VwGH 2008/10/0030

VwGH2008/10/003023.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des M K M in Innsbruck, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 4/4, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. Oktober 2007, Zl. Va-456- 30074/1/6, betreffend Grundsicherung, zu Recht erkannt:

Normen

GrundsicherungG Tir 2006 §1 Abs1;
GrundsicherungG Tir 2006 §1 Abs2;
GrundsicherungG Tir 2006 §1 Abs3;
GrundsicherungG Tir 2006 §1 Abs1;
GrundsicherungG Tir 2006 §1 Abs2;
GrundsicherungG Tir 2006 §1 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. Oktober 2007 dem Beschwerdeführer für den Zeitraum 1. März 2007 bis 31. Mai 2007 eine monatliche Unterstützung für Miete sowie eine monatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt gewährt. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Übernahme der Kosten für einen Krankenhausaufenthalt in Pakistan wurde jedoch abgewiesen, ebenso der Antrag auf Übernahme des für die Monate Jänner und Februar 2007 aufgelaufenen Mietrückstandes. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mit Antrag vom 28. Februar 2007 Grundsicherung für den Monat März 2007, die Übernahme der Miete für den Monat März 2007, die Übernahme des Mietrückstandes aus den Monaten Jänner und Februar 2007 sowie die Übernahme der Kosten für einen Krankenhausaufenthalt in Pakistan begehrt. Der Beschwerdeführer habe sich vom 28. Dezember 2006 bis zum 14. Februar 2006 in Pakistan aufgehalten. Während dieser Zeit sei er in einem Krankenhaus stationär aufgenommen gewesen. Die dabei angefallenen Kosten seien weder vom Beschwerdeführer, noch - mangels Versicherung - von einer Krankenkasse bezahlt worden. Der Beschwerdeführer habe nunmehr zwar seinen Aufenthalt in Tirol, er erfülle daher die Voraussetzung des Aufenthaltes in Tirol gemäß § 4 Abs. 1 Tiroler Grundsicherungsgesetz (TGSG). Hingegen sei diese Voraussetzung während seines Aufenthaltes in Pakistan nicht erfüllt. Es sei ihm daher weder Unterstützung für die in den Monaten Jänner und Februar angefallene Miete zu gewähren, noch seien die aufgelaufenen Krankenhauskosten aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 1 Abs. 1 Tiroler Grundsicherungsgesetz (TGSG) ist die Grundsicherung die öffentliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.

Die Grundsicherung nach diesem Gesetz ist gemäß § 1 Abs. 2 TGSG Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.

In einer Notlage im Sinne des Gesetzes befindet sich gemäß § 1 Abs. 3 TGSG, wer

a) den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von Dritten erhält oder

b) außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß selbst oder mit Hilfe Dritter bewältigen kann.

Gemäß § 4 Abs. 1 TGSG wird die Grundsicherung österreichischen Staatsbürgern (und diesen gleichgestellten Personen) gewährt, die sich in Tirol aufhalten.

Der Beschwerdeführer bringt vor, sein Krankenhausaufenthalt anlässlich eines Besuches in Pakistan sei unfreiwillig und zwar durch eine schwere Erkrankung bedingt gewesen. Im Übrigen verlange das TGSG nicht, dass ein Hilfebedürftiger in Tirol durchgehend körperlich anwesend sei. Der Beschwerdeführer habe sich in einer aktuellen und unmittelbar drohenden Notlage befunden. Infolge des Mietzinsrückstandes habe ihm der Verlust der Unterkunft gedroht. Auch vor Einbringung einer Räumungsklage und Einleitung eines Delogierungsverfahrens müsse nämlich von einer aktuellen Notlage ausgegangen werden. Andererseits sei der Beschwerdeführer mit den "existenziellen" Schulden aus dem unverschuldeten Krankenhausaufenthalt konfrontiert gewesen. Zwar seien diese für die Dauer des Grundsicherungsbezuges beim Beschwerdeführer nicht pfändbar, doch müsse die Wirksamkeit der Grundsicherung auch für die Zeit nach Beseitigung der Notlage bestmöglich gesichert werden.

Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

Im Zusammenhang mit der Beurteilung, ob eine Notlage im Sinne der sozialhilferechtlichen Vorschriften vorliegt, hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt die Auffassung vertreten, dass der Hilfesuchende seine Hilfebedürftigkeit nicht mit Schulden begründen kann, die er in der Vergangenheit eingegangen ist, es sei denn, dass die Schulden sich zur Zeit der Hilfegewährung noch im Sinne einer aktuellen oder unmittelbar drohenden Notlage des Hilfesuchenden auswirken (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2002, Zl. 2002/10/0053 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Übernahme der beim Beschwerdeführer in der Vergangenheit aufgelaufenen Verbindlichkeiten abgelehnt. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, diese Verbindlichkeiten hätten ihn in eine aktuelle oder unmittelbar drohende Notlage gebracht. Er behauptet aber weder, ein diesbezüglich konkretes Vorbringen im Verwaltungsverfahren erstattet zu haben, noch legt er in der Beschwerde Umstände dar, die die Annahme einer aktuellen oder unmittelbar drohenden Notlage begründen könnten. Ein infolge Mietzinsrückstandes drohender Verlust der Unterkunft wäre zwar - wie er zu Recht betont - als Notlage in diesem Sinne anzusehen (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis). Allerdings hat der Beschwerdeführer Umstände, aus denen zu ersehen wäre, dass ihm auf Grund des behaupteten Mietzinsrückstandes ein Verlust der (nach seiner Rückkehr von einem längeren Auslandsaufenthalt eben erst wiederbezogenen) Unterkunft konkret bevor stehe, nicht dargetan. Vielmehr hat er sich auf die allgemein gehaltene Behauptung beschränkt, eine aktuelle Notlage könne nicht erst dann angenommen werden, wenn ein Delogierungsverfahren bereits anhängig sei. Damit wird das Bestehen einer Notlage im Sinne des Gesetzes aber nicht aufgezeigt.

Betreffend die in Pakistan aufgelaufenen Krankenhauskosten räumt die Beschwerde selbst ein, dass diese beim Beschwerdeführer nicht im Exekutionsweg eingebracht werden können. Diese Verbindlichkeiten sind daher schon aus diesem Grund nicht geeignet, beim Beschwerdeführer eine Notlage im Sinne des Gesetzes herbeizuführen.

Die Auffassung der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit angehäuften Schulden seien nicht aus Sozialhilfemitteln zu begleichen, ist daher im Ergebnis zutreffend.

Was aber die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verfahrensmängeln erhobene Rüge anlangt, in der Bescheidbegründung werde unrichtiger Weise von Mietzahlungen für Jänner und Februar 2008 gesprochen und es seien Feststellungen über den Zeitpunkt der tatsächlichen Rückkehr des Beschwerdeführers aus Pakistan unterblieben, hat die Beschwerde nicht auch dargetan, zu welchem wesentlich anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Mängel gelangt wäre.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. April 2008

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