VwGH 2006/03/0153

VwGH2006/03/015314.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MB in D, vertreten durch Dr. Mai Scherbantie und Dr. Hanno Lecher, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Marktstraße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 15. September 2006, Zl Ib-769-2006/0003-2006, betreffend Entziehung des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Normen

BetriebsO 1994 §13 Abs2;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
StGB §133 Abs1;
StGB §133 Abs2;
StGG Art6;
BetriebsO 1994 §13 Abs2;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
StGB §133 Abs1;
StGB §133 Abs2;
StGG Art6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994), BGBl Nr 951/1993, in der Fassung BGBl II Nr 337/2003, der Taxilenkerausweis für die Dauer von sechs Monaten entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom 27. April 2006 wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 StGB rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt worden sei. Das Gericht habe es als erwiesen angenommen, dass er sich von Ende September 2005 bis 21. November 2005 ihm von seinem früheren Arbeitgeber (einem Paketdienst) zur Zustellung an Kunden überlassene Sachen, somit ihm anvertrautes Gut, mit dem Vorsatz angeeignet habe, sich damit unrechtmäßig zu bereichern.

Die erstinstanzliche Behörde habe dem Beschwerdeführer daraufhin den Taxilenkerausweis für die Dauer von sechs Monaten entzogen, da sie seine Vertrauenswürdigkeit als nicht mehr gegeben erachtet habe. Gegen die Entziehung habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben, die er damit begründet habe, dass er die Tat lange vor Beginn seiner Tätigkeit als Taxilenker begangen habe. Auf Grund seiner Scheidung und des Umstandes, dass er allein für die gemeinsamen Kinder sorgen habe müssen, sei er kurzfristig in eine Notsituation gekommen und habe sich dadurch "zu den erwähnten unüberlegten Handlungen" hinreißen lassen. Er bereue dies inzwischen und habe sein Leben umgestaltet. Der Entzug des Taxilenkerausweises führe zum Verlust seines Arbeitsplatzes.

Die belangte Behörde führte dazu unter Bezugnahme auf § 13 Abs 2 und § 6 BO 1994 aus, dass die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben sei. Der Beschwerdeführer habe - wie dies aus dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch hervorgehe -

innerhalb von ca zwei Monaten sich verschiedene Güter, die ihm zur Zustellung an Kunden überlassen worden seien, selbst angeeignet, um sich aus dem Verkaufserlös zu bereichern. Diese strafbaren Handlungen seien nicht lange vor Beginn seiner Tätigkeit als Taxifahrer erfolgt, sondern unmittelbar davor. Auch der Hinweis, dass sich der Beschwerdeführer auf Grund seiner Scheidung und des Sorgerechtes für seine Kinder in einer Notsituation befunden habe, rechtfertige die Begehung von strafbaren Handlungen nicht und bilde keine Veranlassung, seine Vertrauenswürdigkeit als gegeben zu erachten. Gerade von einem Taxilenker sei zu erwarten, dass er sich besonnen und untadelig verhalte und nicht nur die straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften, sondern alle ihm vom Gesetz auferlegten Vorschriften einhalte. Bei der Entziehung des Taxilenkerausweises könnten Gründe, die die wirtschaftliche Existenz betreffen, nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen seien die in der Berufung angeführten Ausführungen insoweit gewürdigt worden, als von einer gänzlichen Entziehung des Taxilenkerausweises abgesehen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 13 Abs 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) ist der Taxilenkerausweis von der Behörde nur für einen angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs 2 leg cit die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zu entziehen, wenn eine der in § 6 leg cit bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, jedoch angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird.

Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 ist für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises Voraussetzung, dass der Bewerber vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muss zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Der Schutzzweck der Betriebsordnung ist dabei nicht auf den Straßenverkehr allein beschränkt, sondern darauf gerichtet, Personen vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren; einem Taxilenker muss daher auch in Ansehung fremder Vermögenswerte Vertrauenswürdigkeit zukommen (vgl das hg Erkenntnis vom 17. Februar 1999, Zl 97/03/0332).

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen sei, dass allein aus der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Veruntreuung auf eine Vertrauensunwürdigkeit geschlossen werden müsse und die Gesamtumstände bzw sein sonstiges Verhalten bei dieser Beurteilung nicht zu berücksichtigen seien. Der Beschwerdeführer habe die Tat "lange vor Beginn seiner Tätigkeit als Taxifahrer" begangen. Er habe sich damals auf Grund seiner Scheidung und des Umstandes, dass er alleine für die gemeinsamen Kinder sorgen habe müssen, kurzfristig in einer Notsituation befunden und sich dadurch zu einer unüberlegten Handlung hinreißen lassen. Diese habe er zutiefst bereut und sein Leben seither völlig umgestaltet. Er sei in der Verhandlung völlig geständig gewesen und habe wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen. Er habe sich seither sichtbar stabilisiert, sei zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitgebers tätig und habe sich seither nicht das Geringste zu Schulden kommen lassen. Wenn man das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers seit der Tat berücksichtige und davon ausgehe, dass diese bereits vor längerem begangen worden sei, so sei aus dem Gesamtverhalten zu schließen, dass sich der Beschwerdeführer stabilisiert habe und keinerlei Gefahr bestehe, dass er in irgendeiner Form wieder straffällig werden würde. Es liege kein Grund für die Annahme vor, dass die Entziehung des Taxilenkerausweises notwendig sei, um die Sicherheit der zu befördernden Personen zu gewährleisten. Zudem würde der Entzug des Taxilenkerausweises zwangsläufig zum Verlust seines Arbeitsplatzes führen und würde den Beschwerdeführer in eine prekäre finanzielle Lage bringen.

3. Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass - wie die belangte Behörde zutreffend festgehalten hat - die vom Beschwerdeführer gesetzten gerichtlich strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen nicht "lange vor Beginn seiner Tätigkeit als Taxifahrer" gesetzt wurden, sondern in einem Zeitraum von September bis November 2005, sohin rund acht Monate vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides bzw rund zehn Monate vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde. Das Strafurteil lag zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht einmal fünf Monate zurück. Vor diesem Hintergrund kann - insbesondere im Hinblick auf den in § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 festgelegten Beurteilungszeitraum von fünf Jahren - keine Rede davon sein, dass die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers lange zurückliegen.

Die Regelung des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl das hg Erkenntnis vom 17. Februar 1999, Zl 98/03/0178) dahin ausgelegt, dass der Beobachtungszeitraum von fünf Jahren (nur) zur Beurteilung der Zuverlässigkeit heranzuziehen ist, jedoch nicht jedes in diesem Zeitraum gesetzte Verhalten des Bewerbers um einen Taxilenkerausweis, das bei Vorliegen im Zeitpunkt der Ausstellung eine Unzuverlässigkeit indizieren würde, die Unzuverlässigkeit nach sich zieht, wenn es weiter zurückliegt und im Zeitpunkt der Ausstellung nicht mehr - etwa im Hinblick auf das zwischenzeitige Wohlverhalten - die Annahme der Unzuverlässigkeit begründen könnte. Es ist also eine Wertung des Verhaltens des Antragstellers innerhalb des 5-Jahres-Zeitraums dahin vorzunehmen, ob die Vertrauenswürdigkeit zum Zeitpunkt der Ausstellung des Taxilenkerausweises gegeben ist oder nicht.

Dem Beschwerdeführer kann nicht darin beigetreten werden, dass ein Wohlverhalten von wenigen Monaten bereits ausreicht, um von einer Wiedererlangung der Zuverlässigkeit ausgehen zu können, zumal sich die strafbaren Handlungen, für die er rechtskräftig verurteilt wurde, gegen fremde Vermögenswerte richteten, die ihm als Paketzusteller anvertraut waren und sohin Schutzgüter betrafen, deren Wahrung in besonderem Maße auch von einem Taxilenker zu erwarten ist. Die Veruntreuung von Vermögenswerten, die dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Paketzusteller übergeben wurden, schließt es aus, dass der Beschwerdeführer nur wenige Monate nach diesen strafbaren Handlungen als vertrauenswürdig im Sinne des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 beurteilt wird.

4. Soweit der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde darauf hinweist, dass der Entzug des Taxilenkerausweise "zwangsweise zum Verlust seines Arbeitsplatzes führen" würde, ist er auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach es bei der Zurücknahme des Ausweises auf Gründe, die die (wirtschaftliche) Existenz betreffen, nicht ankommt (vgl das hg Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zl 96/03/0304).

5. Vor dem Hintergrund der durch die strafgerichtliche Verurteilung feststehenden, vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen strafbaren Handlungen und der kurzen Zeitspanne, die zwischen diesen strafbaren Handlungen und der Entziehung des Taxilenkerausweises liegt, kann die Entziehung des Taxilenkerausweis für eine Dauer von sechs Monaten nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. November 2006

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