsberechtigten einer näher bezeichneten Eigenjagd aufgetragen, eine durch Verweis auf einen Plan bezeichnete ca 3 ha große Fläche seines Jagdgebietes bis spätestens Ende August 2005 "rotwildsicher zu zäunen"; mit Spruchpunkt I. war dem Jagdausübungsberechtigten einer angrenzenden Eigenjagd die Entfernung einer näher bezeichneten ("an der Zhütte angebrachten") Fütterung aufgetragen worden.

Begründend führte die BH SV im Wesentlichen - nach einer Wiedergabe der Bestimmungen des § 71 K-JG - Folgendes aus: Im Zuge forstlicher Erhebungen im Juni 2004 seien "starke Schälschäden an Zirben und Fegeschäden an Zirben und Lärchen" auf einer bestimmten Parzelle innerhalb des Jagdgebietes festgestellt worden. Die Schälfläche befände sich innerhalb einer im Waldentwicklungsplan mit der Wertziffer 312 ausgewiesenen Teilfläche. Demnach sei die Leitfunktion die Schutzfunktion, zusätzlich sei erhöhte Erholungsfunktion gegeben. Am 8. Juli 2004 sei eine Schälschadensaufnahme auf der genannten Parzelle nach den Richtlinien zur Beurteilung der flächenhaften Gefährdung des forstlichen Bewuchses durch jagdbare Tiere durchgeführt worden. Diese habe (auf der 1 ha großen Probefläche) ergeben, dass 16 % der Stämme frisch geschädigt, 54 % der Stämme alt geschädigt und 30 % der Stämme gesund seien. Im Umkreis der Schadfläche befände sich eine weitere, ca 2 ha große, durch starke Schäl- und Fegeschäden gekennzeichnete Waldfläche, sowie weitere schälgefährdete Bestände. Die nunmehrige Schadfläche sei in den Jahren 1976 bis 1990 Teil eines Förderungsprojektes gewesen, wobei umfangreiche ergänzende Hochlagenaufforstungen - zu 90 % durch öffentliche Gelder finanziert - durchgeführt worden seien.

Die Schadflächen stünden "im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit der Z-Fütterung, welche mit Saftfutter betrieben wurde". Rotwild stehe nämlich bevorzugt in dichten Kulturflächen ein, suche von dort aus die Fütterungen auf und kehre nach erfolgter Äsungsaufnahme dorthin wieder zurück. Baumrinde entspreche nach seinen Futterbestandteilen in etwa gutem bis mittlerem Heu, weshalb Rinde nicht nur "Notnahrung" sei, sondern recht gerne angenommen werden. Saftfutter führe bei Rotwild zur Pansenübersäuerung, weshalb Raufutter, eben auch Rinde, zur Abpufferung aufgenommen werde.

Es liege eine flächenhafte Gefährdung des Bewuchses durch Schälschäden vor, weil durch jagdbare Tiere auf einer Fläche von mehr als 0,2 ha Schälschäden in einem solchen Ausmaß verursacht worden seien, dass die gegenwärtige Überschirmung durch ungeschälte Stämme 8/10 der vor Schadenseintritt vorhandenen Überschirmung nicht erreiche. Somit seien die Kriterien für die Beurteilung als flächenhafte Gefährdung des forstlichen Bewuchses durch jagdbare Tiere gemäß § 16 Abs 5 Forstgesetz 1975 (FG) gegeben und damit auch die Voraussetzungen des § 71 K-JG erfüllt. Auf Grund der bestehenden Schälbelastung werde die unverzügliche Zäunung des Schadensgebietes aus forstfachlicher Sicht als besonders vordringlich eingestuft, damit die Zielsetzungen des durch die öffentliche Hand mit 90 % geförderten Hochlagenaufforstungsprojektes überhaupt erreichbar blieben.

Dem Kläger sei zu den geplanten Maßnahmen rechtliches Gehör gewährt worden; er habe dazu das Gutachten eines von ihm bestellten Sachverständigen vorgelegt, das zum Ergebnis komme, eine flächenhafte Gefährdung des Bewuchses durch jagdbare Tiere liege nicht vor. Auf Grund der großen Divergenz der Ergebnisse der Bezirksforstinspektion (BFI) zu jenen des Privatsachverständigen sei dessen Aufnahme einer genauen Analyse unterzogen worden und seien eine zusätzliche Begehung des Schadensgebietes und ergänzende punktuelle Aufnahmen durchgeführt worden. Auf Grund dessen habe die BFI eine Stellungnahme zum Gutachten des Privatsachverständigen abgegeben, die - was näher ausgeführt wurde - zum Ergebnis komme, es liege eine Gesamtüberschirmung durch ungeschälte Stämme bezogen auf die vor Schadenseintritt vorhandene Überschirmung von 74,41 % vor; eine flächenhafte Gefährdung des forstlichen Bewuchses durch jagdbare Tiere sei daher entgegen der Auffassung des Klägers gegeben.

Auch der Jagsausübungsberechtigte der Eigenjagd S, dem (mit Spruchpunkt I.) aufgetragen worden sei, die in seinem Jagdgebiet an der Zhütte angebrachten Fütterungsraufen und Fütterungströge bis Ende August 2005 zu entfernen, habe eine Stellungnahme abgegeben, deren Inhalt aber, was die BH SV näher ausführte, unzutreffend sei.

Diesem Jagdausübungsberechtigten werde "dringend angeraten, im Eigeninteresse den Abschuss im Revier "S" in den Folgejahren wesentlich zu erhöhen, um eine Reduktion des Rotwildes auf eine akzeptable, dem Habitat angepasste Dichte zu erreichen und damit weiteren flächigen Schadensereignissen durch Schälen oder Wildverbiss aktiv entgegen zu wirken". Es wurde weiters darauf hingewiesen, dass zusätzliche mögliche Maßnahmen der Jagdbehörde zur Wildstandsreduktion bestünden, nämlich die Erteilung von (auch vorzeitigen) Abschussaufträgen und gegebenenfalls auch die Ersatzvornahme durch Dritte auf Kosten des Jagdausübungsberechtigten. Solche Maßnahmen stellten jedoch einen sehr vehementen Eingriff in das Jagdrecht dar, und würden daher nur als letzte Konsequenz ergriffen.

Abschließend werde "festgehalten, dass mit den vorgeschlagenen Maßnahmen zur Abstellung der Gefährdung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel Bedacht genommen wurde, indem die gelindesten zielführenden Mittel zur Abstellung der Gefährdung gewählt" worden seien. "Gelindere Mittel, wie Austreiben, Verstinken usw" führten lediglich "zu einer Problemverlagerung in andere Waldteile oder Reviere" und seien daher nicht zielführend.

Auf Grund der Berufungen des Klägers und des Jagdausübungsberechtigten der Eigenjagd S wurde der Bescheid der BH SV vom 30. Juni 2005 mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 18. Mai 2006 gemäß § 66 Abs 4 AVG ersatzlos behoben.

3. § 71 des Kärntner Jagdgesetzes 2000, LGBl Nr 21/2000 (K-JG), lautet auszugsweise wie folgt:

"Wild- und Jagdschaden

§ 71 Wildschadensverhütung

(1) Sofern nicht anderes vereinbart ist, sind der Grundeigentümer und auch der Jagdausübungsberechtigte befugt, das Wild von den Kulturen durch geeignete Schutzmaßnahmen abzuhalten und zu diesem Zweck Wildscheuchen, Wildzäune u. ä. zu errichten (Flächenschutz) oder einen Einzelpflanzenschutz durch geeignete Schutzmittel durchzuführen. Die Verwendung freilaufender Hunde zur Abhaltung des Wildes ist jedoch untersagt. Die Bestimmungen des § 63 werden hiedurch nicht berührt.

(2) Liegt eine Gefährdung des Waldes durch Wild vor (Abs 3), so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Jagdausübungsberechtigten von Jagdgebieten, die zum Einzugsbereich des den Wildschaden hauptsächlich verursachenden Wildes gehören, die erforderlichen Maßnahmen (Abs 4) vorzuschreiben. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel zu wahren, insbesondere das jeweils gelindeste zielführende Mittel zu wählen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke nicht unmöglich gemacht wird.

(2a) Dem Leiter der nach der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung mit den Angelegenheiten des Forstaufsichtsdienstes betrauten Abteilung kommt gemäß § 16 Abs 5 des Forstgesetzes 1975, in der Fassung des Gesetzes BGBl Nr 576/1987, als Leiter des Forstaufsichtsdienstes beim Amt der Landesregierung das Antragsrecht auf Einleitung der landesgesetzlich vorgesehenen Verfahren zum Schutz des Waldes gegen waldgefährdende Wildschäden, insbesondere auf Einleitung eines Verfahrens nach Abs 2, und Parteistellung zu.

(3) Eine Gefährdung des Waldes im Sinne des Abs 2 liegt vor, wenn die Einwirkungen des Wildes durch Verbiß, Verfegen oder Schälen

a) in den Beständen ausgedehnte Blößen verursachen oder auf größerer Fläche die gesunde Bestandesentwicklung unmöglich machen oder wesentlich verschlechtern oder eine standortgemäße Baumartenmischung (Abs 3) gefährden;

b) die Aufforstung oder Naturverjüngung auf aufforstungsbedürftigen Flächen innerhalb der aus den forstrechtlichen Bestimmungen sich ergebenden Fristen oder die Aufforstung bei Neubewaldungen innerhalb einer nach den standortlichen Gegebenheiten angemessenen Frist gefährden;

c) Naturverjüngungen in Naturverjüngungsbeständen nicht aufkommen lassen.

(3a) Eine standortgemäße Baumartenmischung ist jedenfalls gefährdet, wenn auf größeren Flächen sich die im Umkreis vorhandene Baumartenmischung nicht mehr entwickeln oder überhaupt nicht mehr aufkommen kann.

(4) Als Schutzmaßnahmen im Sinne des Abs 2 kommen in Betracht:

a) die Austreibung des zu Schaden gehenden Wildes aus dem Schadensgebiet;

  1. b) Maßnahmen nach § 72;
  2. c) Maßnahmen der Äsungsverbesserung und Reviergestaltung nach § 3 Abs 3, Maßnahmen nach § 61 Abs 1, 2, 4 und 11, wobei Maßnahmen nach § 61 Abs 2 und 11 von der Landesregierung zu treffen sind;

    d) technische Maßnahmen zum Schutz von Waldflächen oder Einzelpflanzungen vor Wildeinwirkungen, wie die Anbringung eines geeigneten Verbiß- oder Schälschutzes oder die Errichtung von Wildzäunen u. ä.

    ...

(6) Die vom Jagdausübungsberechtigten zur Abhaltung des Wildes getroffenen Vorkehrungen ( Abs 1) müssen so beschaffen sein, daß die Bewirtschaftung und Benutzung der Grundstücke durch den Grundeigentümer nicht unnötig und unzumutbar behindert wird. "

§ 16 Abs 5 des Forstgesetzes 1975 (FG) lautet:

"(5) (Verfassungsbestimmung) Wurde eine durch jagdbare Tiere verursachte flächenhafte Gefährdung des Bewuchses festgestellt, so sind durch das zuständige Organ des Forstaufsichtsdienstes ein Gutachten über Ursachen, Art und Ausmaß der Gefährdung und Vorschläge zur Abstellung der Gefährdung an die Jagdbehörde und an den Leiter des Forstaufsichtsdienstes beim Amt der Landesregierung zu erstatten. Diesem kommt in den landesgesetzlich vorgesehenen Verfahren zum Schutz des Waldes gegen waldgefährdende Wildschäden Antragsrecht und Parteistellung zu."

4. Voraussetzung für die Vorschreibung von Schutzmaßnahmen durch die Bezirksverwaltungsbehörde ist das Vorliegen einer - in § 71 Abs 3 K-JG näher umschriebenen - "Gefährdung des Waldes durch Wild". Abgesehen davon, dass die vorgeschriebene Maßnahme "erforderlich" sein muss, normiert § 71 Abs 2 K-JG ausdrücklich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel, wobei insbesondere das jeweils gelindeste zielführende Mittel zu wählen und darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Gründstücke nicht unmöglich gemacht wird.

Unabhängig davon, ob die BH SV im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides davon ausgehen konnte, es liege eine Gefährdung des Waldes durch Wild vor, hat sie den Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet, weil er den sich aus § 71 Abs 2 K-JG ergebenden Begründungsanforderungen nicht gerecht wird. Dafür wäre darzulegen gewesen, warum gerade die aufgetragene Maßnahme erforderlich ist, um weitere Schäden hintanzuhalten, warum also gelindere (weniger eingriffsintensive) Mittel nicht zielführend seien:

Die BH SV hat sich insofern mit der Behauptung begenügt, gelindere Mittel wie "Austreiben und Verstinkung" führten lediglich zu einer "Problemverlagerung" in andere Revierteile. Dies ist aber schon angesichts des Umstands nicht nachvollziehbar, dass evidentermaßen auch die Einzäunung eines Waldstücks zu einer "Problemverlagerung" insofern führt, als das schadenstiftende Wild den bisher geschädigten Bereich nicht mehr aufsuchen kann, sich also in andere Bereiche zurückziehen muss.

Hinzu tritt Folgendes: Mit dem Bescheid der BH SV vom 30. Juni 2005 wurde einerseits dem Jagdausübungsberechtigten der Eigenjagd S die Entfernung der an der Zhütte angebrachten Fütterungsraufen und -tröge aufgetragen (Spruchpunkt I.), andererseits dem Kläger die Errichtung der erwähnten Einzäunung (Spruchpunkt II.). In der Begründung des Bescheides geht die BH SV davon aus, dass die Schadflächen "im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang" mit der Z-Fütterung, welche mit Saftfutter betrieben würde, stünden. Offen bleibt dabei allerdings, ob nicht schon durch den - mit Spruchpunkt I. ohnehin erteilten -Auftrag zur Auflassung der genannten Fütterung (auch dabei handelt es sich um eine Schutzmaßnahme im Sinne des § 71 Abs 4 K-JG) der angestrebte Zweck der Verhinderung von waldgefährdenden Wildschäden erreicht werden kann, bestand doch nach den Annahmen der BH SV ein Zusammenhang zwischen der genannten Fütterung und den Wildschäden.

5. Da bereits auf Grund dieser Überlegungen die Rechtswidrigkeit des in Prüfung gezogenen Bescheides gemäß § 67 VwGG in Verbindung mit § 11 Abs 1 AHG festzustellen war, erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit den weiteren im Verwaltungsverfahren aufgeworfenen Fragen (ausreichende Bestimmtheit des Bescheides, Vorhandensein waldgefährdender Wildschäden).

Wien, am 29. Oktober 2009

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