VwGH 2006/15/0289

VwGH2006/15/028919.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der F KG in A, vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 31. Juli 2006, GZ RV/0548-I/04, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1999 bis 31. Dezember 2002, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §15;
EStG 1988 §16 Abs1 Z6;
EStG 1988 §26 Z5;
EStG 1988 §15;
EStG 1988 §16 Abs1 Z6;
EStG 1988 §26 Z5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beschäftigt Außendienstmitarbeiter, denen sie für berufliche Fahrten Kraftfahrzeuge überlässt. Strittig ist, ob - in Bezug auf drei Außendienstmitarbeiter - die Fahrten mit den arbeitgebereigenen Kfz zum Betrieb der Beschwerdeführerin als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen sind und ob in der Überlassung der Kfz für diese Fahrten ein Sachbezug der Arbeitnehmer iSd § 15 EStG 1988 zu erblicken ist.

Als Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 1999 bis 2002 Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zu diesem Beitrag zur Haftung bzw. Zahlung vor. Begründet wurde diese Nachforderung u.a. mit dem Ansatz eines Sachbezuges für die Nutzung arbeitgebereigener Kfz durch drei Außendienstmitarbeiter für - nach Ansicht des Finanzamtes - Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

In der Berufung gegen diese Bescheide führte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin aus, die Außendienstmitarbeiter kämen regelmäßig am Montag zu Besprechungen zum Firmensitz. Ansonsten hätten sie am Firmensitz keinen Arbeitsplatz und würden aus diesem Grund sämtliche Arbeiten zu Hause verrichten. Die Fahrten zum Firmensitz seien daher als Dienstreise zu qualifizieren.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, werde ein Vertreter am Firmensitz im Innendienst tätig, lägen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor. Aus den im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung durchgeführten Erhebungen ergebe sich, dass die Vertreter im Betrieb der Beschwerdeführerin jeweils umfangreiche Tätigkeiten erbracht hätten, welche mehrere Stunden angedauert hätten.

Im Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Außendienstmitarbeiter keinen Innendienst leisteten. Dafür wäre ein freier Arbeitsplatz (Schreibtisch etc.) erforderlich, was aber nicht gegeben gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin habe ihren drei Außendienstmitarbeitern firmeneigene Kfz zur Verfügung gestellt. Die Außendienstmitarbeiter hätten regelmäßig an Montagen und vereinzelt auch an anderen Tagen den Firmensitz aufgesucht. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2004 habe die Beschwerdeführerin die Tätigkeit ihrer Außendienstmitarbeiter wie folgt beschrieben:

"Die Vertreter haben keinen definitiven Arbeitsplatz in der Firma, sie erledigen ihre Arbeiten zu Hause. Es hat sich eingebürgert, dass die Vertreter am Montag in die Firma (keine zeitlichen Vorschriften) kommen, um ihre Aufträge im Büro abzugeben und durchzusprechen. Im Büro wird auch eine Interessentenverwaltung geführt. Die Vertreter stimmen diese Verwaltung mit dem Sekretariat ab, damit diese immer up to date ist. Auch Verrechnungsdifferenzen und Änderungen der Zahlungsmodalitäten der Kunden müssen im Sekretariat mitgeteilt werden. Mit dem Werkstattleiter müssen sie die Produktionen für ihre Kunden durchgehen, da ja viele Sonderproduktionen sind und der Vertreter alleine über die örtlichen Gegebenheiten Bescheid weiß. Mit unseren technischen Zeichnern besprechen sie, wie der Plan für die Kunden auszusehen hat, da diese ja dann eine genaue Planung durchführen und an die Kunden schicken müssen. Weiter geht's dann zum Chef, der eine wöchentliche Berichterstattung möchte, da er ja über den Auftragsstand und die Nachfragen auf dem laufenden gehalten werden will. Auch zum Versandleiter müssen sie gehen, um die Auslieferungstermine durchzusprechen. Es kann nämlich auch sein, dass ein Kunde auf eine bestimmte Zeit eine Lieferung, etc. bestellt hat und sich die Lieferung verzögert, da z. B. der Maurer nicht fertig geworden ist. Dann meldet er sich beim Vertreter und dieser muss das unserem Versandleiter mitteilen und Routenänderungen oder Wochenpläne neu besprechen. So kommen dann auch andere Kunden zum Zug, die vielleicht später eingeplant gewesen wären.

Wie lange jeder Vertreter immer in der Firma ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab wie z.B. wie viele Aufträge er zum Abgeben hat, wie viele Sonderanfertigungen zum Besprechen sind usw. Vergessen darf man hier allerdings auch nicht, dass jeder Vertreter andere Verkaufsgebiete hat und hier sicherlich auch die Bedürfnisse bzw. die Mentalität der Kunden sehr unterschiedlich ist. "

Bei den drei in Rede stehenden Arbeitnehmern handle es sich jeweils unstrittig um Außendienstmitarbeiter, welche ihre Reisetätigkeiten von zu Hause aus angetreten und dort auch diverse organisatorische und andere mit der Außendiensttätigkeit in Zusammenhang stehende Arbeiten verrichtet hätten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei Vertretern, die dauernd unterwegs seien und ihre berufsbedingten Fahrten von ihrer Wohnung aus anträten, der Sitz des Arbeitgebers grundsätzlich nicht als Arbeitsstätte anzusehen. Daran ändere sich auch nichts, wenn im Zuge eines kurzfristigen Aufsuchens der Betriebsstätte des Arbeitgebers lediglich Muster oder Waren abgeholt würden. Werde hingegen ein Außendienstmitarbeiter regelmäßig (auch) in der Betriebsstätte des Arbeitgebers im Innendienst tätig, liege für ihn eine (weitere) Arbeitsstätte vor. Bei Außendienstmitarbeitern werde also eine Betriebsstätte des Arbeitgebers dann zu einer weiteren Arbeitsstätte des Dienstnehmers, wenn dort regelmäßig Innendienst verrichtet werde.

Im vorliegenden Fall hätten die Außendienstmitarbeiter regelmäßig, zumindest ein Mal wöchentlich, jeweils am Montag, den Betrieb der Beschwerdeführerin aufgesucht. Eine detaillierte Beschreibung der von den Außendienstmitarbeitern während dieser Zeit durchgeführten Tätigkeiten sei von der Beschwerdeführerin übermittelt worden. Aus dieser Beschreibung ergebe sich eindeutig, dass diese Tätigkeiten weit über das bloße Abholen von Unterlagen, Waren oder Mustern hinausgingen und für den reibungslosen Arbeitsablauf im Betrieb der Beschwerdeführerin unerlässlich seien. In diesen notwendigen Besprechungen in allen Abteilungen des Betriebes, der Abgabe von Aufträgen und der wöchentlichen Berichterstattung beim Betriebsleiter sei nach Ansicht der belangten Behörde eindeutig die Verrichtung von Innendienst zu erblicken. Daran ändere auch die im Vorlageantrag aufgestellte Behauptung nichts, die Außendienstmitarbeiter verfügten in der Betriebsstätte über keinen eigenen freien Arbeitsplatz. Es komme für die Beurteilung, ob Innendienst vorliege, nämlich nicht vorrangig auf die Arbeitsplatzsituation, sondern auf das notwendige Tätigwerden im Rahmen der betrieblichen Strukturen an. Zudem sei es in keiner Weise glaubhaft, dass insbesondere bei einer ganztätigen, neun Stunden andauernden Tätigkeit im Betrieb nicht ein Arbeitsplatz zumindest mitbenützt werden könne. Dass es sich bei der Tätigkeit der Außendienstmitarbeiter im Betrieb nicht nur um ein jeweils kurzfristiges Tätigwerden gehandelt habe, ergebe sich einerseits unbestreitbar aus der Tatsache, dass ein Außendienstmitarbeiter grundsätzlich jeweils den gesamten Montag im Betrieb verbracht habe und die anderen zwei Außendienstmitarbeiter zumindest mehrere Stunden.

Werde somit in der Betriebsstätte der Beschwerdeführerin von den Außendienstmitarbeitern regelmäßig Innendienst versehen, dann stelle diese Betriebsstätte eine Arbeitsstätte dar. Daher sei die Fahrt von der Wohnung zu dieser Betriebsstätte wie eine Privatfahrt anzusehen. Dies insbesondere auch deshalb, weil eine bestimmte Mindestdauer des Innendienstes nicht Voraussetzung für die Arbeitsstätteneigenschaft darstelle. Das Finanzamt habe daher zu Recht in der Überlassung von Fahrzeugen für diese Fahrten einen Sachbezug erblickt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 15 Abs 1 und 2 EStG 1988 lautet:

"(1) Einnahmen liegen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen. Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern führt nur dann zu Einnahmen, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden.

(2) Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen."

Gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten "Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung

und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.

b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschbeträge berücksichtigt: (...)

c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt: (...)

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. (...)"

Gemäß § 26 Z 5 EStG 1988 gehört nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit:

"Die Beförderung des Arbeitnehmers im Werkverkehr. Werkverkehr liegt vor, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Fahrzeugen in der Art eines Massenbeförderungsmittels befördern lässt."

Die Berücksichtigung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erfolgt - abgesehen von der Regelung des Verkehrsabsetzbetrages nach § 33 Abs 5 Z 1 EStG 1988 - durch die Pauschbeträge nach § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988. Der Regelung des § 26 Z 5 EStG 1988 liegt der Gedanke zugrunde, dass die Beförderung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber auf der Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis bildet, der allerdings, wenn die Voraussetzungen der zitierten Bestimmung erfüllt sind, nicht steuerbar ist. Insoweit ein derartiger nicht steuerbarer Vorteil vorliegt, steht gemäß § 16 Abs 1 Z 6 vorletzter und letzter Satz EStG 1988 ein Pendlerpauschale nicht zu. Dem gesetzlichen Konzept des § 26 Z 5 EStG 1988 entspricht es, dass ein steuerpflichtiger Vorteil aus dem Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Arbeitgeber nicht die Beförderungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vornimmt oder besorgt, sondern dem Arbeitnehmer für die Zurücklegung dieser Strecke ein Kraftfahrzeug zur Verfügung stellt (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Juli 1996, 96/14/0033).

Nach § 4 Abs 1 der Sachbezugsverordnung BGBl II 2001/416 und nach § 4 Abs 1 der Sachbezugsverordnung BGBl 1992/642, ist ein Sachbezug anzusetzen, wenn den Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kfz für nicht beruflich veranlasste Fahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte überlassen wird.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihre Außendienstmitarbeiter hätten keine Leistungen im Betrieb zu erbringen, sie verfügten dort über keinen Arbeitplatz, auch nicht in Form eines Schreibtisches. Sie würden lediglich Aufträge weitergeben, erhielten Informationen und Werbematerial und interessierten sich, wie Produktion und Abwicklung verliefen. Solche Außendienstmitarbeiter hätten keinen Dienstort. Bei den von ihnen im Betrieb vorgenommenen Tätigkeiten handle es sich nicht um innerbetriebliche Tätigkeiten, sondern um typischen Außendienst.

Die belange Behörde hat im angefochtenen Bescheid Sachverhaltsfeststellungen über die Tätigkeit der Außendienstmitarbeiter im Betrieb der Beschwerdeführerin getroffen. Demnach sind die drei Außendienstmitarbeiter jeden Montag im Betrieb anwesend gewesen, und zwar jeweils für zumindest mehrere Stunden. Einer der drei Außendienstmitarbeiter hat grundsätzlich jeweils den gesamten Montag (Arbeitstag) im Betrieb verbracht. Die Außendienstmitarbeiter haben dabei Tätigkeiten folgender Art im Betrieb erbracht:

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