VwGH 2006/18/0229

VwGH2006/18/02294.10.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des F K in W, geboren 1949, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 29. Mai 2006, Zl. 2/4033/24/06, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 lite;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 lite;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 29. Mai 2006 wurde dem Beschwerdeführer der ihm am 24. Oktober 2002 von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ausgestellte Reisepass Nr. J0027823 gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. e Passgesetz 1992, BGBl. Nr. 839 (PassG), entzogen.

Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht Innsbruck mit Urteil vom 4. April 2005, rechtskräftig seit 20. Juli 2005, wegen des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs. 2 dritter und vierter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate unter bedingter Strafnachsicht, verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer von Mitte August 2004 bis 4. Dezember 2004 als Betreiber des illegalen Bordells "D" mit dem Vorsatz, sich aus der Prostitution anderer Personen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die in diesem Bordell tätigen Geheimprostituierten T., K., F. und eine weitere Geheimprostituierte mit Vornamen Maria ausgenützt habe, indem er diese Frauen in seinen illegalen Bordellbetrieb vollständig eingegliedert, die von den Freiern zu zahlenden Preise und die Zahlungsmodalitäten sowie Ort und Dauer der jeweiligen Tätigkeit vorgeschrieben und einen Großteil der Einnahmen aus der Prostitution für sich lukriert habe, ohne den Prostituierten adäquate Gegenleistungen zu erbringen.

In diesem Urteil habe das Landesgericht Innsbruck u. a. Folgendes festgestellt:

"Zur Zeit ist gegen den Angeklagten beim Landesgericht Innsbruck ein Strafverfahren unter anderem wegen Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs. 1 zweiter Fall StGB anhängig. Mit rechtskräftiger Anklageschrift wird ihm angelastet, ab Anfang 2000 bis 10.8.2003 teils als Alleintäter, teils als Mittäter insgesamt 102 ausländische Frauen aus Tschechien, Ungarn, Polen, Brasilien, Rumänien und Litauen angeworben und in seinem illegalen Bordell-D in W der gewerbsmäßigen Prostitution zugeführt zu haben.

Am 10.8.2003 wurde das D behördlich geschlossen und dem Angeklagten die gewerberechtliche Berechtigung zur Führung des Gast- und Barbetriebes entzogen.

In der Zeit vom 10.3.2004 bis 11.6.2004 hatte der Angeklagte das D an G. verpachtet. Mit der Auflösung des Pachtvertrages entfielen auch allfällige Pachteinnahmen.

Im oben genannten Strafverfahren wegen § 217 Abs. 1 zweiter Fall StGB wurden zwecks Sicherung der Abschöpfung der Bereicherung die auf den Konten des Angeklagten bei verschiedenen Geldinstituten angelegten Gelder in Höhe von zusammen 291.411,60 Euro durch einstweilige Verfügung gesichert, sodass der Angeklagte auf sie keinen Zugriff hat.

Nach Auflösung des erwähnten Pachtvertrages plante der Angeklagte, den bis Sommer 2003 florierenden Bordellbetrieb D zumindest in kleinem Rahmen wieder aufzubauen. Zu diesem Zweck nahm er mit der schon früher bei ihm als Prostituierte tätig gewesenen T. aus Tschechien Kontakt auf und wollte sie bereits am 11.7.2004 zum Zweck der Prostitutionsausübung im D über den Grenzübergang Wullowitz von Tschechien nach Österreich bringen. Da gegen die Genannte ein Aufenthaltsverbot bestand, wurde ihr die Einreise untersagt und sie nach Tschechien zurückgewiesen. Dies hielt den Angeklagten nicht davon ab, T. neuerlich zu kontaktieren und sie zu fragen ob sie bereit wäre, wieder in seinem Club als Prostituierte zu arbeiten. Dabei fragte der Angeklagte sie auch, ob sie nicht noch ein anderes Mädchen wüsste, welches bei ihm arbeiten wolle. Die ebenso in Tschechien als Prostituierte bereits tätige 'Maria' (Familienname nicht bekannt) erklärte sich dazu bereit und der Angeklagte holte beide Frauen ca. Mitte August 2003 in Tschechien ab und brachte sie nach W in seinen Club D."

Aus einem Bericht der Grenzkontrollstelle Wullowitz vom 17. Juli 2004 ergebe sich, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag versucht habe, mit der tschechischen Staatsangehörigen T., gegen die zu diesem Zeitpunkt ein Aufenthaltsverbot bestanden habe, nach Österreich einzureisen, und T., zurückgewiesen worden sei.

Mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 15. Februar 2005 sei der Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretung nach § 107 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz 1997 iVm § 7 VStG mit einer Geldstrafe belegt worden. Nach dem Spruch dieser Strafverfügung habe der Beschwerdeführer der tschechischen Staatsangehörigen T. zumindest von 5. Oktober 2004 bis 5. Dezember 2004 die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdengesetz dadurch vorsätzlich erleichtert, dass er Anfang Oktober 2004 T. in Tschechien abgeholt und mit seinem Pkw über Deutschland nach Österreich gebracht und ihr in seinem Haus "D" Unterkunft gegeben habe.

Folgende Verhaltensweisen des Beschwerdeführers stellten bestimmte Tatsachen dar, welche die in § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. e PassG umschriebene Annahme rechtfertigten:

Am 11. Juli 2004 habe der Beschwerdeführer T. aus Tschechien abzuholen versucht, um sie zur Prostitutionsausübung nach Österreich zu verbringen.

Mitte August 2004 habe der Beschwerdeführer T. aus Tschechien abgeholt und sie gemeinsam mit einer weiteren tschechischen Staatsbürgerin in Österreich der gewerbsmäßigen Unzucht zugeführt.

Anfang Oktober 2004 habe der Beschwerdeführer T. neuerlich zu diesem Zweck aus Tschechien geholt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 PassG ist u.a. die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn (Z. 3) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. e) Personen der gewerbsmäßigen Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zuzuführen oder sie hiefür anzuwerben.

2. Auf Grund der vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen rechtskräftigen Bestrafung durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 15. Februar 2005 steht bindend fest, dass der Beschwerdeführer die tschechische Staatsangehörige T., gegen die ein Aufenthaltsverbot bestanden hat, Anfang Oktober 2004 mit seinem Pkw aus Tschechien abgeholt und ihr bis 5. Dezember 2004 in seinem Lokal "D" Unterkunft gewährt hat.

Weiters steht auf Grund des seit 20. Juli 2005 rechtskräftigen Urteils des Landesgerichtes Innsbruck bindend fest, dass der Beschwerdeführer ab Mitte August 2004 bis 4. Dezember 2004 als Betreiber des illegalen Bordells "D" vier Geheimprostituierte, darunter auch T., durch Eingliederung in seinen Bordellbetrieb, Vorgabe der Bedingungen für die Ausübung der illegalen Prostitution und Abnahme des größten Teiles der Einnahmen mit dem Vorsatz ausgenützt hat, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Der Beschwerdeführer hat also eine tschechische Staatsangehörige von Tschechien nach Österreich verbracht und sie - sowie weitere Frauen - in seinen illegalen Bordellbetrieb eingegliedert.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass es sich hiebei um eine Tatsache handelt, die die Annahme rechtfertigt, der Beschwerdeführer wolle den Reisepass dazu benützen, Personen der gewerbsmäßigen Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, zuzuführen oder sie hiefür anzuwerben, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die vorgebrachten Umstände, dass der Beschwerdeführer das "D" inzwischen verpachtet habe und er bereits seit langer Zeit über keine Gewerbeberechtigung mehr verfüge, können die Gefahr der Verwendung des Passes für die Zuführung oder Anwerbung ausländischer Staatsbürgerinnen zur (illegalen) Prostitution in Österreich nicht entscheidend vermindern.

Da auf Grund des oben dargestellten bindend feststehenden Sachverhalts die Annahme gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. e PassG gerechtfertigt ist, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob weitere Tatsachen vorliegen, die diese Annahme ebenfalls rechtfertigen.

3.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei nur wegen Zuhälterei und nicht wegen Menschenhandels verurteilt worden. Vom Gericht, das mittlerweile über die Anklage wegen Menschenhandels entschieden habe, sei nicht als erwiesen angenommen worden, dass er eine bei ihm beschäftigte Geheimprostituierte persönlich aus ihrer Heimat abgeholt habe.

3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend, weil einerseits der Passentziehungsgrund gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. e PassG keine Verurteilung des Passwerbers wegen Menschenhandels erfordert und andererseits die persönliche Abholung einer in Österreich der illegalen Prostitution zugeführten Frau aus Tschechien auf Grund der rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafung und der rechtskräftigen Verurteilung wegen Zuhälterei feststeht.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. Oktober 2006

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