VwGH 2008/17/0164

VwGH2008/17/016427.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Mag. W O in G, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8011 Graz, Europaplatz 20, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 17. Juli 2008, Zl. A8/2-K-777/1999-10, betreffend Vorschreibung eines ergänzenden Kanalisationsbeitrages, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §19 Abs1;
BAO §209 Abs1;
BAO §273 Abs1;
BAO §93 Abs2;
LAO Stmk 1963 §158 Abs1;
LAO Stmk 1963 §17 Abs1;
LAO Stmk 1963 §203 Abs1;
LAO Stmk 1963 §70 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
BAO §19 Abs1;
BAO §209 Abs1;
BAO §273 Abs1;
BAO §93 Abs2;
LAO Stmk 1963 §158 Abs1;
LAO Stmk 1963 §17 Abs1;
LAO Stmk 1963 §203 Abs1;
LAO Stmk 1963 §70 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit (rechtskräftigen) Bescheid vom 9. Februar 1995 wurde Ing. W. O. die Bewilligung für die Errichtung eines Zubaues auf einer näher bezeichneten Liegenschaft erteilt.

In der Folge schrieb die Abgabenbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 2. Juni 1999 Ing. W. O. einen Kanalisationsbeitrag in der Höhe von EUR 6.617,68 (brutto) zur Zahlung vor. Ing. W. O. war jedoch bereits am 7. Juli 1998 verstorben. Gegen den Bescheid vom 2. Juni 1999 erhob nunmehr die Verlassenschaft, vertreten durch den Beschwerdeführer als Erben, Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 28. Februar 2000 wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der Abgabenbetrag auf EUR 4.001,96 reduziert. Dieser Bescheid richtete sich wieder an Ing. W. O., jedoch zu Handen des Beschwerdeführers.

Mit Berufungsentscheidung vom 14. Jänner 2004 wurde - über Vorlageantrag vom 8. März 2000 - die eingebrachte Berufung als unzulässig zurückgewiesen, dies mit der Begründung, dass der erstinstanzliche Bescheid gegenüber einem nicht mehr existierenden Rechtssubjekt, nämlich gegenüber dem verstorbenen Ing. W. O. erlassen und sohin ins Leere gegangen sei. Die vom Rechtsnachfolger im Eigentum an der Liegenschaft gegen diese Erledigung erhobene Berufung richte sich somit nicht gegen einen Bescheid.

Die Abgabenbehörde erster Instanz schrieb nunmehr mit dem Bescheid vom 21. Dezember 2004 dem Beschwerdeführer einen ergänzenden Kanalisationsbeitrag in der Höhe von EUR 6.617,38 (brutto) vor.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer unter anderem (soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren noch von Bedeutung) Verjährung ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. Juli 2008 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte den angefochtenen Bescheid aber dahingehend ab, als der ergänzende Kanalisationsbeitrag mit (nunmehr) EUR 8.673,50 vorgeschrieben wurde.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist vor dem Verwaltungsgerichtshof (nur mehr) die Frage strittig, ob der gegenständliche Kanalisationsbeitrag zu Recht oder infolge Verjährung zu Unrecht vorgeschrieben wurde.

Nach § 3 Abs. 1 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (in der Folge: Stmk. LAO), diese in der Fassung der 12. Novelle LGBl. Nr. 69/2001, entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft.

Nach § 17 Abs. 1 leg. cit. gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

§ 70 Abs. 2 leg. cit. bestimmt, dass jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist, den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen hat, an die er ergeht.

Nach § 156 Abs. 2 Stmk. LAO verjährt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach fünf Jahren, bei hinterzogenen Abgaben nach zehn Jahren. Die Verjährung beginnt nach § 157 lit. a leg. cit. in den Fällen des § 156 Abs. 2 leg. cit. mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

§ 158 Stmk. LAO lautet wie folgt:

"(1) Die Verjährung wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 54) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

(2) Die Verjährung ist gehemmt, solange die Geltendmachung des Anspruches innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist.

(3) Sind seit der Entstehung des Abgabenanspruches (§ 3) 15 Jahre verstrichen, darf der Abgabenanspruch nicht mehr geltend gemacht werden."

Nach § 213 Abs. 2 Stmk. LAO ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Nach § 2 Abs. 3 erster Satz des Steiermärkischen Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. Nr. 71/1955, entsteht bei anschlusspflichtigen Neubauten und bei Zu- und Umbauten in anschlusspflichtigen Baulichkeiten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Beitragspflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile.

Unstrittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, dass die Beitragspflicht im Sinne der eben zitierten Bestimmung im Jahr 1995 entstanden ist. Das Recht, den Kanalisationsbeitrag festzusetzen, wäre daher mit Ablauf des Jahres 2000 verjährt. Strittig zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist insofern nur, ob geeignete Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 158 Abs. 1 Stmk. LAO im Abgabenbescheid vom 2. Juni 1999 oder auch allenfalls in der Berufungsvorentscheidung vom 28. Februar 2000 zu erblicken wären.

Sowohl die Erledigung vom 2. Juli 1999 als auch die als Berufungsvorentscheidung intendierte Erledigung vom 28. Februar 2000 waren an Ing. W. O. gerichtet, der jedoch bereits am 7. Juli 1998 verstorben war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 1992, Zl. 90/17/0331, mit weiteren Nachweisen) ist nach dem Tod eines Abgabepflichtigen ein Bescheid über eine in dessen Person entstandene Abgabenschuld vor der Einantwortung an die Verlassenschaft (vertreten durch den Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder erbserklärten Erben) zu richten; ein an eine bereits verstorbene Person gerichteter Abgabenbescheid geht ins Leere und vermag keine Rechtswirkungen zu entfalten. Hieraus hat der Verwaltungsgerichtshof jeweils geschlossen, dass eine Verletzung subjektiver Rechte durch einen derart ins Leere gegangenen Bescheid nicht möglich, die dennoch (etwa von der Verlassenschaft) erhobene Berufung bzw. Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zurückzuweisen ist.

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass der Abgabenbescheid vom 2. Juni 1999 hinsichtlich des bei dessen Erlassung bereits verstorbenen Ing. W. O. ins Leere ging und Rechte der Verlassenschaft nach ihm nicht verletzen konnte.

In ähnlicher Weise verletzt auch ein an eine andere Person gerichteter Abgabenbescheid den (wirklichen) Abgabepflichtigen nicht in seinen Rechten und kann daher von ihm auch nicht bekämpft werden.

Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob eine derartige Erledigung eine Unterbrechung der Verjährung herbeiführen könnte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es in diesem Zusammenhang, dass die Abgabenbehörde irgendeine Handlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches vornimmt, vorausgesetzt, dass diese Amtshandlung nach Außen in Erscheinung tritt (vgl. zu § 158 Stmk. LAO das gleichfalls einen Kanalisationsbetrag betreffende hg. Erkenntnis vom 30. November 1981, Zl. 17/2543/80, mit weiteren Nachweisen).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem eben erwähnten Erkenntnis vom 30. November 1981 näher dargelegt hat, ist es dabei gleichgültig, ob der Adressat einer schriftlichen Erledigung von ihr auch Kenntnis erlangt hat, insbesondere ob ein Bescheid ordnungsgemäß zugestellt, das heißt erlassen, worden ist. Keinesfalls fordert nämlich § 158 Abs. 1 Stmk. LAO, dass die Amtshandlung dem Abgabepflichtigen erkennbar oder gar bekannt geworden sein muss, um verjährungsunterbrechend zu wirken. Wurde daher - so das erwähnte Erkenntnis weiter - eine abgabenbehördliche Erledigung innerhalb der Verjährungsfrist nicht dem tatsächlich Abgabepflichtigen, sondern einer anderen Person zugestellt, wird damit die Verjährungsfrist unterbrochen; die Verjährung des Bemessungsrechtes wird somit auch durch eine Handlung unterbrochen, die nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet ist, sofern sie nur nach Außen in Erscheinung tritt.

Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall ist es unbestritten, dass der Beschwerdeführer die an Ing. W. O. gerichtete Erledigung erhalten hat, somit die Handlung nach Außen in Erscheinung getreten ist. Auf die Frage, ob schon die Übergabe der Erledigung an die Post als ausreichend zu bewerten wäre, braucht daher nicht näher eingegangen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass bereits die erstinstanzliche Erledigung (der Abgabenbescheid) vom 2. Juni 1999 die Verjährung unterbrochen hat. Dem Beschwerdeführer durfte daher der Kanalisationsbeitrag mit dem Bescheid vom 21. Dezember 2004 vorgeschrieben werden.

Dieses Ergebnis trägt auch dem Zweck des Rechtsinstituts der Verjährung Rechnung, durch das der Gesetzgeber in verschiedentlich abgestufter Weise der Forderung nach Rechtssicherheit gegenüber jener nach Rechtsrichtigkeit den Vorzug gegeben hat. Beweisschwierigkeiten und Fehler in der Sachverhaltsermittlung, die durch ein der Behörde zuzurechnendes ungenütztes Verstreichenlassen längerer Zeiträume entstehen, sollen vermieden werden. Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn die Behörde - wie hier - bemüht war, den Abgabenanspruch durchzusetzen und dies auch in nach Außen erkennbarer Weise, wenn auch zielverfehlend, getan hat (vgl. das bereits mehrfach zitierte hg. Erkenntnis vom 30. November 1981, Zl. 17/2543/80).

Für den Fall der Unterbrechung der Verjährungsfrist bringt der Beschwerdeführer noch vor, von dieser könne nur maximal der in der Erledigung (dem Abgabenbescheid) vom 2. Juni 1999 angesprochene Betrag erfasst sein; soweit ihm eine Leistung auferlegt worden sei, die darüber hinaus ginge, sei diese rechtswidrig.

Dem ist entgegen zu halten, dass schon nach dem Wortlaut des § 158 Abs. 1 Stmk. LAO erster Satz die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches (oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen) von der Abgabenbehörde unternommene, nach Außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen wird. Diese Unterbrechung tritt aber auch dann ein, wenn die Höhe des Abgabenanspruches noch nicht bekannt ist, sondern erst ermittelt werden muss. Demzufolge ist auch im Beschwerdefall die Verjährung des Abgabenanspruches insgesamt (und nicht nur etwa in einer bestimmten Höhe) durch den Abgabenbescheid (die Erledigung) vom 2. Juni 1999 unterbrochen worden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Oktober 2008

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