VwGH 2006/15/0136

VwGH2006/15/013624.5.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, in der Beschwerdesache der I KEG in Graz, vertreten durch Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 1. Juli 2005, RV/0182-G/05, betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für die Monate September bis Dezember 2003 und Jänner bis Juni 2004, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §200;
UStG 1994 §21;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
BAO §200;
UStG 1994 §21;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Kostenersatzbegehren werden abgewiesen.

Begründung

Mit der am 18. August 2005 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten, mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2006, B 922/05, gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 2005, RV/0182-G/05, betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für die Monate September bis Dezember 2003 und Jänner bis Juni 2004.

Auf Grund eines Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 2006 hat die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde mit Eingabe vom 19. Juli 1006 ergänzt.

Mit Verfügung vom 21. Dezember 2006 hat der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde gemäß § 35 Abs 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet.

Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift vom 31. Jänner 2007 darauf, dass das Finanzamt am 26. Jänner 2006 den Umsatzsteuerbescheid 2003 erlassen habe. Dieser Bescheid sei vom Finanzamt in der Folge gemäß § 299 BAO aufgehoben worden. In der Folge sei aber mit Ausfertigungsdatum 9. Februar 2006 ein neuer Umsatzsteuerjahresbescheid 2003 erlassen worden. Dieser Umsatzsteuerjahresbescheid sei gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufig ergangen. Mit Ausfertigungsdatum 13. Juli 2006 sei der Umsatzsteuerjahresbescheid 2004 erlassen worden. Auch dieser Umsatzsteuerjahresbescheid sei gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufig ergangen.

In einer in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG ergangenen Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. März 2007 an die Beschwerdeführerin, zur Frage der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde Stellung zu nehmen, wurde das Ergehen der Umsatzsteuerjahresbescheide vorgehalten.

In ihrer Äußerung vom 10. April 2007 bringt die Beschwerdeführerin vor, § 274 BAO sei durch das AbgRmRefG, BGBl I Nr. 97/2002, geändert worden und normiere nunmehr, dass, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides trete, die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet gelte. Sie verweist auch darauf, dass die Umsatzsteuerjahresbescheide im Beschwerdefall als vorläufige Bescheide (§ 200 Abs 1 BAO) ergangen sind.

Die von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführten Argumente sind nicht geeignet, die durch die Erlassung der Jahresumsatzsteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 herbeigeführte Gegenstandslosigkeit der Beschwerde mit Erfolg zu bestreiten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für bestimmte Kalendermonate zwar in vollem Umfang anfechtbar, hat aber insoweit einen zeitlich begrenzten Wirkungsbereich, als er durch die Erlassung eines Umsatzsteuerjahresbescheides, der den gleichen Zeitraum (mit-)umfasst, außer Kraft gesetzt wird, sodass er ab der Erlassung des Veranlagungsbescheides keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann (vgl. für viele den hg. Beschluss vom 13. September 2006, 2002/13/0066).

§ 274 BAO idF AbgRmRefG, BGBl I Nr. 97/2002, findet im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung.

Ein Umsatzsteuerjahresbescheid entfaltet die oben angesprochene Wirkung, die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen außer Kraft zu setzen, unabhängig davon, ob mit ihm eine gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufige Festsetzung der Abgabe erfolgt ist oder eine endgültige.

Der Anfechtungsgegenstand der vorliegenden Beschwerde ist somit nachträglich weggefallen. Die Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG einzustellen.

Da durch die Erlassung der Umsatzsteuerjahresbescheide keine Klaglosstellung erfolgt ist, die nur in der formellen Aufhebung des angefochtenen Bescheides erfolgen könnte (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 306 ff), sondern die Beschwerde lediglich durch Ablauf des zeitlichen Wirkungsbereiches des angefochtenen Bescheides gegenstandslos wurde, liegt kein Fall des § 56 VwGG vor. Solcherart ist die Kostenentscheidung auf der Grundlage des § 58 VwGG zu treffen.

§ 58 Abs 2 VwGG idF 1997/I/88 hat zum Inhalt, dass der im § 58 Abs 1 VwGG verankerte Grundsatz, wonach mangels einer ausdrücklichen Regelung über einen Aufwandersatz jede Partei ihren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat, im Falle einer Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nicht zum Tragen kommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in solchen Fällen grundsätzlich Kosten zuzusprechen. Welcher Partei er Kosten zuzusprechen hat, hängt davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre. Würde die Entscheidung über diese Frage einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden. Dies wird dann, wenn der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht völlig eindeutig ist, zur Rückkehr zum Grundsatz des § 58 Abs 1 VwGG, mithin zur gegenseitigen Aufhebung der Kosten führen (vgl den hg Beschluss vom 22. Mai 2002, 2000/15/0212).

Im Hinblick auf die mangelnde Eindeutigkeit des fiktiven Ausganges des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens waren die Kostenersatzbegehren der Parteien daher abzuweisen.

Wien, am 24. Mai 2007

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte