VwGH 2004/13/0036

VwGH2004/13/003631.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der K in M L, vertreten durch Dkfm. Werner Gossar, Wirtschaftsprüfer in 1190 Wien, Weimarer Straße 93, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 18. Dezember 2003, Zl. RV/3530-W/02, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §303 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
BAO §303 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Wie sich der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides entnehmen lässt, erzielte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehemann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer näher bezeichneten Liegenschaft. Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen für das Jahr 1999 wurden die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt. Gegen die für das Jahr 1999 ergangenen Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sowie Umsatzsteuer vom 23. Juli 2001 wurde keine Berufung erhoben.

Mit Eingabe vom 15. Jänner 2002 regte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin die amtswegige Wiederaufnahme der Verfahren mit folgender Begründung an:

"Bei den o.a. Einkünften handelt es sich um solche aus einem Mietzinshaus. Es gab seitens der Hausverwaltung Probleme bei der Erstellung des Beiblattes 1999, die - wie sich erst spät herausstellte - aus der Tatsache resultieren, dass das Haus mit Stichtag 20.7.1999 verschenkt wurde. Wir meinen, dass die Schätzung des Finanzamtes die Tatsache, dass das Haus nur bis zum 20.7.1999 der Einnahmenerzielung dienen konnte, nicht berücksichtigen konnte und die Behörde - wäre ihr dies bekannt gewesen (eine Kopie des Schenkungsvertrages wurde anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 14.12.2001 verlangt) - zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen, somit ein Grund zur amtswegigen Wiederaufnahme nach § 303 BAO gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Ziel einer amtswegigen Wiederaufnahme, insgesamt ein rechtsmäßiges Ergebnis zu erreichen."

Der gegen den abweisenden Bescheid des Finanzamtes erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Bei der Wiederaufnahme eines Verfahrens von Amts wegen handle es sich um eine Ermessensentscheidung, wobei grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit einzuräumen sei. Im Beschwerdefall sei zu berücksichtigen, dass trotz zweimaliger Fristverlängerung keine Berufung eingebracht worden sei. Bis dato lägen auch keine nachträglich erstellten Steuererklärungen und keine Überschussrechnung für das Jahr 1999 vor. Der bloße Hinweis auf eine Mitte des Jahres 1999 erfolgte Schenkung der Liegenschaft ermögliche für sich allein keinesfalls die Beurteilung der steuerlichen Auswirkungen einer allfälligen Wiederaufnahme, sodass mangels konkreter Angaben über die im Streitjahr erzielten Ergebnisse nicht davon ausgegangen werden könne, dass Umstände gewichtiger Art hervorgekommen seien und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Davon abgesehen räume § 303 Abs. 4 BAO nach ständiger (näher angeführter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Partei auch kein subjektives Recht auf eine Wiederaufnahme von Amts wegen ein, sodass es des vom Finanzamt getroffenen bescheidmäßigen Abspruches gar nicht bedurft hätte und die bloße Mitteilung darüber, dass eine Wiederaufnahme von Amts wegen nicht verfügt werde, ausreichend gewesen wäre.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer und Feststellung von Einkünften für das Jahr 1999 verletzt.

§ 303 BAO idF vor BGBl. I Nr. 97/2002 lautet auszugsweise:

"(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

...

(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, streitentscheidend sei, ob "die Behörde - wenn ihr die Tatsache der nur über sieben Monate dauernden Einkommenserzielung bekannt gewesen wäre - zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen als im gegenständlichen Fall, wo von einer ganzjährigen Einkommenserzielung ausgegangen wurde". Da es oberstes Ziel eines Ermittlungsverfahrens sei, ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis zu erzielen, hätte die Abgabenbehörde - unabhängig von eingebrachten Verlängerungsanträgen - dem Antrag auf Wiederaufnahme Folge geben müssen. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig infolge "Verletzung von Verfahrensvorschriften (Aktenwidrigkeit, Begründungsmangel, Verletzung der Offizialmaxime)".

Mit diesem Vorbringen bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass ihr Hinweis auf den im Jahr 1999 abgeschlossenen Schenkungsvertrag ausschließlich unter dem Gesichtspunkt ihres Wunsches auf amtswegige Wiederaufnahme der betroffenen Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO erfolgt ist.

Auf die im Verwaltungsverfahren angeregte amtswegige Wiederaufnahme der Verfahren nach § 303 Abs. 4 BAO besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - worauf im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen wird - kein subjektives öffentliches Recht (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0176).

Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, einen Antrag auf Wiederaufnahme gestellt zu haben, kann sich diese Behauptung mangels Bestreitung des im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Vorbringens nur auf die Eingabe, wie sie im angefochtenen Bescheid dargestellt wird, beziehen. Danach wurde ein Antrag nicht gestellt.

Da eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch das Unterbleiben der amtswegigen Wiederaufnahme der Verfahren nicht in Betracht kommt, war die Beschwerde - durch einen gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 31. März 2004

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