VwGH 2005/04/0104

VwGH2005/04/010418.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der N & C P B GmbH in W, vertreten durch Baier Lambert Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Kärntner Ring 12, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 31. März 2005, Zl. 611.091/0001- BKS/2005, betreffend Zulassung zur Veranstaltung von Hörfunk (mitbeteiligte Partei: W GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Gerald Kopp, Dr. Michael Wittek-Jochums, Dr. Andreas Braunbruck und Dr. Quintus Mautner Markhof, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Moosstraße 58C), zu Recht erkannt:

Normen

PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 18. Juni 2001 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 3 Abs. 1 und 2 iVm §§ 5 und 6 Privatradiogesetz (PrR-G) die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet "Stadt Salzburg 106,2 MHz" für die Dauer von zehn Jahren, beginnend ab 20. Juni 2001, erteilt. Die dagegen u.a. von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 2002 als unbegründet abgewiesen. Zur weiteren Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zlen. 2003/04/0013, 0014, verwiesen, mit dem der Bescheid vom 25. Juni 2002 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben wurde. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, dass der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms bei der Auswahlentscheidung nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, weil der Gesellschaftsvertrag der mitbeteiligten Partei im Zeitpunkt der Antragstellung nicht dem § 7 Abs. 4 dritter Satz (richtig: vierter Satz) PrR-G entsprochen habe. Nach dieser Bestimmung war die Übertragung der Kapitalanteile von Hörfunkveranstaltern an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheid vom 31. März 2005 bestätigte die belangte Behörde neuerlich die erstinstanzliche Zulassung der mitbeteiligten Partei zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms im Versorgungsgebiet "Stadt Salzburg 106,2 MHz" und wies neuerlich die Berufung der beschwerdeführenden Partei ab.

Zur Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf die geänderte Rechtslage, da mit der Novelle zum PrR-G, BGBl. I Nr. 169/2004, der genannte vierte Satz des § 7 Abs. 4 PrR-G entfallen sei. In diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde die Übergangsbestimmung des § 32 Abs. 4 PrR-G in der Fassung der genannten Novelle zu beachten, wonach § 7 Abs. 4 vierter Satz PrR-G auch in jenen Berufungsverfahren nicht mehr anzuwenden sei, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2004 - somit im Zeitpunkt 1. August 2004 - beim Bundeskommunikationssenat anhängig gewesen seien. Diese Voraussetzung treffe im gegenständlichen Fall zu, weil auf Grund des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes, Zlen. 2003/04/0013, 0014, dem gemäß § 42 Abs. 3 VwGG ex-tunc-Wirkung zukomme, davon auszugehen sei, dass das Verfahren beim Bundeskommunikationssenat zum maßgebenden Zeitpunkt 1. August 2004 anhängig gewesen sei. Da somit § 7 Abs. 4 vierter Satz PrR-G im gegenständlichen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei, stehe diese Bestimmung der Zulassung der mitbeteiligten Partei zur Veranstaltung von Hörfunk nicht mehr entgegen.

Danach begründete die belangte Behörde die Auswahlentscheidung zu Gunsten der mitbeteiligten Partei anhand der Auswahlkriterien des § 6 PrR-G. Im gegenständlichen Fall sei der mitbeteiligten Partei gegenüber der beschwerdeführenden Partei der Vorzug im gegenständlichen Versorgungsgebiet zu geben, weil, wie schon die Erstbehörde festgehalten habe, dass das Programm der Mitbeteiligten einen höheren Anteil an regionaler und lokaler Information und auch die übrigen Hörfunksendungen einen stärkeren Lokalbezug hätten. Das Programmschema der Mitbeteiligten beinhalte nicht nur regelmäßige Nachrichtensendungen mit lokalen Informationen, sondern "morgens, mittags und am späten Nachmittag auch längere Sendeflächen zur Lokalberichterstattung". Zwar sehe auch das Konzept der beschwerdeführenden Partei Lokalnachrichten, lokale Verkehrs- und Wetterberichte bzw. Veranstaltungsberichte aus Salzburg vor, darüber hinaus aber keine besonderen Lokalsendungen. Für die mitbeteiligte Partei spreche weiters das in § 6 Abs. 1 PrR-G genannte Kriterium der Eigengestaltung der Beiträge. Soweit auch die beschwerdeführende Partei darauf hinweise, dass 100 % ihrer Beiträge eigengestaltet seien, so sei zu berücksichtigen, dass die eigengestalteten Beiträge der beschwerdeführenden Partei zur Aussendung in mehreren ihr zugeordneten Versorgungsgebieten verwendet würden. Nach Ansicht der belangten Behörde komme daher den eigengestalteten Beiträgen der mitbeteiligten Partei ein höheres Gewicht zu. Zusammenfassend sei demnach der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Grund der gesetzlichen Kriterien "Lokalbezug" und "Eigengestaltung" besser zu bewerten als der Antrag der beschwerdeführenden Partei. "Nur ergänzend" sei darauf hingewiesen, dass die mitbeteiligte Partei außerdem seit dem Jahr 1998 im Versorgungsgebiet durchgängig "auf Sendung" sei und damit im Sinne des § 6 Abs. 2 PrR-G einen länger dauernden und daher erprobten Sendebetrieb aufweisen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet hat. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 6. Juni 2006, B 543/05-8, die Behandlung einer bei ihm eingebrachten Parallelbeschwerde abgelehnt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Einbeziehung der mitbeteiligten Partei in das Auswahlverfahren:

Die Beschwerde wendet zunächst ein, die belangte Behörde hätte unter Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis Zlen. 2003/04/0013, 0014 gemäß § 63 VwGG davon ausgehen müssen, dass die mitbeteiligte Partei im Hinblick auf den nicht dem § 7 Abs. 4 PrR-G entsprechenden Gesellschaftsvertrag in das Auswahlverfahren nicht hätte einbezogen und ihr daher die Zulassung nicht hätte erteilt werden dürfen. Damit lässt die beschwerdeführende Partei allerdings außer Acht, dass eine Bindung der belangten Behörde an die im zitierten Erkenntnis dargelegte Rechtsansicht wegen der Änderung der maßgebenden Rechtslage nicht mehr bestand (vgl. Mayer, B-VG, 4. Auflage, III. zu § 63 VwGG und die dort referierte Judikatur):

Die Übertragung von Kapitalanteilen war zwar gemäß dem vierten Satz des § 7 Abs. 4 PrR-G, BGBl. I Nr. 20/2001, an die Zustimmung der Gesellschaft (bzw. gemäß BGBl. I Nr. 97/2004 an die Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss) gebunden. Mit dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 169/2004 am 1. Jänner 2005 entfiel aber dieser vierte Satz des § 7 Abs. 4 PrR-G.

Richtig ist zwar, dass nach dem Erkenntnis Zlen. 2003/04/0013, 0014 bei der Beurteilung, ob der Gesellschaftsvertrag den Bestimmungen des PrR-G entsprach, auf den Zeitpunkt der Einbringung des Antrages abzustellen ist. Zutreffend verweist die belangte Behörde aber auf die durch die Übergangsbestimmung des § 32 Abs. 4 PrR-G in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 169/2004 geschaffene lex specialis, die auszugsweise lautet:

"(4) Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2004 beim Bundeskommunikationssenat anhängige Berufungsverfahren sind nach den Bestimmungen des Privatradiogesetzes, BGBl. I Nr. 20/2001, mit Ausnahme des § 7 Abs. 4 vierter Satz und des § 13 Abs. 1 Z 3, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 136/2001 zu behandeln. ..."

Der nach dieser Übergangsbestimmung maßgebende Zeitpunkt (Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 97/2004) war der 1. August 2004 (§ 33 Abs. 4 PrR-G). Durch das zitierte Erkenntnis vom 15. September 2004, Zlen. 2003/04/0013, 0014, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 2002 - rückwirkend auf den Zeitpunkt seiner Erlassung - aufgehoben. Die belangte Behörde hatte daher bei Erlassung des nunmehr angefochtenen Ersatzbescheides die Rechtslage so zu beurteilen, als wäre der Bescheid vom 25. Juni 2002 nie erlassen worden (vgl. Mayer, aaO, VII.2. zu § 42 VwGG), sodass das gegenständliche Berufungsverfahren zum maßgebenden Zeitpunkt 1. August 2004 bei der belangten Behörde anhängig war.

Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass die belangte Behörde gemäß § 32 Abs. 4 PrR-G in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 169/2004 zutreffend davon ausgegangen ist, dass dem in Rede stehenden vierten Satz des § 7 Abs. 4 PrR-G im gegenständlichen Verfahren keine Bedeutung mehr zukommt und die mitbeteiligte Partei daher in das Auswahlverfahren einzubeziehen war.

2. Zur Auswahlentscheidung:

Die Frage der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung ist gegenständlich anhand der Kriterien des § 6 Abs. 1 und 2 PrR-G zu prüfen.

Gemäß § 6 Abs. 1 PrR-G hat die Behörde bei mehreren Antragstellern jenem den Vorrang einzuräumen, bei dem die Zielsetzungen dieses Gesetzes am Besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist (Z. 1) und von dem zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist, wobei auch auf die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung abzustellen ist (Z. 2). Gemäß § 6 Abs. 2 PrR-G ist auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat und inwieweit sich daraus eine verlässlichere Prognose für die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung ableiten lässt.

Im Hinblick auf die Auswahlentscheidung legt § 6 PrR-G den Beurteilungsspielraum der die Zulassung vergebenden Behörde durch die Vorgabe von Auswahlkriterien fest, die das Ermessen der Behörde determinieren; vorgegeben ist ein variables Beurteilungsschema, das eine Quantifizierung und einen Vergleich der einzelnen Bewerber im Hinblick auf die Zielsetzung zulässt, einen leistungsfähigen und in seinem Bestand kontinuierlichen Privatradiobetrieb sicherzustellen, der Gewähr für größtmögliche Meinungsvielfalt, eines der wesentlichsten Ziele des Privatrundfunkrechtes bietet (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2006/04/0013, mwN).

Vor dem Hintergrund der bereits oben wiedergegebenen Erwägungen der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde diesen Ermessensspielraum überschritten hätte. Die belangte Behörde begründet nämlich die Auswahlentscheidung zu Gunsten der mitbeteiligten Partei im Wesentlichen damit, dass deren Programm sowohl hinsichtlich des Lokalbezuges als auch hinsichtlich der Eigengestaltung besser zu bewerten sei als jenes der beschwerdeführenden Partei. Den diesbezüglichen Einwänden der Beschwerde ist Folgendes zu entgegnen:

Wenn die Beschwerde zum Kriterium "Lokalbezug" vorbringt, die Begründung der belangten Behörde bestehe lediglich aus "Leerformeln", so übergeht sie die Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Demnach sehe das Programm der mitbeteiligten Partei nicht nur regelmäßige Nachrichtensendungen mit lokalen Informationen, sondern vor allem auch "morgens, mittags und am späten Nachmittag auch längere Sendeflächen zur Lokalberichterstattung" vor. Laut erstinstanzlichem Bescheid (Seite 7), auf den die belangte Behörde verweist, seien regionale und lokale Informationen Schwerpunkte im Informationsbereich der mitbeteiligten Partei, wobei zu jeder halben Stunde eine lokale Berichterstattung vorgesehen sei. Aus der Beschwerde ist nicht erkennbar, dass auch das Programm der beschwerdeführenden Partei ein derartiges Ausmaß an Lokalbezug beinhalte.

Gegen die bessere Bewertung der mitbeteiligten Partei nach dem Kriterium "Meinungsvielfalt" bringt die beschwerdeführende Partei lediglich vor, dass der Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei in einem wirtschaftlichen Naheverhältnis zu einem anderen Hörfunkveranstalter (Krone Hit Radio) stehe, sodass nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei "im Zweifel davon auszugehen" sei, dass das Kriterium der Meinungsvielfalt zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei spreche. Dem ist zu entgegnen, dass das Gesetz eine solche Zweifelsregel nicht vorsieht und aus den von der beschwerdeführenden Partei angeführten Umständen (der Geschäftsführer der Mitbeteiligten leite auch den Werbeverkauf eines anderen Hörfunkveranstalters und sei auf dessen Werbefolder abgebildet gewesen) noch nicht abgeleitet werden kann, dass diese eine Einschränkung der Meinungsvielfalt bewirkten.

Was schließlich das Auswahlkriterium des § 6 Abs. 1 Z. 2 PrR-G (Umfang an eigengestalteten Beiträgen) betrifft, so meint die beschwerdeführende Partei, dass auch nach ihrem Konzept "100 % des gesendeten Programms eigengestaltet" seien. Daran ändere entgegen der Ansicht der belangten Behörde nichts, dass diese eigengestalteten Sendungen auch in einem weiteren Versorgungsgebiet der beschwerdeführenden Partei ausgestrahlt würden. Daher sei bei diesem Kriterium "keinerlei Vorteil" der mitbeteiligten Partei zu sehen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie die belangte Behörde meint, beim Auswahlkriterium der "eigengestalteten Beiträge" negativ ins Gewicht fällt, wenn eigengestaltete Beiträge nicht exklusiv im verfahrensgegenständlichen Versorgungsgebiet, sondern zusätzlich auch in einem anderen Versorgungsgebiet desselben Hörfunkveranstalters gesendet werden (vgl. dazu auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/04/0293). Selbst wenn man nämlich, wie die Beschwerde meint, bei diesem Kriterium einen "Gleichstand" zwischen beschwerdeführender und mitbeteiligter Partei annehmen wollte, so spräche für die mitbeteiligte Partei jedenfalls das bereits erwähnte Auswahlkriterium des stärkeren Lokalbezuges des Programms.

Wenn die Beschwerde schließlich Kritik daran übt, dass die belangte Behörde bei der Bewertung der Anträge auch auf die Dauer des in der Vergangenheit durchgeführten Sendebetriebes der mitbeteiligten Partei abgestellt hat, so genügt der Hinweis, dass die belangte Behörde gegenständlich auf dieses (im Übrigen in § 6 Abs. 2 PrR-G ausdrücklich angesprochene) Kriterium "nur ergänzend" Bezug genommen hat, zumal sie einen Vorrang der mitbeteiligten Partei schon wegen des u.a. stärkeren Lokalbezuges ihres Programms angenommen hat.

Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Eine Kostenentscheidung erübrigte sich, da weder die belangte Behörde noch die mitbeteiligte Partei einen Antrag auf Kostenersatz gestellt haben.

Wien, am 18. Februar 2009

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