Normen
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §11;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs2;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs4;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §46;
AlVG 1977 §7;
AlVG 1977 §9;
AlVG 1977 §10;
AlVG 1977 §11;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs2;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977 §12 Abs4;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §46;
AlVG 1977 §7;
AlVG 1977 §9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer studierte von 1996 bis 1999 an der Princess Sumaya University of Technology. Vom 17. August 2001 bis 15. Mai 2003 war er bei der S AG beschäftigt. Zu dieser Zeit hat der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der belangten Behörde keine Ausbildung bzw. kein Studium absolviert. Am 16. Juni 2003 stellte er einen Antrag auf Arbeitslosengeld.
Am 9. Oktober 2003 nahm der Beschwerdeführer ein Studium als ordentlicher Hörer an der Technischen Universität Wien auf, informierte das Arbeitsmarktservice aber nicht davon. Am 10. November 2003 stellte er einen Antrag auf Notstandshilfe, wobei er auf dem Antragsformular bei der Frage "Ich befinde mich in Ausbildung (Schule, Hochschule, Fachschule, Kurs, Lehrgang, Praktikum, usw.)" das Feld "Nein" ankreuzte. Am 18. Oktober 2004 stellte er erneut einen Antrag auf Notstandshilfe, wobei nach den Feststellungen der belangten Behörde der Beschwerdeführer bei der Frage nach einer Ausbildung zunächst "Ja" ankreuzte, die Angabe aber auf "Nein" korrigierte. Bei einem erneuten Antrag auf Notstandshilfe vom 7. November 2005 kreuzte er bei der Frage nach einer Ausbildung wiederum "Nein" an.
Im Zuge einer am 24. Februar 2006 aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer die Aufnahme des Studiums am 9. Oktober 2003 bekannt. Daraufhin wurde mit zwei Bescheiden des Arbeitsmarktservice Wien (Regionale Geschäftsstelle Schloßhofer Straße) vom 29. März 2006 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 9. Oktober 2003 bis zum 2. November 2003 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG sowie von Notstandshilfe für den Zeitraum vom 3. November 2003 bis zum 28. Februar 2006 gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen und die unberechtigt empfangenen Beträge gemäß § 25 Abs. 1 AlVG bzw. § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG rückgefordert.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobenen Berufungen ab und sprach aus, dass die Zuerkennung des Arbeitslosengelds vom 9. Oktober 2006 (gemeint wohl 2003) bis zum 2. November 2003 sowie die Zuerkennung der Notstandshilfe vom 3. November 2003 bis zum 5. Juni 2005, vom 11. Juni 2005 bis zum 20. Juni 2005, vom 24. Juni 2005 bis zum 29. Jänner 2006 sowie vom 21. Februar 2006 bis zum 28. Februar 2006 widerrufen sowie die unberechtigt Empfangene Geldleistung in der Höhe von EUR 17.619,34 zurückgefordert werde. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer als ordentlicher Hörer an einer Universität gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht als arbeitslos gelte und auch die Ausnahme gemäß § 12 Abs. 4 AlVG nicht auf ihn zutreffe. Er habe dem Arbeitsmarktservice die Tatsache seiner Ausbildung weder im Zuge der Antragstellung noch danach gemeldet. Aus den Akten sei nicht nachvollziehbar, dass er - wie er behaupte - dem Arbeitsmarktservice mündlich mitgeteilt habe, dass er sich in Ausbildung befinde. Er habe eine maßgebliche Tatsache verschwiegen, daher sei die Leistung zurückzufordern.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. September 2006, B 1653/06-5, ablehnte und die Beschwerde mit Beschluss vom 13. November 2006, B 1653/06-7, an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Der Beschwerdeführer macht in seiner Ergänzung der Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und begehrt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, zu welcher der Beschwerdeführer eine Stellungnahme abgegeben hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer führt im Wesentlichen aus, er habe ein Studium in Jordanien abgeschlossen, welches er als Bakkalaureatsstudium habe in Österreich anerkennen lassen. Er sei somit nicht in Ausbildung, sondern in Weiterbildung, da er schon ausgebildet und versiert sei. Auch sei er arbeitswillig, Bewerbungen seien oft nur an der fehlenden Arbeitserlaubnis gescheitert. Er habe sein Ausbildungsvisum dem Arbeitsmarktservice vorgelegt, aus welchem die Tatsache, dass er eine Ausbildung absolviere, hervorgehe, und er sei dennoch nie auf die Unvereinbarkeit von Studium und Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hingewiesen worden.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG gilt als arbeitslos im Sinne der Absätze 1 und 2 insbesondere nicht, wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne dass ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht.
Gemäß § 12 Abs. 4 AlVG gilt abweichend von Abs. 3 lit. f als arbeitslos, wer während eines Zeitraumes von zwölf Monaten vor der Geltendmachung mindestens 39 Wochen, davon 26 Wochen durchgehend, oder mindestens die Hälfte der Ausbildungszeit, wenn diese kürzer als zwölf Monate ist, arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war, zugleich dem Studium oder der praktischen Ausbildung nachgegangen ist und die letzte Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht selbst zwecks Fortsetzung des Studiums oder der praktischen Ausbildung freiwillig gelöst hat.
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Gemäß § 38 Abs. 1 AlVG sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die Notstandshilfe die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden.
§ 50 Abs. 1 AlVG lautet:
"Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung. Bei Bezug von Weiterbildungsgeld trifft die Anzeigepflicht auch den Arbeitgeber."
Soweit der Beschwerdeführer offenbar meint, es liege gar keine Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG vor, ist ihm entgegenzuhalten, dass in dieser Vorschrift ordentliche Hörer einer Hochschule explizit genannt sind. Der Grund für diese Regelung ist darin zu erblicken, dass der Gesetzgeber - ungeachtet subjektiver Umstände und Erklärungen des Arbeitslosen, insbesondere seiner Arbeitswilligkeit - von der Vermutung der Unvereinbarkeit der Ausbildung mit einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung und damit auch von der Vermutung des Fehlens der Verfügbarkeit für eine Vermittlung durch das Arbeitsmarktservice bzw. des Fehlens der Möglichkeit eines Bemühens um eine neue zumutbare Beschäftigung ausgeht. Dadurch soll verhindert werden, dass das Arbeitslosengeld
- systemwidrig - zur Finanzierung einer solchen Ausbildung herangezogen wird, statt dazu zu dienen, nach Maßgabe der Bestimmungen des AlVG den Entgeltausfall nach Verlust der arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung bis zur Wiedererlangung einer neuen abzugelten. Die rechtliche Konsequenz besteht darin, dass der Betreffende nicht als arbeitslos und daher
- ungeachtet des Vorliegens der übrigen, nach § 7 AlVG erforderlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld, u.a. auch der Arbeitswilligkeit iSd § 9 bis § 11 AlVG - keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Das bedeutet, dass in diesen Fällen von Gesetzes wegen unwiderleglich vermutet wird, dass der Betreffende so lange einer Vermittlung durch das Arbeitsmarktservice nicht zur Verfügung steht, als er in einer entsprechenden Anstalt ausgebildet wird bzw. sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällig bestehende Arbeitswilligkeit kann der Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2004, 2001/08/0049, mwN). Der Widerruf des Arbeitslosengelds sowie der Notstandshilfe war daher nicht rechtswidrig.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, im gegenständlichen Zeitraum ordentlicher Hörer gewesen zu sein. Das Gesetz unterscheidet ferner nicht zwischen "Ausbildung" und "Weiterbildung". Der in § 12 Abs. 3 lit. f AlVG angeführten Personengruppe gebührt grundsätzlich kein Arbeitslosengeld, es sei denn, es besteht eine Ausnahme im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG, was jedoch bezüglich des Beschwerdeführers nicht der Fall ist.
Soweit der Beschwerdeführer offenbar die Meinung vertritt, dass die Rückforderung nicht zulässig sei, da dem Arbeitsmarktservice - trotz der unrichtigen Angaben in den Antragsformularen - bekannt gewesen sei, dass er sich in Ausbildung befand, ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass die objektiv unrichtigen Angaben im Antrag auf Arbeitslosengeld allein noch nicht die Rückersatzverpflichtung nach § 25 Abs. 1 AlVG wegen "unwahrer Angaben" oder "Verschweigung maßgebender Tatsachen" begründe. Schon die Verwendung der Begriffe "unwahr" (und nicht bloß "unrichtig") bzw. "verschweigen" deutet nämlich auf eine subjektive Komponente hin, das heißt, dass von jenem Arbeitslosen nichts zurückgefordert werden kann, der zwar objektiv falsche Angaben, jedoch in unverschuldeter Unkenntnis vom wahren Sachverhalt gemacht hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2002/08/0208, mwN).
Der Beschwerdeführer kannte allerdings den wahren Sachverhalt, nämlich dass er ordentlicher Hörer an der Technischen Universität Wien war. Die sich aus der in § 25 Abs. 1 AlVG vorgesehenen Sanktionierung ergebende Verpflichtung von Antragstellern hinsichtlich maßgebender Tatsachen vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen, soll sicherstellen, dass der Behörde, die zahlreiche gleichartige Verfahren relativ rasch abzuwickeln hat, grundsätzlich die für den Leistungsanspruch maßgebenden Umstände vollständig und wahrheitsgemäß zur Kenntnis gelangen. Der Rückforderungstatbestand "unwahre Angaben" liegt daher jedenfalls dann vor, wenn die Behörde in einem Antragsformular eine rechtserhebliche Frage stellt und diese Frage unrichtig oder unvollständig beantwortet wird. Da die Angaben zur Geltendmachung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Antragsformular die Behörde in die Lage versetzen sollen, ihrerseits zu beurteilen, ob ein Anspruch besteht, ist das Risiko eines Rechtsirrtums, aus dem ein Arbeitsloser meint, die darin gestellten Fragen nicht vollständig oder richtig beantworten zu müssen, von ihm zu tragen (vgl. z.B. das zitierte hg. Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2002/08/0208).
Es kommt daher beim Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz Fall 1 und 2 AlVG (unwahre Angaben, Verschweigen maßgebender Tatsachen) nach dem offenkundigen Zweck der Norm nicht darauf an, dass ein die Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung beeinflussender Umstand zu einem früheren Zeitpunkt bereits aktenkundig wurde oder vom Arbeitsmarktservice hätte leicht festgestellt werden können, so wie überhaupt ein Mitverschulden des Arbeitsmarktservice am Überbezug im Falle des Verschweigens von maßgeblichen Tatsachen oder unwahrer Angaben ohne Belang ist. Maßgebend ist nur, ob der fragliche Umstand in Beantwortung der Fragen im Antragsformular richtig und vollständig einbekannt oder dem Arbeitsmarktservice gleichzeitig oder doch rechtzeitig vor Anweisung des jeweiligen Leistungsanspruchs in einer zumindest gleichwertigen Weise (zum Beispiel durch Vorlage einer entsprechenden Bestätigung) mitgeteilt wurde (vgl. abermals z. B. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2002/08/0208). Da dies hier nicht der Fall war, ist die Rückforderung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der belangten Behörde war kein Kostenersatz zuzusprechen, da dieser nicht beantragt wurde.
Wien, am 19. September 2007
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)