Spruch:
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte beim Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Jänner 2005 und brachte vor, der ausgewiesene Rechtsvertreter habe die Beschwerde fristgerecht verfasst und am 22. März 2005 neben anderen eingeschriebenen Schriftstücken der an diesem Tag zuständigen Kanzleileiterin zum Abfertigen und Übermitteln an das Postamt übergeben. Wie jeden Tag habe der Rechtsvertreter die Kanzleileiterin bei Anfall eingeschriebener Postsendungen darauf hingewiesen, die eingeschriebenen Briefsendungen, die vorher bezüglich Beilagen udgl. noch von ihm kontrolliert worden seien, verlässlich eingeschrieben beim Postamt abzugeben. Daraufhin habe die Kanzleileiterin, wie seit Jahren, die Briefsendungen in einer dafür vorgesehenen Tasche verstaut und die Kanzlei verlassen. Erst am nächsten Tag, somit am 23. März 2005, habe der Rechtsvertreter die eingeschriebenen Poststücke kontrolliert und feststellen müssen, dass die in Rede stehende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde als einzige eingeschriebene Postsendung nicht dem Postbediensteten zur Beförderung übergeben worden sei. Den Grund dafür habe die Kanzleileiterin, die seit Jahren gemeinsam mit einer zweiten Angestellten abwechselnd zur vollsten Zufriedenheit und ohne jede Beanstandung die Sendungen abfertige und diese zur Post bringe, selbst nicht erklären können. Eine Erklärung hiefür wäre, dass die Kanzleileiterin ganz einfach unkonzentriert das Verbleiben des Poststückes in der Tasche nicht bemerkt habe oder aber auch, dass sie durch Fragen des Postbediensteten abgelenkt worden sei. Auf dieses Verhalten bzw. auf diese Umstände habe der Rechtsvertreter jedoch nicht den geringsten Einfluss. Bei dem Versehen der langjährigen und verlässlichen Mitarbeiterin des Rechtsvertreters handle es sich, wenn überhaupt, um leichte Fahrlässigkeit.
In der dem Antrag angeschlossenen eidesstättigen Erklärung bestätigte die Kanzleileiterin, dass sich "der Verhalt, wie im Wiedereinsetzungsantrag geschildert", zugetragen habe. Sie könne sich nicht erklären, warum dieses Schriftstück am 22. März 2005 nicht, wie die übrigen Schriftstücke, dem Postbediensteten übergeben worden sei. Sie habe dieses Versehen erst am darauf folgenden Tag bemerkt und den Rechtsvertreter verständigt.
Mit der hg. Verfügung vom 7. Juli 2005 wurde dem Antragsteller aufgetragen, eine Ablichtung des Postaufgabebuches des Rechtsvertreters betreffend die Tage 21. bis 23. März vorzulegen und bekannt zu geben, auf Grund welcher Umstände der Rechtsvertreter am 23. März 2005 habe feststellen können, dass die Postsendung nicht dem Postbediensteten zur Beförderung übergeben worden sei.
Mit dem Schriftsatz vom 2. August 2005 teilte der Antragsteller mit, dass eine Vorlage der Ablichtung des Postaufgabebuches betreffend die Tage 22. und 23. März 2005 nicht möglich sei, weil an diesen Tagen die Einschreibepost nicht in diesem Buch, sondern vielmehr mittels "gesonderter Aufgabescheine" aufgegeben worden sei. Grund hiefür sei die Tatsache, dass eingeschriebene Postsendungen teilweise im Buch eingetragen und teilweise mit Aufgabescheinen aufgegeben würden. Vorgelegt wurden Ablichtungen des Postaufgabebuches vom 21. und 24. März 2005. Bei der gegenständlichen Postaufgabe habe es sich um eine wichtige Terminpost gehandelt, weshalb gerade diese Postaufgabe vom Rechtsvertreter am nächsten Tag überprüft worden sei.
Mit der hg. Verfügung vom 24. August 2005 wurde der Antragsteller aufgefordert, die "gesonderten Aufgabescheine" vorzulegen. Weiters wurde der Rechtsvertreter aufgefordert, genau darzustellen, wie die Nichtaufgabe der Postsendung entdeckt worden sei. Weiters sei bekannt zu geben, welche und wie viele Postsendungen an diesem Tag von der Kanzleileiterin, bei welchem Postamt und ungefähr um welche Uhrzeit aufgegeben worden seien. Ferner seien Belege über die Entrichtung der Kosten für die aufgegebenen Sendungen vorzulegen.
Mit dem Schriftsatz vom 14. September 2005 teilte der Antragsteller mit, eine Rekonstruktion der gesonderten Aufgabescheine sei bedauerlicherweise nicht möglich. In der Praxis komme eine Aufgabe mit gesonderten Aufgabescheinen tatsächlich nur dann vor, wenn z.B. das Postaufgabebuch, welches nach der Postaufgabe von der jeweils zuständigen Sekretärin mit nach Hause genommen worden sei, dort vergessen werde, oder sich deshalb nicht in der Kanzlei befinde, weil ein Konzipient oder Partner selbst am Vorabend Post mit diesem aufgegeben habe und kanzleiabwesend sei. Die Nichtaufgabe der Postsendung habe die Sekretärin am nächsten Tag vormittags im Rahmen der Ablage des Aktes bemerkt und den Rechtsvertreter davon unverzüglich verständigt. Die Kanzleileiterin könne nicht mehr angeben, wie viele Postsendungen sie aufgegeben habe, da auch nicht eingeschriebene Sendungen dabei gewesen seien. Die Postsendungen würden von der Kanzleileiterin hauptsächlich beim - näher bezeichneten - Hauptpostamt aufgegeben, wobei die Uhrzeit zwischen 17.00 Uhr bis 18.30 Uhr schwanke, je nachdem, wann Arbeitsende sei. Belege über die Entrichtung der Kosten für die aufgegebenen Sendungen könnten ebenfalls nicht vorgelegt werden, zumal es in der Kanzlei von Beginn an Praxis sei, dass immer um einen größeren Betrag Briefmarken angekauft würden, die in der Kanzlei lägen. Die Kuverts würden täglich in der Kanzlei frankiert. Es befinde sich in der Kanzlei auch kein Briefmarkenkostenbuch. Der gegenständliche Vorfall sei jedenfalls in der Kanzlei zum Anlass genommen worden, hinkünftig den Ablauf umzuorganisieren.
Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei gemäß § 46 Abs. 1 VwGG auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Antragsteller hat schon im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, das heißt, zumindest die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens des behaupteten Ereignisses und das Nichtvorliegen eines Verschuldens des Wiedereinsetzungswerbers an der Fristversäumung darzutun (vgl. den hg. Beschluss vom 25. September 1997, Zl. 97/16/0294, mit angeführter Rechtsprechung).
Die Glaubhaftmachung hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich. Die Glaubhaftmachung setzt die schlüssige Behauptung der maßgeblichen Umstände durch den Antragsteller voraus (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 5 und 6 zu § 138 BAO, samt angeführter Rechtsprechung).
Zunächst ist festzuhalten, dass die Angaben über das Entdecken der behaupteten Nichtaufgabe der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde im Wiedereinsetzungsantrag vom 4. April 2005, in der eidesstättigen Erklärung sowie in den Schriftsätzen vom 2. August 2005 und 14. September 2005 vom Antragsteller unterschiedlich dargestellt werden. Während im Wiedereinsetzungsantrag der Rechtsvertreter "die eingeschriebenen Poststücke" kontrolliert und festgestellt haben soll, dass die "einzige eingeschriebene Postsendung" nicht dem Postbediensteten zur Beförderung übergeben worden sei, soll nach dem Inhalt der eidesstättigen Erklärung und dem Schriftsatz vom 14. September 2005 die Sekretärin dieses Versehen am nächsten Tag entdeckt und dem Rechtsvertreter mitgeteilt haben. Im Schriftsatz vom 2. August 2005 wird hingegen angegeben: "bei der gegenständlichen Postaufgabe handelte es sich um die wichtigste Terminpost, weshalb gerade diese Postaufgabe von mir am nächsten Tag überprüft wurde". Die Angaben des Antragstellers über das Entdecken der Nichtaufgabe der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde sind somit im Wiedereinsetzungsverfahren widersprüchlich.
Die Sekretärin soll die Briefsendungen in ihre dafür vorgesehene Tasche gegeben und damit die Kanzlei am 22. März 2005 verlassen haben. Der Rechtsvertreter konnte Ablichtungen des Postaufgabebuches für die Tage 21. März 2005 und 24. März 2005 mit jeweils zwei Eintragungen, jeweils mit Aufgabedatum, Empfänger, Abgabepostamt und Beförderungsentgelt, nicht aber für die Tage
22. und 23. März 2005 vorlegen. An diesen Tagen soll die Post "mittels gesonderter Aufgabescheine aufgegeben" worden sein. Eine "Rekonstruktion" der "gesonderten Aufgabescheine" wurde vom Rechtsvertreter als "nicht möglich" angegeben. Belege über die Entrichtung von Kosten der aufgegebenen eingeschriebenen Sendungen an diesem Tag konnten nicht vorgelegt werden und es konnte nicht angegeben werden, wie viele Postsendungen an diesem Tag aufgegeben wurden, weil auch "nicht eingeschriebene Sendungen" dabei gewesen seien. Weiters konnte vom Antragsteller nicht konkret angegeben werden, bei welchem Postamt am 22. März 2005 und um ca. welche Uhrzeit die übrige Post aufgegeben wurde.
Der Antragsteller war trotz Aufforderung nicht in der Lage, taugliche Bescheinigungsmittel dafür vorzulegen, dass die Kanzleileiterin am 22. März 2005 überhaupt Post bei einem Postamt aufgegeben hat. Im Postaufgabebuch sind am 22. März 2005 keine Eintragungen vorgenommen worden und die angegebenen "gesonderten Aufgabescheine" können ebenso wie Belege über eingeschriebene Sendungen an diesem Tag nicht vorgelegt werden, obwohl im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand behauptet wurde, dass die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde "als einzige eingeschriebene Postsendung nicht dem Postbediensteten zur Beförderung übergeben" worden sei und im Schriftsatz vom 14. September 2005 angegeben wird, dass "auch nicht eingeschriebene Sendungen" dabei gewesen seien. Nach diesen Behauptungen müssten daher an diesem Tag jedenfalls andere eingeschriebene Sendungen aufgegeben worden sein, Belege dafür konnten jedoch nicht vorgelegt werden.
Damit ist es dem Antragsteller aber nicht einmal gelungen, zu bescheinigen, dass seine Sekretärin am 22. März 2005 überhaupt Post bei einem Postamt aufgegeben hat. Somit ist schon aus diesem Grund in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde am 22. März 2005 hätte aufgegeben werden sollen und nur aus Versehen der Sekretärin als einzige Postsendung nicht dem Postbediensteten zur Beförderung übergeben wurde.
Der Antragsteller hat daher die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Schon deswegen war dem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge zu geben. Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Verschuldens sowie eines Organisationsmangel, dessen Vorliegen der Rechtsvertreter im Schriftsatz vom 14. September 2005 selbst eingesteht, war daher nicht mehr näher zu prüfen.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht stattzugeben.
Bei diesem Ergebnis erweist sich die Beschwerde als verspätet, sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 23. November 2005
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