VwGH 2004/01/0418

VwGH2004/01/04189.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über den Antrag des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. September 2004, Zl. 32 Cg 8/01 h, auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Spruchpunkt I. des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. Oktober 2000, Zl. 217.597/0-XI/38/00, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages in einer Asylsache (weitere Parteien:

1. E in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, 2. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1010 Wien, Singerstraße 17-19), den Beschluss gefasst:

Normen

AHG 1949 §11 Abs1;
OrgHG 1967 §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §64;
VwGG §65 Abs1;
VwGG §70;
AHG 1949 §11 Abs1;
OrgHG 1967 §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §64;
VwGG §65 Abs1;
VwGG §70;

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Die erstgenannte weitere Partei erhob gegen die Republik Österreich Amtshaftungsklage, weil der im Spruch zitierte Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. Oktober 2000 (zu ergänzen: dessen Spruchpunkt I.) rechtswidrig gewesen sei, was einen näher bezifferten Schaden zur Folge gehabt habe. Das antragstellende Gericht wies diese Klage zunächst ab. Mit Beschluss vom 25. Juni 2003 gab das Oberlandesgericht Wien der gegen das klagsabweisende Urteil erhobenen Berufung Folge; es behob das Urteil und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Dieses führte in der Folge am 24. November 2003 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung durch, die es nach Erstattung wechselseitigen Vorbringens durch die Streitteile seines Verfahrens auf unbestimmte Zeit erstreckte. Ohne dazwischen einen weiteren Verfahrensschritt zu setzen, stellte es schließlich unter Berufung auf § 11 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz (AHG) den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge feststellen, dass der im Spruch genannte Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. Oktober 2000 (dessen Spruchpunkt I.) rechtswidrig gewesen sei.

Der Antrag erweist sich als unzulässig.

§ 11 Abs. 1 erster Satz AHG lautet:

"Ist die Entscheidung des Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides einer Verwaltungsbehörde abhängig, über die noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, und hält das Gericht den Bescheid für rechtswidrig, so hat es, sofern die Klage nicht gemäß § 2 Abs. 2 abzuweisen ist, das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde (Antrag) nach Artikel 131 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu begehren."

§ 65 VwGG bestimmt bezüglich der Einleitung des Verfahrens nach § 11 Abs. 1 AHG Folgendes:

"(1) Sobald der Beschluss auf Unterbrechung des Verfahrens (§ 11 Amtshaftungsgesetz; § 9 Organhaftpflichtgesetz) rechtskräftig geworden ist, hat das Gericht den Antrag auf Überprüfung des Bescheides an den Verwaltungsgerichtshof zu leiten. Den übrigen Parteien steht es frei, binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Unterbrechungsbeschlusses ergänzende Ausführungen zur Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu machen.

(2) ...

(3) ..."

Gemäß den eben zitierten Vorschriften hat der Antragstellung an den Verwaltungsgerichtshof ein rechtskräftiger Unterbrechungsbeschluss voranzugehen. Die Unterbrechung ist zwingend, weil das Gesetz eine Parallelität beider Verfahren (des Amtshaftungsprozesses einerseits und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens andererseits) unterbinden will (Schragel, AHG3, (2003) Rz 279). Das Abstellen auf die Rechtskraft des Unterbrechungsbeschlusses macht überdies deutlich, dass die Parteien des Amtshaftungsprozesses gegen ihren Willen nicht ein allenfalls zeitaufwändiges Feststellungsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof akzeptieren müssen, wenn die Frage, ob die Entscheidung des Amtshaftungsprozesses von der Rechtswidrigkeit des zu überprüfenden Bescheides abhängt, vom Amtshaftungsgericht unrichtig beurteilt wird. Dem Verwaltungsgerichtshof steht insoweit keine Überprüfungsbefugnis zu (VwSlg. 3658/A).

Ausgehend von diesen Überlegungen kann das Erfordernis eines Unterbrechungsbeschlusses nicht als rein zivilprozessuale Ordnungsvorschrift verstanden werden. Es ist vielmehr als eine spezifische Zulässigkeitsvoraussetzung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Amtshaftungs- und Organhaftpflichtsachen - zumal daran auch die Äußerungsmöglichkeit der Parteien (zum Kreis der Parteien siehe § 64 VwGG) nach § 65 Abs. 1 zweiter Satz VwGG anknüpft - zu betrachten (in diesem Sinn schon Ringhofer, Der Verwaltungsgerichtshof (1955) 256).

Im vorliegenden Fall hat das antragstellende Gericht keinen Unterbrechungsbeschluss gefasst. Sein Antrag war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 70 iVm § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 9. November 2004

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