VwGH AW 2006/07/0025

VwGHAW 2006/07/002524.10.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der

1. Gemeinde B, 2. Gemeinde G, 3. Dr. B und Dr. A, und 4. B KG, alle vertreten durch S Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 14. Juli 2006, Zl. BMLFUW-UW.4.1.6/0391- I/5/2006, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde L, vertreten durch Dr. W und Dr. J, Rechtsanwälte), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §30 Abs2;
WRG 1959;
VwGG §30 Abs2;
WRG 1959;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Devolutionsweg ergangenen Bescheid wurde (u.a.) der mitbeteiligten Partei (MP) die wasserrechtliche Bewilligung erteilt, eine Rotationskernbohrung auf einer näher bezeichneten Liegenschaft bis in eine maximale Tiefe von 850 m unter GOK bzw. 404 m ü. A. (absolute Höhe) herzustellen, einen auf vier Monate zeitlich befristeten dreistufigen Pumpversuch durchzuführen, maximal 10 l/s Wasser (Thermalwasser) aus der abgeteuften Bohrung während der gesamten Dauer des Pumpversuches zu entnehmen, maximal 10 l/s Wasser (Thermalwasser) in den T-Bach während der gesamten Dauer des Pumpversuches einzuleiten und alle für die genannten Maßnahmen notwendigen Anlagen zu errichten und betreiben. Ferner wurden mit diesem Bescheid von den beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren gegen dieses Projekt erhobene Einwendungen als unbegründet abgewiesen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachten sich die beschwerdeführenden Parteien in dem Recht auf Nichterteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Probebohrung und einen Pumpversuch im Schongebiet der GThermalquellen als verletzt und stellen den Antrag, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dazu bringen sie im Wesentlichen vor, dass einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünden und mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für sie in mehrfacher Hinsicht ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. So bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs der Thermalwasservorkommen in G und in L, was die Fachgutachten des Univ. Prof. Dr. H (Lehrstuhl für Angewandte Geologie der Universität K) vom 15. Mai 2006 und 10. September 2005 und des em. Univ. Prof. Dr. G. (Technische Universität M) vom 14. Mai 2006 bestätigten. Nach diesen Gutachten würde eine Weiterführung der gegenständlichen Bohrung zu einer unumkehrbaren, wenn auch unter Umständen erst langfristig wirksam werdenden Beeinträchtigung der G Thermalquellen führen. Dabei gehe es nicht um die drohende Beeinträchtigung eines kleinen Brunnens, sondern um ein Thermalwasservorkommen von historischer und kultureller sowie wasserwirtschaftlicher, gesundheitspolitischer, volkswirtschaftlicher und sozialer Bedeutung. Durch eine nachteilige Veränderung oder gar ein Versiegen der Thermalquellen würde neben dem unschätzbaren kulturellen Schaden vor allem ein wirtschaftlicher Schaden in volkswirtschaftlicher Dimension entstehen. Diesen berechtigten Interessen stünden keine gleichwertigen gegenläufigen Interessen entgegen.

Die belangte Behörde erstattete zu diesem Aufschiebungsantrag die Stellungnahme vom 25. September 2006, in der sie die Ansicht vertrat, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwar keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünden, jedoch für die beschwerdeführenden Parteien mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides keine unverhältnismäßigen Nachteile verbunden wären, weil alle Eingriffe im Rahmen des geplanten Pumpversuches auf Grund dessen kurzen Dauer, der geringen Wasserentnahmemenge und der jederzeitigen Reversiblität keine Auswirkungen auf die Quellen in G nach sich ziehen würden und ein drohender Nachteil jederzeit rückgängig gemacht werden könne.

Die MP vertrat in ihrer Stellungnahme vom 2. Oktober 2006 die Auffassung, dass die Ausführungen der von den beschwerdeführenden Parteien beigezogenen Sachverständigen über die Zusammenhänge des Thermalwasservorkommens in G und L in Widerspruch zum Stand der Wissenschaft stünden und die Richtigkeit der von den Amtssachverständigen getroffenen Beurteilungen durch einen tatsächlichen Wassereintritt im Stollen der V belegt werde. Die von den Privatsachverständigen der beschwerdeführenden Parteien zitierten chemischen Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen dem Thermalwasservorkommen in G und jenem in Lend belegen sollten, bestätigten vielmehr nur die fehlende Eignung chemischer Untersuchungen zur Klärung des Zusammenhanges zwischen Wasservorkommen. Auf Grund des tatsächlich bereits seit 1954 laufenden "Pumpversuchs" im Rahmen des Stollens der V könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein entsprechender Zusammenhang ausgeschlossen werden. Es werde daher beantragt, dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattzugeben, weil es an der behaupteten Beeinträchtigungsmöglichkeit der Rechte der beschwerdeführenden Parteien fehle.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen.

Die beschwerdeführenden Parteien befürchten eine mögliche Veränderung der natürlichen Wasserzirkulation des Thermalwassers und damit eine nachteilige Veränderung, im schlimmsten Fall sogar ein Versiegen der G Thermalquellen und damit den Eintritt eines unwiederbringlichen Schadens und untermauern dieses Vorbringen mit mehreren gutachterlichen Stellungnahmen der von ihnen beigezogenen Privatsachverständigen. Dem stehen die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und von der MP ins Treffen geführten Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen gegenüber.

Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden, besteht nicht.

Ausgehend von der im gegenständlichen Antragsverfahren nicht von vornherein als unrichtig erkennbaren gutachterlichen Meinung der obgenannten Privatsachverständigen zeigen die beschwerdeführenden Parteien mit ihren Ausführungen mögliche unwiederbringliche Nachteile bei sofortiger Umsetzung des angefochtenen Bescheides auf und kann nicht ausgeschlossen werden, dass mit der Ausübung der gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligung ein unverhältnismäßiger Nachteil für die beschwerdeführenden Parteien im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG entstehen würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 24. Oktober 2006

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte