VwGH 2004/04/0204

VwGH2004/04/020416.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Mag. M in F, vertreten durch Dr. Matthäus Grilc, Dr. Roland Grilc und Mag. Rudolf Vouk, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14-III, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 4. April 2003, GZ 611.920/008- BKS/2003, betreffend Beschwerde nach § 36 ORF-Gesetz (mitbeteiligte Partei: Österreichischer Rundfunk, 1136 Wien, Würzburggasse 30), zu Recht erkannt:

Normen

ORF-G 2001 §36 Abs9;
ORF-G 2001 §4;
ORF-G 2001 §5 Abs1;
ORF-G 2001 §36 Abs9;
ORF-G 2001 §4;
ORF-G 2001 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 4. April 2003 die vom Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. b ORF-Gesetz erhobene Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Feststellung begehrt, dass der Österreichische Rundfunk vom 1. Jänner 2003 bis 5. Februar 2003 durch das Unterlassen des Verbreitens von

1. Hörfunksendungen in den Sprachen der Volksgruppen der Tschechen, Kroaten, Slowaken, Slowenen, Ungarn und Roma in einem angemessenen Ausmaß und an angemessenen Sendeplätzen und/oder

2. Hörfunksendungen in Slowenisch, die auf terrestrischem Weg in den Siedlungsgebieten der Slowenen in der Steiermark empfangbar seien, und/oder

3. Fernsehsendungen in den Sprachen der Volksgruppen der Slowaken, Tschechen, Ungarn und Roma, und/oder

4. Fernsehsendungen in den Sprachen der Volksgruppen der Kroaten und Slowenen in einem angemessenen Ausmaß und an angemessenen Sendeplätzen

§ 5 Abs. 1 ORF-Gesetz verletzt habe.

Gemäß § 5 Abs. 1 ORF-Gesetz seien im Rahmen der gemäß § 3 ORF-Gesetz verbreiteten Programme angemessene Anteile in den Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat bestehe, zu erstellen. Das Ausmaß der Programmteile sei im jeweiligen Jahressendeschema nach Anhörung des Publikumsrates festzulegen. Es sei daher zu prüfen gewesen, ob die vom Österreichischen Rundfunk zwischen 1. Jänner und 5. Februar 2003 verbreiteten volksgruppensprachlichen Sendungen einen "angemessenen Anteil" der Programme in den Volksgruppensprachen im Sinne des § 5 ORF-Gesetzes darstellten. Dabei sei zu beachten, dass dem Österreichischen Rundfunk bei der Programmgestaltung ein Spielraum eingeräumt sei, in dessen Rahmen es ihm möglich sein müsse, in zeitlicher und thematischer Hinsicht Schwerpunkte zu setzen, die dann zulässigerweise zu einem geringfügigeren Anteil in anderen Zeiträumen führen könnten. Dies habe zur Folge, dass nur die Betrachtung größerer Zeiträume eine Beurteilung der Angemessenheit des Programmanteiles im Sinne des § 5 ORF-Gesetz zulasse. Die Heranziehung von lediglich fünf Wochen, wie dies dem Feststellungsantrag des Beschwerdeführers zu Grunde liege, stelle jedoch einen zu kurzen Überprüfungszeitraum dar; erst bei Betrachtung eines Sendezeitraumes, der über einen längeren Zeitraum ausgerichtet sei ("Jahressendeschema") und Abwägung der Volksgruppeninteressen einerseits mit der Erfüllung des Programmauftrages andererseits, wobei quantitative und qualitative Kriterien eine Rolle spielten, sei eine Beurteilung der Angemessenheit der Volksgruppenprogramme im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 ORF-Gesetz möglich. Der Beschwerde sei, schon weil sie ihrer Betrachtung einen viel zu kurzen Zeitraum zu Grunde lege, der Erfolg zu versagen gewesen.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 28. September 2004, B 753/03, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten, der hierüber erwogen hat:

Der Beschwerdeführer, der sich seinem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Feststellung der geltend gemachten Verletzung des ORF-Gesetzes verletzt erachtet, bringt vor, bereits die Unterlassung einer entsprechenden Versorgung von Volksgruppen durch sechs Wochen oder zwei Monate hindurch bedeute eine Verletzung des § 5 ORF-Gesetzes. Zu berücksichtigen sei auch, dass das Recht, eine Verletzung des ORF-Gesetzes feststellen zu lassen, sechs Wochen nach Verwirklichung des Sachverhaltes verfriste. Dies gelte auch für Handlungen, deren Rechtmäßigkeit nach Auffassung der belangten Behörde erst nach einigen Monaten beurteilt werden könne. Die Annahme im angefochtenen Bescheid, es sei ein längerer Beobachtungszeitraum erforderlich, stehe weder mit der Gesetzessystematik noch mit den Wertungen des Gesetzes im Einklang. Da im angefochtenen Bescheid keine Überprüfung der Angemessenheit von Volksgruppensendungen erfolgt sei, sei schon dadurch § 5 Abs. 1 ORF-Gesetz verletzt worden.

Gemäß § 5 Abs. 1 ORF-Gesetz (ORF-G) sind im Rahmen der gemäß § 3 verbreiteten Programme angemessene Anteile in den Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen. Das Ausmaß der Programmanteile ist im jeweiligen Jahressendeschema nach Anhörung des Publikumsrates festzulegen.

Der Österreichische Rundfunk kann diesem Auftrag gemäß § 5 Abs. 2 ORF-Gesetz auch teilweise dadurch nachkommen, dass er Sendungen nach Abs. 1 nach vorheriger vertraglicher Vereinbarung mit anderen Rundfunkveranstaltern in Gebieten der in Österreich ansässigen autochthonen Volksgruppen (Abs. 1) unter Nutzung der diesen Rundfunkveranstaltern zugeordneten Übertragungskapazitäten ausstrahlt. Das Ausmaß der auf diese Weise ausgestrahlten Sendungen ist auf Vorschlag des Generaldirektors nach Anhörung des Publikumsrates durch Beschluss des Stiftungsrates auf die Programmanteile nach Abs. 1 anzurechnen. Ebenso kann der Österreichische Rundfunk an der Gestaltung und Herstellung von Sendungen durch andere Rundfunkveranstalter, die ein auf die Interessen der Volksgruppen Bedacht nehmendes eigenständiges Programmangebot verbreiten, mitwirken.

Beim "besonderen Auftrag" gemäß § 5 Abs. 1 ORF-G handelt es sich um den Auftrag zur Berücksichtigung besonderer Zielsetzungen bei der Programmgestaltung. In diesem Sinne ist bei der Programmgestaltung auf die Verbreitung spezifischer Sendungen in der Volksgruppensprache jener Volksgruppen, für die Volksgruppenbeirat besteht, in angemessener Weise Bedacht zu nehmen.

Ebenso wie die Zielsetzungen gemäß § 4 ORF-G stellt auch der "besondere Auftrag" nach § 5 Abs. 1 ORF-G eine Grundlage für die Programmgestaltung durch den Österreichischen Rundfunk dar. Für den "besonderen Auftrag" gilt daher ebenso wie für die Zielsetzungen gemäß § 4 ORF-G, dass die Programme des Österreichischen Rundfunks in ihrer Gesamtheit und über einen längeren Zeitraum hin gesehen die Orientierung der Programmgestaltung an der entsprechenden Zielsetzung erkennen lassen müssen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2004/04/0009).

Von dieser Rechtslage ausgehend ist die Auffassung der belangten Behörde, ein Beobachtungszeitraum von lediglich fünf Wochen sei für eine Beurteilung, ob in der Gesamtheit der Programme des Österreichischen Rundfunks der Auftrag gemäß § 5 Abs. 1 ORF-G erfüllt worden sei, keinesfalls ausreichend, nicht als rechtswidrig zu beanstanden; stellt doch der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 ORF-G - wie die Behörde zutreffend hervorhebt - auf ein Jahres- und nicht etwa auf ein Monatssendeschema ab.

Dass Beschwerden gemäß § 36 Abs. 9 ORF-G innerhalb von sechs Wochen, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung des ORF-G eingebracht werden müssen, kann an dieser Beurteilung schon deshalb nichts ändern, weil die gesetzliche Festlegung einer Frist für die Beschwerdeerhebung nichts über die Dauer jenes durch den Gestaltungsspielraum des ORF bei Umsetzung des allgemeinen und des besonderen Programmauftrages bedingten - längeren - Zeitraumes besagt, dessen Auswertung eine Aussage über die Erfüllung der erwähnten Aufträge überhaupt erst ermöglicht.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. Februar 2005

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte