VwGH AW 2004/03/0015

VwGHAW 2004/03/001529.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des Mag. G,

2. der E, 3. der W, 4. der L und 5. des S, alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 19. März 2004, Zl. 299.333/5-II/Sch2/04, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (mitbeteiligte Partei: E AG), erhobenen und zur Zl. 2004/03/0064 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

32004D0884 Nov-31996D1692;
EisenbahnG 1957 §33;
EisenbahnG 1957 §35;
EisenbahnG 1957 §36;
VwGG §30 Abs2;
32004D0884 Nov-31996D1692;
EisenbahnG 1957 §33;
EisenbahnG 1957 §35;
EisenbahnG 1957 §36;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei die von dieser für Baumaßnahmen im Bahnhof Maxing im Rahmen des dritten Abschnittes - Verbindungstunnel der Verbindungsstrecke zwischen West-, Süd- und Donauländebahn (Lainzer Tunnel) beantragte eisenbahnrechtliche Baugenehmigung "gemäß §§ 33, 35 und 36 des Eisenbahngesetzes" sowie eine "abfallwirtschaftliche Bewilligung" gemäß § 9 Abs. 2 und 3 AWG 1990 erteilt. Nach dem Spruch dieses Bescheides bezieht sich die erteilte eisenbahnrechtliche Baugenehmigung auf im Einzelnen angeführte projektsgegenständliche Einzelbaumaßnahmen (Errichtung eines Ladegleises, Errichtung eines Ladebereiches, provisorische Verlegung von Kabeltrassen, Herstellung von Bohrpfahlwänden und Errichtung von Gleisübergängen).

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird der Antrag gestellt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dieser Antrag wird damit begründet, dass durch die Errichtung der Bohrpfahlwände für den geplanten Start- und Förderschacht des Lainzer Tunnels erhebliche Setzungen eintreten würden, die den Baubestand der Beschwerdeführer gefährdeten, "wobei eine Gefahr für Leib und Leben (Beschädigung von Gasleitungen) nicht ausgeschlossen" werden könne. Auswirkungen auf das Grundwasser seien "sehr wahrscheinlich". Schließlich würden die Antragsteller durch die Bauarbeiten durch "Lärm- und sonstige Immissionen massiv in ihrer Lebensqualität bzw. in der sonstigen Nutzung ihrer Liegenschaften beeinträchtigt werden". Die den Antragstellern drohenden Schäden würden deutlich schwerer wiegen als die negativen Folgen, die eine Verzögerung des Projektes für die mitbeteiligte Partei nach sich ziehen würde. Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Das Fehlen zwingender öffentlicher Interessen an der Durchführung des Projekts Lainzer Tunnel werde durch verschiedene Untersuchungen belegt. In diesem Zusammenhang legten die Antragsteller ein von einer Interessengemeinschaft von Anrainern in Auftrag gegebenes Gutachten über "Verkehrsplanerische Grundlagen für das Projekt Lainzer Tunnel", bearbeitet von Univ.- Prof. Dr. S, vor.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen. Die belangte Behörde führte aus, dass der aufschiebenden Wirkung das bestehende zwingende öffentliche Interesse entgegenstehe. Das - im Anschluss an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2001, Zl. 2000/03/0161, fortgesetzte Verfahren zur Erlangung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung für den dritten Abschnitt - Verbindungstunnel des Projektes Lainzer Tunnel sei noch nicht abgeschlossen, eine Bescheiderlassung jedoch in Kürze zu erwarten. Die mit dem angefochtenen Bescheid bewilligten Arbeiten seien erforderlich, um nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides für das Gesamtprojekt möglichst rasch mit den Bauarbeiten beginnen zu können, um eine Verzögerung der Gesamtfertigstellung des Lainzer Tunnels - die im zwingenden öffentlichen Interesse "an der Verbesserung der Eisenbahnverkehrsrelationen im Raum Wien einschließlich einer neuen, leistungsfähigen und modernen Verbindungsbahn zwischen Westbahn, Südbahn und Donauländebahn" gelegen sei - möglichst gering zu halten. Das zwingende öffentliche Interesse am Gesamtbauprojekt des "Lainzer Tunnels" sei insbesondere durch eine Reihe von Erklärungen und Stellungnahmen, die im Rahmen des Trassenverordnungsverfahrens abgegeben wurden, sowie durch die "Bauübertragung des gegenständlichen Projektes durch Verordnung" dokumentiert. Festzuhalten sei auch, dass die Realisierung des Vorhabens in Abstimmung mit den Österreichischen Bundesbahnen erfolge. Bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung könne das Betriebsprogramm der ÖBB nicht aufrecht erhalten werden und es wäre "mit einer Störung des ordnungsgemäßen Eisenbahnbetriebes auf der bestehenden Verbindungsbahn zu rechnen". Darüber hinaus brachten die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei vor, dass die Beschwerdeführer keinen ihnen drohenden unverhältnismäßigen Nachteil bescheinigt hätten.

Die Antragsteller erstatteten zur Äußerung der mitbeteiligten Partei eine Stellungnahme, in der sie u.a. vorbrachten, dass der Betrieb der Verbindungsbahn "durch die Absperrung von zwei Gleisen" nicht beeinträchtigt würde; nochmals verwiesen die Antragsteller auf das mit der Beschwerde vorgelegte Gutachten des Univ.-Prof. Dr. S, das das "fehlende öffentliche Interesse am Lainzer Tunnel belegt".

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen, ist eine Abwägung der Interessen nicht mehr vorzunehmen. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch nicht zu prüfen.

Die belangte Behörde hat in ihrer Äußerung dargelegt, dass das mit dem angefochtenen Bescheid bewilligte Bauvorhaben Teil des gesamten Bauprojektes "Lainzer Tunnel" ist und dass der Verwirklichung dieses Gesamtbauprojektes im Hinblick auf die Verbesserung der Eisenbahnverkehrsrelationen im Raum Wien einschließlich einer neuen, leistungsfähigen und modernen Verbindungsbahn zwischen Westbahn, Südbahn und Donauländebahn erhebliche verkehrspolitische Bedeutung zukomme. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehreren das Eisenbahnvorhaben Lainzer Tunnel betreffenden Beschlüssen den Umstand zu Grunde gelegt, dass dieses Projekt die Schaffung einer leistungsfähigen Eisenbahnverbindung durch Wien gewährleiste, die die West-, Süd- und Donauländebahn miteinander verbindet, was erforderlich sei, weil die bestehenden Bahnen bereits überlastet seien, und hat demgemäß bejaht, dass an dessen Realisierung zwingende öffentliche Interessen bestehen (vgl. die Beschlüsse vom 26. September 2003, Zl. AW 2003/03/0038, und vom 14. Oktober 2002, Zl. AW 2002/03/0085).

Die Ausführungen der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei sind im Rahmen des Verfahrens über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Dass eine erhebliche Änderung im Bezug auf das Bestehen der von der belangten Behörde dargelegten und in den erwähnten Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes bereits bejahten zwingenden öffentlichen Interessen an der Errichtung des Eisenbahnvorhabens Lainzer Tunnel

- zu diesem gehören die bewilligten Bauarbeiten - eingetreten wäre, lässt sich aus den von den Antragstellern vorgelegten Unterlagen nicht ableiten. Der Lainzer Tunnel wird etwa im "Masterplan Verkehr Wien" 2003 bei den dort angeführten Maßnahmen an der ersten Stelle angeführt. Für den Weiterbestand eines zwingenden öffentlichen Interesses spricht u.a. auch die aktuelle Entscheidung Nr. 884/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABl. L 167, S. 1, zumal die Verbindung Salzburg-Wien/Wien-Bratislava im Anhang III Z 17 dieser Entscheidung nunmehr als Teil einer Eisenbahnachse angeführt wird, bei der es sich um ein vorrangiges Vorhaben von europäischem Interesse gemäß Art. 19 und 19a der erwähnten Entscheidung handelt.

Da nach dem Gesagten der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen, ist eine Abwägung der berührten Interessen nicht vorzunehmen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG sind somit nicht gegeben.

Wien, am 29. Juni 2004

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