VwGH 2004/18/0266

VwGH2004/18/026628.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des F, geboren 1980, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Juli 2004, Zl. SD 959/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §64 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §45 Abs4;
FrG 1997 §56;
SMG 1997 §27;
SMG 1997 §28 Abs3;
StGB §70;
VwGG §34 Abs1;
AVG §64 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §45 Abs4;
FrG 1997 §56;
SMG 1997 §27;
SMG 1997 §28 Abs3;
StGB §70;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Juli 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen und der von der Erstbehörde ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 45 Abs. 4 FrG bestätigt.

Der Beschwerdeführer sei im Jänner 2003 illegal nach Österreich gelangt und habe am 13. Jänner 2003 einen Asylantrag gestellt, welcher am 29. Mai 2004 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe während dieses Asylverfahrens über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt.

Mit Urteil vom 16. April 2004 sei der Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 Suchtmittelgesetz (SMG) und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, davon sieben Monate unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 16. März 2004 gewerbsmäßig einem bekannten Suchtgiftabnehmer zwei Kugeln Kokain verkauft sowie weitere 13 Kugeln Heroin und Kokain für den unmittelbar bevorstehenden Weiterverkauf bereitgehalten habe.

Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität in erheblichem Ausmaß, sodass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen in Österreich. Auf Grund seines etwa eineinhalbjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet sei mit dem Aufenthaltsverbot jedoch ein Eingriff in das Privatleben verbunden. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei die Erlassung dieser Maßnahme jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche augenfällig, dass er nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, österreichische Rechtsvorschriften einzuhalten. Schon angesichts der gewerbsmäßigen Tatbegehung und der Suchtgiftdelikten immanenten Wiederholungsgefahr könne die Verhaltensprognose für den Beschwerdeführer nicht positiv ausfallen.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zu berücksichtigen, dass die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration in ihrer sozialen Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt werde.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlung sowie der damit verbundenen Wiederholungsgefahr könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbots auch nicht im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessens Abstand genommen werden.

Die von der Erstbehörde festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots von zehn Jahren sei auch nach Ansicht der belangten Behörde gerechtfertigt. In Anbetracht des dargestellten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und unter Bedachtnahme auf dessen - ohnehin nicht sehr ausgeprägte - private Interessen könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes, nämlich der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, nicht vor Verstreichen von zehn Jahren erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

2. Die Auffassung der belangten Behörde, dass im vorliegenden Fall die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität ebenfalls keinem Einwand, zumal der Beschwerdeführer bei der Begehung des Delikts gewerbsmäßig, also in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), vorgegangen ist. Auf Grund der Suchtgiftdelikten innewohnenden Wiederholungsgefahr (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/18/0242) kann der Umstand, dass der Beschwerdeführer nur wegen eines einmaligen Fehlverhaltens verurteilt worden ist, zu keinem anderen Ergebnis führen.

Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe nur aus einer Notlage heraus gehandelt, weil die ihm als Asylwerber gewährte staatliche Unterstützung zu gering gewesen sei, ist zu entgegnen, dass materielle Not den gewerbsmäßigen Verkauf von Suchtgift (Heroin und Kokain) und die damit verbundene große Gefährdung der Gesundheit anderer nicht rechtfertigen kann (vlg. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2004/18/0264). Der Beschwerdeführer macht daher mit der Rüge, die belangte Behörde hätte ihn zur "Klärung der Notlage" Parteiengehör einräumen müssen, keinen relevanten Verfahrensmangel geltend.

3. Gegen die - nicht konkret bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, die Erlassung des Aufenthaltsverbots sei im Grund des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG gerechtfertigt, bestehen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides keine Bedenken.

4. Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, im Rahmen des ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen, stellt doch die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Notlage im Hinblick auf das unter 2. Gesagte keinen Grund für eine derartige Ermessensübung dar. Im Übrigen sind weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers geboten erscheinen ließen.

5. Der belangten Behörde kann auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie in Anbetracht des aufgezeigten schwerwiegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Auffassung vertrat, ein Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände könnte nicht vor Verstreichen eines Zeitraumes von zehn Jahren erwartet werden, und daher das Aufenthaltsverbot für diese Dauer erließ. Im Übrigen zeigt der Beschwerdeführer keine Umstände auf, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, das Aufenthaltsverbot für einen kürzeren Zeitraum zu erlassen.

6. Durch den von der belangten Behörde bestätigten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung wurde der Beschwerdeführer, der in der Beschwerde einen inländischen Aufenthalt angibt, schon deshalb nicht in Rechten verletzt, weil er nicht behauptet, während des anhängigen Berufungsverfahrens abgeschoben worden zu sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2004/18/0250).

7. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. September 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte