VwGH 2007/12/0143

VwGH2007/12/014317.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Mag. AD in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, dieser vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt ebenda, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 5. Juli 2007, Zl. BMVIT-1.872/0009-I/PR1/2007, betreffend Funktionsabgeltung nach § 37 GehG, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §37 Abs10 Z2 idF 1994/550;
GehG 1956 §37 Abs10 Z2 idF 1994/550;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 2006, Zl. 2005/12/0167, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 2005, mit welchem festgestellt worden war, dass dem Beschwerdeführer auf seinem (zwischen 10. April 2000 und 15. September 2002 inne gehabten) Arbeitsplatz als "Referent und Stellvertreter des Leiters/der Leiterin der Abt. Präs 1A, der Abt. Präs 1B sowie der Abt. Präs 10" die besoldungsrechtliche Stellung der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 3 zugekommen sei, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Als tragende Begründung zeigte der Verwaltungsgerichtshof methodologische Fehler bei der Zuordnung des Arbeitsplatzes zur genannten Funktionsgruppe auf.

Darüber hinaus führte er jedoch Folgendes aus:

"Der Schwerpunkt der in der Beschwerde geübten Kritik an der vom Sachverständigen erfolgten Vergabe der Punktewerte für den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers liegt im Vorwurf, bei dieser Bewertung sei das (bedingt durch die Ausübung dieser Funktion in drei Abteilungen) zeitliche Ausmaß, aber auch die Anforderungen an die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Stellvertreter der jeweiligen Abteilungsleiter nicht angemessen berücksichtigt worden.

Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen vorliegendenfalls davon aus, dass die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit als Vertreter der jeweiligen Abteilungsleiter bei der Arbeitsplatzbewertung jedenfalls zu berücksichtigen sei.

Dem ist jedoch Folgendes entgegen zu halten:

Wann die Ausübung einer Stellvertretung bei der Arbeitsplatzbewertung (und als Folge der Wertigkeit des Arbeitsplatzes bei der Bemessung einer Funktionszulage gemäß § 30 GehG) zu berücksichtigen ist, regelt - indirekt - § 37 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 10 GehG. Demnach steht für die vorübergehende Verwendung an einem Arbeitsplatz unter den im ersten Satz des § 37 Abs. 1 GehG näher umschriebenen Voraussetzungen eine Funktionsabgeltung (und damit keine Funktionszulage) zu. Als vorübergehende Verwendung gelten nach dem zweiten Satz des § 37 Abs. 1 GehG insbesondere Tätigkeiten, die vertretungsweise ausgeübt werden.

Diese Bestimmung findet jedoch aus dem Grunde des § 37 Abs. 10 Z. 2 GehG auf Stellvertreter, bei denen diese Stellvertretung wegen der damit verbundenen ständigen Aufgaben für die Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einer bestimmten Funktionsgruppe maßgebend und deren Funktion daher auf Grund der Bezeichnung als 'Stellvertreter-Funktion' ausgewiesen ist, keine Anwendung.

Der Wortlaut der eben zitierten Gesetzesbestimmung legt nahe, dass eine Berücksichtigung von Stellvertretertätigkeiten für die Zuordnung des Arbeitsplatzes des Vertreters zu einer bestimmten Funktionsgruppe (und damit auch für die Arbeitsplatzbewertung) jedenfalls voraussetzt, dass mit der Stellvertretung ständige Aufgaben verbunden sind. Dies wäre in Ansehung von Stellvertretern eines Abteilungsleiters aber dann nicht der Fall, wenn ihnen nicht auch unabhängig vom Vorliegen des Vertretungsfalles (auf Dauer) Aufgaben der Abteilungsleitung übertragen wurden (vgl. hiezu die Aussagen zur ähnlichen Bestimmung des § 96 Abs. 9 GehG im hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 98/12/0088).

Dass - etwa unter Punkt 1.7.6. und 1.7.8. der Anlage 1 zum BDG 1979 - im Richtverwendungskatalog individuell umschriebene Richtverwendungen 'Stellvertretender Leiter' konkret genannter Behörden angeführt sind, steht der hier vertretenen Auslegung nicht entgegen, zumal es sich bei den dort angeführten Stellvertreter-Funktionen auch um solche gehandelt haben könnte, bei denen auf Dauer Aufgaben anfallen, die wesensmäßig schon dem höherwertigen (vertretenen) Arbeitsplatz zuzuordnen waren.

Aus dem Vorgesagten folgt, dass - jedenfalls auf Basis der bislang getroffenen Bescheidfeststellungen - die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Stellvertreter der jeweiligen Abteilungsleiter bei der Bewertung seines Arbeitsplatzes außer Betracht zu bleiben hatte. Für eingetretene Vertretungsfälle gebührte dem Beschwerdeführer demnach bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 GehG eine Funktionsabgeltung."

Der Beschwerdeführer hatte schon mit einem Schreiben vom 8. August 2003 auf Grund der krankheitsbedingten Abwesenheit des (von ihm vertretenen) Leiters der damaligen Abteilung Präs 1A ab 15. Mai 2001 die Anweisung einer Funktionsabgeltung ab diesem Zeitpunkt begehrt. Mit (formlosem) Schreiben vom 6. Oktober 2003 wurde dies von der belangten Behörde unter Hinweis auf § 37 Abs. 10 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), abgelehnt.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2006 begehrte der Beschwerdeführer neuerlich die Anweisung der Funktionsabgeltung für den Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis einschließlich 7. August 2001 und stellte für den Fall der Ablehnung den Antrag auf Erlassung eines entsprechenden Bescheides.

Mit (Ersatz-)Bescheid vom 23. November 2006 stellte die belangte Behörde (neuerlich) fest, dass dem Beschwerdeführer auf dem genannten Arbeitsplatz die besoldungsrechtliche Stellung der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 3, zukam. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die zur hg. Zl. 2007/12/0003 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren ist noch offen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Juni 2006 gemäß § 37 Abs. 10 Z. 2 GehG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und 10 Z. 2 GehG Folgendes aus:

"Im genannten Zeitraum waren Sie den Abteilungen Präs. 1A, Präs. 1B und Präs. 10 zugeteilt und als Referent und Stellvertreter der Abteilungsleiter ausgewiesen. Die Leitung der Abteilung Präs. 1A war zum Zeitpunkt Ihrer Vertretung des abwesenden Abteilungsleiters mit der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A 1 bewertet und die Stellvertretung des Abteilungsleiters mit der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A 1, wobei in Ihrer Arbeitsplatzbeschreibung ausdrücklich auch die Vertretung des Leiters der Abteilung Präs. 1A angeführt war.

Eine Arbeitsplatzbewertung ist auf die dauernde Belastung am Arbeitsplatz ausgerichtet, sodass - wie das Bundeskanzleramt in seinem Gutachten über die Bewertung Ihres Arbeitsplatzes vom 29. September 2006 ausführt - eine zwar kurzzeitige, aber durch die Aufgabenstellung in drei Abteilungen immer wieder auftretende Anforderung durch Abwesenheit der Abteilungsleitungen nicht ohne Auswirkung auf die Analyse bleiben kann. Die Wahrnehmung der Stellvertretung in drei Abteilungen gehörte nach der bestehenden Geschäftsordnung des bmvit zu Ihren ständigen Aufgaben, auch wenn diese Vertretung nur immer kurzfristig wahrgenommen wurde. Da sich in der Regel das Verwendungsbild stellvertretender Leiter von Abteilungen deutlich von jenem eines Referenten ohne Approbationsbefugnisse abhebt, war eine zwar kurzzeitige, aber durch die Aufgabenstellung in drei Abteilungen immer wieder auftretende höhere Anforderung durch Abwesenheit der Abteilungsleitungen hinsichtlich der auf die dauernde Belastung am Arbeitsplatz ausgerichtete Arbeitsplatzbewertung bei der Bewertung zu berücksichtigen. Die Wahrnehmung der Stellvertretung in drei Abteilungen des bmvit gehörte somit zu Ihren ständigen Aufgaben, auch wenn diese Vertretung wegen ansonsten fehlender Befugnisse immer nur kurzfristig wahrgenommen werden konnte.

Nach dem Gesamtbild und den ständigen Anforderungen des Arbeitsplatzes, woran sich die Festsetzung der Bewertung in erster Linie orientiert, war die Zuordnung vorzunehmen, die bereits sämtliche Stellvertretungsagenden umfasst, auch wenn hier eine nur fallweise, jedoch immer wieder kehrende Belastung gegeben war. Diese Situation war während des in Rede stehenden Zeitraumes durch die geltende Geschäftseinteilung des bmvit festgelegt.

Die Wahrnehmung der Funktion der Stellvertretung des Leiters der Abteilung Präs. 1A war aus den dargelegten Gründen somit für die - letztlich mittels Gutachten des Bundeskanzleramtes vom 29. September 2006 vorgenommene - Zuordnung Ihres Arbeitsplatzes zur Funktionsgruppe 3 an Stelle der Funktionsgruppe 2 der Verwendungsgruppe A 1 maßgebend und ist daher die Bestimmung des § 37 Abs. 10 Z 2 leg.cit. anzuwenden, sodass Ihnen auf Grund der Stellvertretung des Abteilungsleiters im Zeitraum 15. Mai 2001 bis 7. August 2001 eine Funktionsabgeltung nicht gebührt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur maßgebenden Rechtslage wird zunächst auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 26. April 2006, Zl. 2005/12/0167, verwiesen. Der von der belangten Behörde als alleiniger Versagungsgrund herangezogene § 37 Abs. 10 Z. 2 GehG in der Fassung dieses Absatzes nach dem Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBl. Nr. 550, lautet:

"(10) Die Abs. 1 bis 9 sind nicht anzuwenden

...

2. auf Stellvertreter, bei denen diese Stellvertretung wegen der damit verbundenen ständigen Aufgaben für die Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einer bestimmten Funktionsgruppe maßgebend und deren Funktion daher auf Grund der Bezeichnung als 'Stellvertreter-Funktion' ausgewiesen ist,

..."

Der Beschwerdeführer zieht in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde die Auffassung der belangten Behörde, wonach die von ihm inne gehabten Stellvertreter-Funktionen rechtens bei der Arbeitsplatzbewertung zu berücksichtigen gewesen wären, nicht in Zweifel. Er vertritt jedoch mit näherer Begründung die Meinung, dass in einem Fall - wie dem vorliegenden -, in welchem bei einem Arbeitsplatz mit mehreren Stellvertreterfunktionen auch noch zusätzlich längere Vertretungsphasen anfielen, dessen ungeachtet auch eine Funktionsabgeltung gebühre.

Dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde sind jedoch die eingangs zitierten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 26. April 2006, Zl. 2005/12/0167 (welche sich gleichfalls in den hg. Erkenntnissen vom 26. April 2006, Zl. 2005/12/0192, vom 31. Jänner 2007, Zl. 2006/12/0108, und vom 29. Februar 2008, Zl. 2007/12/0031, finden), entgegen zu halten, wonach mit der Stellvertretung "verbundene ständige Aufgaben" im Verständnis des § 37 Abs. 10 Z. 2 GehG nur dann vorliegen, wenn dem Beamten auch unabhängig vom Vorliegen des Vertretungsfalles (auf Dauer) Aufgaben der vertretenen Leitungsfunktion (hier: der Abteilungsleitung) übertragen wurden. Dass dies der Fall gewesen wäre, ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht.

Damit liegen aber die Voraussetzungen für die von der belangten Behörde herangezogene Ausnahmebestimmung des § 37 Abs. 10 Z. 2 GehG nicht vor.

An diesem Ergebnis könnte die Rechtskraft des oben zitierten Bescheides der belangten Behörde vom 23. November 2006 auch dann nichts ändern, wenn dort einem Sachverständigengutachten gefolgt worden wäre, welches - entgegen der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem im ersten Rechtsgang dieses Verfahrens ergangenen Erkenntnis vom 26. April 2006 - von der Auffassung ausging, die Stellvertreter-Funktionen des Beschwerdeführers seien bei der Arbeitsplatzbewertung unabhängig davon zu berücksichtigen, ob dem Beschwerdeführer auch außerhalb des Vertretungsfalles Aufgaben der Abteilungsleitung zugekommen sind. Eine Stellvertretung kann nämlich "wegen der damit verbundenen ständigen Aufgaben" für die Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einer bestimmten Funktionsgruppe nur dann "maßgebend sein", wenn "ständige Aufgaben" im Verständnis der obigen Ausführungen auch mit dieser Stellvertretung objektiv verbunden sind. Die Wortfolge "maßgebend ... ist" in § 37 Abs. 10 Z. 2 GehG ist daher objektiv im Sinne einer Maßgeblichkeit bei einer gesetzeskonformen Begründung der Arbeitsplatzbewertung zu verstehen. Es reicht daher nicht aus, dass eine bestimmte Stellvertreter-Funktion für die Bewertung als maßgeblich angesehen wurde.

Dass aber die vom Beschwerdeführer inne gehabte Stellvertreter-Funktion für die Bewertung (im Sinne des Vorgesagten) maßgebend gewesen wäre, könnte sich auch nicht aus der Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 23. November 2006 ergeben. Dieser sprach nämlich bindend ausschließlich über die besoldungsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers während der Innehabung dieses Arbeitsplatzes ab. Seine Begründung - auch insoweit dort von einer Relevanz der Stellvertretung bei der Bewertung ausgegangen worden sein mag - ist hingegen nicht der Rechtskraft fähig. Sie könnte daher auch keine Feststellungswirkung dahingehend entfalten, dass die Stellvertreter-Funktion bei der Arbeitsplatzbewertung rechtens zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. zur ausschließlichen Rechtskraftfähigkeit des Spruches eines Bescheides etwa Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 23 zu § 59 AVG).

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet auf die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Oktober 2008

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