Normen
VwGG §33 Abs1;
VwGG §45 Abs1 Z1;
VwGG §45 Abs1 Z4;
VwGG §45 Abs1;
VwRallg;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §45 Abs1 Z1;
VwGG §45 Abs1 Z4;
VwGG §45 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Das Verfahren über den Wiederaufnahmeantrag wird als gegenstandslos eingestellt.
Begründung
Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Bregenz (ABB) vom 7. August 2001 wurde der Erwerb von Weiderechten an der Agrargemeinschaft Alpe H unter anderem durch die Antragsteller gemäß § 33 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes, LGBl. Nr. 2/1979, genehmigt. Gegen diesen Bescheid erhob die Agrargemeinschaft Alpe H eine Berufung, die vom Alpmeister unterfertigt war.
Mit Bescheid vom 21. März 2002 wies der Landesagrarsenat Vorarlberg diese Berufung als unzulässig zurück. Begründet wurde diese Entscheidung damit, für die Erhebung einer Berufung hätte es eines Beschlusses der Vollversammlung der Agrargemeinschaft bedurft, der aber nicht vorgelegen sei.
Dieser Zurückweisungsbescheid des LAS vom 21. März 2002 wurde auf Grund einer Beschwerde der Agrargemeinschaft mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 2002, 2002/07/0067, mit der Begründung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, der Alpmeister habe auch ohne Beschluss der Vollversammlung auf Grund seiner Befugnis zur Vertretung der Agrargemeinschaft nach außen Berufung erheben können.
Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2003 stellten die Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem Erkenntnis vom 18. September 2002, 2002/07/0067, abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Sie machten das Vorliegen der Wiederaufnahmegründe nach § 45 Abs. 1 Z. 1 und 4 VwGG geltend und führten dazu aus, sie seien dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu Unrecht nicht als mitbeteiligte Parteien beigezogen worden. Wären sie beigezogen worden, hätten sie vorbringen können, dass der Alpmeister die Annahme des Verwaltungsgerichtshofes über seine Außenvertretungsbefugnis erschlichen habe, weil er gar nicht mehr Alpmeister gewesen sei.
Der mit diesem Wiederaufnahmeantrag konfrontierte LAS hat dem Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom 3. März 2004 mitgeteilt, dass die Agrargemeinschaft Alpe H ihre Berufung gegen den Bescheid der ABB vom 7. August 2001 zurückgezogen hat. Der Mitteilung des LAS war das Schreiben der Agrargemeinschaft vom 11. April 2003, mit dem die Berufung zurückgezogen wurde, angeschlossen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Verfügung vom 22. März 2004 die Antragsteller von diesem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt und dabei (vorläufig) die Auffassung vertreten, dass ihr Wiederaufnahmeantrag damit gegenstandslos geworden sei.
Hiezu äußerten sich die Antragsteller mit Schriftsatz vom 26. April 2004 dahingehend, dass sie am 9. Oktober 2003 vom LAS über die Berufungszurückziehung informiert worden seien. Aus schadenersatzrechtlichen Gründen seien sie aber an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes interessiert. Sollte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren einstellen, müssten sie sich vorbehalten, ihre Schäden anderweitig geltend zu machen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 45 Abs. 1 VwGG lautet auszugsweise:
"(1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
...
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder
..."
Ob die von den Antragstellern behaupteten Wiederaufnahmegründe überhaupt vorgelegen wären, braucht nicht geprüft werden, da das Wiederaufnahmeverfahren als gegenstandslos einzustellen ist.
Nach § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
§ 33 Abs. 1 VwGG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat, wenn also sein Rechtsschutzinteresse weggefallen ist (vgl. für viele den Beschluss vom 30. Jänner 2004, 2003/02/0148). Ein solcher Wegfall des Rechtsschutzinteresses ist gegeben, wenn eine andere als auf Einstellung lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes für die Rechte des Beschwerdeführers ohne Bedeutung wäre (vgl. den Beschluss vom 15. Mai 1979, 3077, 3078/78 = VwSlgNF 9842 A).
§ 33 Abs. 1 VwGG bezieht sich zwar seinem Wortlaut nach nur auf Beschwerden; der in § 33 Abs. 1 für Beschwerdeverfahren zum Ausdruck gebrachte Grundsatz des Rechtsschutzinteresses als Prozessvoraussetzung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gilt aber auch in Verfahren über Wiederaufnahmeanträge, da diese in engem Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren stehen, zielen sie doch auf die (Neu)Durchführung eines Beschwerdeverfahrens ab.
Die Antragsteller haben die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und im wieder aufgenommenen Verfahren die Zurückweisung der Beschwerde der Agrargemeinschaft Alpe H beantragt. Ein Erfolg dieser Anträge hätte einen Abschluss des Verfahrens über die Berufung der Agrargemeinschaft und damit die Rechtskraft des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem der Erwerb von Weiderechten durch die Antragsteller genehmigt wurde, zur Folge.
Dieses Ziel ist aber durch die Zurückziehung der Berufung durch die Agrargemeinschaft bereits erreicht. Die Antragsteller könnten daher durch eine Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine rechtliche Besserstellung erreichen. Damit aber fehlt es ihnen an einem Rechtsschutzinteresse; dieses ist nachträglich - nach Einbringung des Wiederaufnahmeantrages - durch die Zurückziehung der Berufung durch die Agrargemeinschaft weggefallen. Das Verfahren über den Wiederaufnahmeantrag war daher als gegenstandslos geworden einzustellen. Schadenersatzrechtliche Aspekte vermögen daran nichts zu ändern, da das gegenständliche Verfahren nicht der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen dient.
Wien, am 27. Mai 2004
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