VwGH AW 2005/07/0021

VwGHAW 2005/07/002111.5.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des P,

2. des N und 3. des E, alle vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 24. Jänner 2005, Zl. 410.188/08-I 6/03, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. H, 2. M und 3. MMag. B, alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §30 Abs2;
WRG 1959;
VwGG §30 Abs2;
WRG 1959;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug (und auf Grund eines Devolutionsantrages) ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 2005 wurde den mitbeteiligten Parteien unter Spruchpunkt I die Verlegung einer 30 m langen Zulaufleitung gemäß der im Abschnitt A dieses Bescheides enthaltenen Projektsbeschreibung und unter den im Abschnitt B enthaltenen Auflagen, ausgeführt als Stahlrohr mit 300 mm Durchmesser über die Gst. 1530/1 und 1530/21, alle KG B., mit einer 6 langen Wasserfassung (Tirolerwehr) auf Gst. 1530/21 und 1533/7, alle KG B., zum Stundenspeicher auf Gst. 1530/1, KG B., wasserrechtlich bewilligt.

Nach Spruchpunkt II dieses Bescheides wurde zur Verlegung der Zulaufleitung über das Gst. 1530/21 und der Wasserentnahmestelle auf Gst. 1530/21 und 1533/7, alle KG B., laut einem näher genannten Lageplan von D.I. M. gemäß § 63 WRG 1959 eine Leitungsservitut eingeräumt.

Nach Spruchpunkt III dieses Bescheides wurden die mitbeteiligten Parteien gemäß § 177 WRG 1959 zur Leistung von näher genannten Entschädigungen an die beschwerdeführenden Parteien sowie an G. H. verpflichtet.

Gemäß Spruchpunkt IV wurde die Bauvollendungsfrist mit 31. Juli 2005 festgesetzt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird unter Bezugnahme einer Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen u.a. zur aktuellen Situation ausgeführt, dass das wasserrechtlich bewilligte Kraftwerksprojekt (Ausleitungskraftwerk) eine Wasserfassung auf Seehöhe 666 und einen Stundespeicher von ca. 400 m3 Inhalt vorgesehen habe. Die Bewilligung sei am 18. Dezember 1970 durch die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau (kurz: BH) erfolgt; zufolge diverser Berufungen und Änderungen datiere die letztgültige Bewilligung der BH vom 9. Juni 1981. Vor Fertigstellung der Anlage sei es zu einer Bachverwerfung im Bereich der geplanten Wasserentnahme und einer Verlegung des Bachlaufes um ca. 5 m nach SO gekommen. Dies habe zur Folge, dass nunmehr der Bach nicht mehr im Bereich der geplanten Wasserfassung auf dem Gst. 1530 der Konsenswerber (= der mitbeteiligten Parteien; SO-Ecke des Grundstückes) verlaufe, sondern in diesem Bereich auf den Nachbargrundstücken 1530/21 (der beschwerdeführenden Parteien) und 1533/7 (G. H.). An der oberen Fassungsstelle sei eine Bachausleitung ohne Beanspruchung von Fremdgrund nicht möglich, weil der Bach nach der Bachverwerfung in diesem Bereich das Grundstück der Konsenswerber nicht mehr berühre, sondern auf den Nachbargrundstücken 1530/21 und 1533/7 verlaufe. Da die ursprünglich wasserrechtlich bewilligte Wasserfassung auf Seehöhe 666 Fremdgrund in Anspruch nehmen würde, sei zunächst eine "provisorische Wasserfassung" ca. 150 m gerinneabwärts auf Seehöhe 618 ohne Speicher geplant und mit Bescheid des LH von Kärntner vom 12. Dezember 1991 wasserrechtlich bewilligt und ausgeführt worden.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe insbesondere zum nunmehr zu beurteilenden (geänderten) Projekt ausgeführt, dass eine andere Situierung der geplanten Wasserentnahme auf Grund der Ausgestaltung des Geländes im gegenständlichen Bereich nicht möglich sei; weiter bachaufwärts nicht, weil sich dort bald die von der WBLV zu errichtende Sperre befinden werde und oberhalb dieser typischerweise starke Anlandungstendenzen auftreten würden. Weiter bachabwärts könne das Tirolerwehr auch nicht errichtet werden, weil sonst der bewilligte und errichtete Speicher mangels natürlichem Gefälle nicht mehr befüllt werden könne und eine Zwischenspeicherung des Wassers somit ausfalle. Auch würde bei einer Ausleitung weiter unten wiederum Fallhöhe und somit auch Energieausbeute verloren gehen. Der Vorteil, den eine Ausleitung des Wassers an der geplanten Stelle mit sich bringe, sei eine Erhöhung der Fallhöhe um ca. 40 %, welche sich proportional auf die Energiegewinnung auswirke; das anfallende Wasser könne in Zeiten, in denen keine elektrische Energie benötigt werde (z.B. nachts) gespeichert werden und die Turbine könne durch eine temporäre zusätzliche Beaufschlagung mit dem gespeicherten Wasser in einem besseren Wirkungsgrad betrieben werden. Der Umfang der einzuräumenden Zwangsrechte sei im Vergleich als gering einzustufen, weil sich diese im Bereich um 10 m2 bewegen würden. Die benötigten Grundflächen seien als land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen zu werten, die aber durch ihre Lage eine Nutzungseinschränkung erfahren würden; dies schlage sich auch in der festgelegten Entschädigung nieder.

Das öffentliche Interesse manifestiere sich dadurch, dass eine schon bewilligte Wasserkraftnutzung, welche durch den Murenabgang 1983 nicht mehr in der ursprünglichen Form betrieben werden könne, ohne eine Änderung der Einzugsmenge durch die vorliegende bauliche Änderung in einem viel höherem Ausmaß genutzt werden könne als bisher. Zur Wirtschaftlichkeit der Anlage sei auszuführen, dass ein Großteil derselben schon vor Jahren errichtet worden sei und nun mit einem relativ geringen Mehraufwand die Rentabilität der Anlage enorm gesteigert werden könne. Im vorliegenden Verfahren gehe es um eine Anlagenänderung, nicht jedoch um die Bewilligung des kompletten Kraftwerkes. Der zu erwartende Nutzen durch die Projektsänderung im Sinne einer möglichst effizienten Nutzung der Wasserkraft überwiege den Eingriff durch die Servitutseinräumung eindeutig. Einer beinahe Verdoppelung der Energieproduktion stehe eine Leitungsservitut im Ausmaß vom 10 m2 in einem verblockten Bachbett in unzugänglichem Gelände gegenüber. Ferner sei noch auszuführen, dass gegen die Bewilligung der Wildbachsperre seitens der Anrainer B. (= mitbeteiligten Parteien) und G. H. keine Einwände erhoben worden seien, obwohl diese die Holzbringung, soweit sie im Bachbett erfolge, weit mehr behindern werde, als ein bündig verlegtes Rohr bzw. Tirolerwehr.

Eine Gefährdung durch eine Verschärfung der Murensituation im Bach sei lt. Aussage des wasserbautechnischen Amtssachverständigen nicht gegeben und auch einleuchtend, weil die Rohrleitung eingegraben werde und das Tirolerwehr bündig mit der Bachsohle abschließe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher die beschwerdeführenden Parteien die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehren. Die beschwerdeführenden Parteien begründen ihren Antrag dahingehend, dass maßgebende Sachverhaltsfeststellungen der Behörde offenkundig unrichtig seien. Bei Ausübung der mit dem angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung werde das gesamte Wasser des S.-Baches entnommen. Eine Restwassermenge sei nicht vorgeschrieben worden. Es sei offenkundig, dass durch den Mangel an Restwasser ein ökologisches Ungleichgewicht am S.-Bach auftreten werde. Dadurch und durch den Eingriff in das Eigentumsrecht durch Verlegung der Zulaufleitung und der Wasserfassung (teilweise) auf dem Gst. 1530/21 würden die beschwerdeführenden Parteien einen unverhältnismäßigen Nachteil erleiden. Diesem Nachteil stehe kein Vorteil der mitbeteiligten Parteien aus der sofortigen Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung gegenüber. Wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt werde, betrage die Wasserführung des S.-Baches lediglich 10 l/s., die eine wirtschaftliche Führung des Kraftwerkes nicht ermögliche. In Bezug auf diesen unwirtschaftlichen Kraftwerksbau stelle sich der Eingriff in fremdes Eigentum durch Verlegung der Zulaufleitungen und der Wasserfassung und auch durch den Entzug des gesamten Wassers aus dem S.-Bach als unverhältnismäßiger Nachteil dar.

Im Rahmen der erstatteten Gegenschrift äußerte sich die belangte Behörde zur beantragten aufschiebenden Wirkung dahingehend, dass die neu bewilligte Wasserfassung keinen Eingriff in die ökologische Funktionsfähigkeit des S.-Baches darstelle, weil das Gewässerkontinuum schon durch die Ausleitung an der provisorischen Wasserfassung unterbrochen werde. Im Verfahren betreffend die Bewilligung des bestehenden Kraftwerkes sei keine Restwassermenge vorgeschrieben worden. Die Einräumung der Leitungsservitut sei rechtmäßig erfolgt, um die Wasserkraft am S.- Bach im Sinne des § 105 lit. h und lit. i WRG 1959 effizienter zu nutzen. Die Interessensabwägung zu Gunsten der mitbeteiligten Parteien sei auf Grund eines sehr umfangreichen Ermittlungsverfahrens getroffen worden, welches in keiner Weise offensichtliche Mängel aufweise. Die beschwerdeführenden Parteien würden mit ihrer Argumentation Vorbringen verbinden, die teilweise die aufrechte Bewilligung des Kraftwerkes samt Stundenspeicher und teilweise die Kollaudierung betreffen würden. Es werde daher beantragt, keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weil dieser öffentliche Interessen entgegenstünden.

Die mitbeteiligten Parteien führten in ihrer Stellungnahme insbesondere aus, das ihnen der gesamte Wasserbezug des S.-Baches bereits seit dem Bescheid aus dem Jahre 1970 zustehe und in diesem Sinne auch heute noch das gesamte Wasser für die Kraftwerksanlage der mitbeteiligten Parteien genutzt werde. Der angefochtene Bescheid beinhalte keinerlei Zuspruch über den Wasserbezug, sondern regle lediglich, wohin die Bachfassung bzw. Zuleitungen verlegt würden. Der angefochtene Bescheid verändere daher auch in keiner Weise die ökologische Situation an S.-Bach, sodass die diesbezüglichen Argumente der beschwerdeführenden Parteien ins Leere gingen. Der Vollständigkeit halber sei auch noch darauf hinzuweisen, dass bereits vor Jahren ein ökologisches Gutachten eingeholt worden sei, dem entnommen werden könne, dass eine Restwassermenge de facto keinen tatsächlichen positiven Einfluss auf die Ökologie des S.-Baches habe. Gemäß dem Lageplan des D.I. M. vom 20. April 2001 werde mit der über das Grundstück Nr. 1530/21 verlegten Rohrleitung eine Fläche von insgesamt

7.61 M2 in Anspruch genommen und zwar einschließlich der geringfügigen Fläche für das Einlaufgitter. Ferner verweisen die mitbeteiligten Parteien auf die an die an die beschwerdeführenden Parteien zu leistende Entschädigung und stellen fest, es würden nicht einmal die beschwerdeführenden Parteien behaupten können, dass die eingegrabene Leitung bzw. das Einlaufgitter irgend eine Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstückes Nr. 1530/21 (Wald) nach sich zögen.

Mit einer weiteren Eingabe vom 2. Mai 2005 legten die beschwerdeführenden Parteien eine ergänzende Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Umweltschutz und Technik des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 9. März 2005 vor, worin aus der Sicht der Gewässerökologie die Vorschreibung einer Pflichtwassermenge zur Aufrechterhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit des S.- Baches gefordert wird.

Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Zwingende öffentliche Interessen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, sind werden auch mit der von den beschwerdeführenden Parteien ergänzend vorgelegten Stellungnahme eines umweltökologischen Amtssachverständigen nicht dargetan. Die beschwerdeführenden Parteien zeigen mit ihren allgemeinen Ausführungen zur Beeinträchtigung der Gewässerökologie, womit sie im Wesentlichen die Verletzung von öffentliche Interessen und nicht von subjektiven Rechten geltend machen, aber auch mit dem allgemeinen Hinweis auf die durch die Einräumung einer Leitungsservitut verbundene Einschränkung ihres Eigentums keinen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG auf.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 11. Mai 2005

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte