VwGH 2004/08/0181

VwGH2004/08/01817.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Mag. W in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. Juli 2004, Zl. MA 15-II-2-2864/2004, betreffend Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §4 Abs4 Z1 lita;
GSVG 1978 §25 Abs1;
GSVG 1978 §25 Abs2 Z2;
EStG 1988 §4 Abs4 Z1 lita;
GSVG 1978 §25 Abs1;
GSVG 1978 §25 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Kostenersatzbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 16. Dezember 2003 von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt die bescheidmäßige Feststellung der Bemessungsgrundlage für die Krankenversicherung im Jahr 2001. Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 28. Jänner 2004 wurde die monatliche Beitragsgrundlage des Beschwerdeführers in der Krankenversicherung nach § 25 GSVG für die Zeit vom 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2001 mit EUR 1.163,88 festgestellt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, auf Grund seiner Tätigkeit als Steuerberater unterliege der Beschwerdeführer seit 1. Jänner 2000 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG. Auf Grund seiner Stellung als persönlich haftender Gesellschafter der S.- Vortrags OEG unterliege er seit 1. Februar 1999 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG. Der Einkommensteuerbescheid 2001 weise Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 127.724,47 aus. Hievon entfielen auf die Vortragstätigkeit insgesamt (laut dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 20. November 2003) EUR 6.871,14. Im Jahr 2001 seien in der Pensionsversicherung Beiträge in Höhe von insgesamt EUR 6.776,04 vorgeschrieben worden, in der Krankenversicherung insgesamt EUR 319,32. Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung seien alle im Jahr 2001 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge hinzuzurechnen, auch jene in der Pensionsversicherung, da § 25 Abs. 1 Z 2 GSVG keine Zuordnung der vorgeschriebenen Beiträge zur jeweiligen Tätigkeit vorsehe. Es handle sich bei allen Beiträgen um Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988.

In seinem Einspruch gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, dass "das GSVG keine eigenständigen Ermittlungsvorschriften für die versicherungspflichtigen Einkünfte" kenne, sondern auf das Einkommensteuerrecht verweise. Aufwendungen seien bei jener Einkunftsart zu verrechnen, "von der diese veranlasst werden". Dies gelte auch für die Einkünfteberechnung bei voneinander getrennten Betrieben und ebenso, wenn eine Gewinntangente auf Grund einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gemäß § 188 BAO festgestellt werde. Der Gewinn aus der OEG sei für das Jahr 2001 einheitlich und gesondert gemäß § 188 BAO festgestellt worden. Aus dieser Gewinnfeststellung ergebe sich ein Gewinnanteil in Höhe von EUR 6.871,14. Der bereits vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das Jahr 2001 sei zu entnehmen, dass bei der Gewinnberechnung keine Ausgaben für die gesetzliche Pensionsversicherung zum Abzug gekommen seien. Dies wäre auch einkommensteuerrechtlich nicht möglich gewesen, da die Pensionsversicherungsbeiträge ausschließlich im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Steuerberater angefallen und bei der Gewinnberechnung seines Einzelunternehmens als Betriebsausgabe zum Abzug gekommen seien. Im Jahr 2001 habe es einerseits Einkünfte aus der Tätigkeit als Steuerberater gegeben, bei denen die vorgeschriebenen Pensionsbeiträge als Betriebsausgabe zum Abzug gekommen seien, und andererseits einen Gewinn aus der Tätigkeit der OEG, wobei diesbezüglich allerdings keine Pensionsbeiträge zum Abzug gekommen seien, da dies einkommensteuerrechtlich nicht zulässig gewesen wäre. Für eine Zurechnung der Pensionsversicherungsbeiträge aus der Einkunftsquelle der Tätigkeit als Steuerberater fehle die gesetzliche Grundlage, da diese bei der Einkunftsquelle der Tätigkeit der OEG keine einkommensteuerrechtlichen Betriebsausgaben darstellten. Die Vorgangsweise der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt widerspreche nicht nur dem Gesetzeswortlaut, sondern auch der ratio der Hinzurechnungsvorschrift des § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG. Wäre die Rechtsauffassung der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt zutreffend, würde dies bedeuten, dass der Beschwerdeführer von der Versicherungsgrenze des § 4 Abs. 6 GSVG von vornherein ausgeschlossen wäre, da die hinzuzurechnenden Pensionsversicherungsbeiträge aus seiner Tätigkeit als Steuerberater höher seien als die Versicherungsgrenze.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Einspruch des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, der Beschwerdeführer unterliege "u.a." auf Grund seiner Vortragstätigkeit seit 1. Februar 1999 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG und sei daher auch in der Krankenversicherung nach dem GSVG beitragspflichtig. Aus seiner Tätigkeit als Vortragender habe er im Jahr 2001 Einkünfte in der Höhe von EUR 6.871,14 erzielt. Im Jahr 2001 seien dem Beschwerdeführer Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 319,32 in der Krankenversicherung sowie EUR 6.776,05 in der Pensionsversicherung nach dem GSVG vorgeschrieben worden. Die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pensionsversicherung, die nach dem GSVG vorgeschrieben worden seien, seien gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG dem gemäß § 25 Abs. 1 GSVG ermittelten Betrag hinzuzurechnen. Dabei komme es nur darauf an, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben worden seien. Die Hinzurechnung betreffe sämtliche Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung, ohne dass Krankenversicherungs- und Pensionsversicherungsbeiträge dabei aufzuteilen wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 25 GSVG hat auszugsweise (in allen hier maßgebenden Fassungen BGBl. I Nr. 101/2000, Nr. 33/2001 und Nr. 100/2001) folgenden Wortlaut:

"Beitragsgrundlage

§ 25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 und 6, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,

...

2. zuzüglich der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten;

...

(3) Hat der Pflichtversicherte Einkünfte aus mehreren die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten, so ist die Summe der Einkünfte aus diesen Erwerbstätigkeiten für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.

..."

Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1999, Zl. 94/08/0127, ausgeführt hat, können Einkünfte, die von einer Erwerbstätigkeit herrühren, welche keine Versicherungspflicht begründet, zur Bemessung der Beitragsgrundlage nicht herangezogen werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2000/08/0205). Im vorliegenden Fall haben zwar beide Tätigkeiten des Beschwerdeführers zu einer Pflichtversicherung nach dem GSVG geführt. Es ist aber davon auszugehen, dass bei der Bemessung der Beitragsgrundlage auf jene Erwerbstätigkeiten abzustellen ist, die die Pflichtversicherung in dem Bereich, für den die Beitragsgrundlage festzustellen ist, nach sich ziehen. Dies ergibt sich einerseits aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 GSVG (arg.: " ... Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz ... unterliegen ... ") und andererseits daraus, dass bei der Hinzurechnung gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG auf den Durchschnitt der Monate "der Erwerbstätigkeit" abgestellt wird.

Im vorliegenden Fall wurde die Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung festgestellt. Bei einer solchen Feststellung können demnach nur jene Tätigkeiten maßgeblich sein, die eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründen.

Die belangte Behörde hat diesbezüglich keine Feststellungen getroffen. Dem Beschwerdevorbringen und einem im Akt befindlichen Aktenvermerk der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 24. Juli 2002 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Tätigkeit als Wirtschaftstreuhänder nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG unterliegt. Auch das Vorbringen im Einspruch des Beschwerdeführers deutet in diese Richtung. Offenbar wurden auch die Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als Wirtschaftstreuhänder nicht im Sinne des § 25 Abs. 1 GSVG für die Bemessung der Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung herangezogen.

Im vorliegenden Fall wurden allerdings Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf Grund der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Wirtschaftstreuhänder vorgeschrieben worden waren, gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG bei der Berechnung der Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung dem gemäß § 25 Abs. 1 GSVG ermittelten Betrag hinzugerechnet. Führte diese Tätigkeit aber nicht zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG, dann wäre diese Hinzurechnung zu unterlassen gewesen. Dadurch, dass das GSVG Tätigkeiten kennt, die nur hinsichtlich der Kranken- oder nur hinsichtlich der Pensionsversicherung diesem Gesetz unterliegen, erweist sich eine solche Differenzierung bei der Bemessung der jeweiligen Beitragsgrundlage, die nach dem Wortlaut des § 25 GSVG, der auf die Erwerbstätigkeit abstellt, vorzunehmen ist, auch als sachlich geboten.

Die belangte Behörde hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen der S.- Vortrags OEG zu einer Pflichtversicherung auch in der Pensionsversicherung nach dem GSVG geführt hat. Sollte dies der Fall sein, dann wären allfällige dafür vorgeschriebene Beiträge zur Pensionsversicherung im Sinne des § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG hinzuzurechnen, aber nur, soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten. Eine Hinzurechnung hat also nur dann stattzufinden, wenn durch die steuerliche Behandlung dieser Beiträge ohne Hinzurechnung eine Verminderung der Beitragsgrundlage, die sich aus der maßgeblichen Tätigkeit ergibt, folgen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 99/08/0152).

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass beide Tätigkeiten des Beschwerdeführers zu Einkünften aus selbständiger Arbeit geführt haben. Die vom Beschwerdeführer genannte hg. steuerrechtliche Judikatur hatte hingegen Fälle zu beurteilen, die zu Einkünften aus mehreren Einkunftsquellen geführt haben, welche auch einkommensteuerrechtlich verschiedenen Einkunftsarten zuzurechnen waren. Der Verwaltungsgerichtshof hat dort ausgesprochen, dass die Aufwendungen auf diese Einkünfte entsprechend aufzuteilen sind (vgl. das vom Beschwerdeführer zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001, Zl. 2001/14/0090; vgl. z.B. ebenso die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1990, Zl. 90/14/0180, vom 29. Mai 1996, Zl. 93/13/0008, und vom 28. Jänner 1997, Zl. 95/14/0156). Wie der Beschwerdeführer aufzeigt, können aber Aufwendungen auch innerhalb ein und derselben Einkunftsart verschiedenen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zugeordnet werden (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1980, Zl. 2429/77 u.a., betreffend Entnahmen; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. November 1984, Zl. 83/14/0046 u.a., betreffend Liebhaberei).

In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde Feststellungen unterlassen, welche Tätigkeit des Beschwerdeführers zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG geführt hat, welche Einkünfte mit dieser Tätigkeit verbunden waren und ob diese Einkünfte im Sinne des § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG durch die steuerliche Behandlung von Beiträgen eine Minderung erfahren haben, die zu einer entsprechenden Hinzurechnung hätte führen müssen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

In Zusammenhang mit der Frage, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Tätigkeit als Wirtschaftstreuhänder der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG unterlegen ist, ist abschließend noch auf das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2003/08/0096, hinzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dort ausgesprochen, dass für eine Ausnahme von der Versicherungspflicht im Sinne des § 5 GSVG eine Verordnung erforderlich ist, die hinsichtlich der Wirtschaftstreuhänder nicht gegeben war.

Das Kostenersatzbegehren war hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes abzuweisen, da der Beschwerdeführer nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG). Das die Eingabengebühr betreffende Kostenbegehren war im Hinblick auf die nach § 46 GSVG bestehende sachliche Abgabenfreiheit abzuweisen.

Wien, am 7. September 2005

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