VwGH 2002/08/0246

VwGH2002/08/024617.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Mag. A in S, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OEG in 3100 St. Pölten, Kremsergasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. September 2002, Zl. GS8-SV-63-2002, betreffend Erstattung von Pensionsversicherungsbeiträgen gemäß § 70 Abs. 5 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 17/16), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §308 Abs3;
ASVG §308 Abs4;
ASVG §311;
ASVG §70 Abs2;
ASVG §70 Abs5;
ASVG §308 Abs3;
ASVG §308 Abs4;
ASVG §311;
ASVG §70 Abs2;
ASVG §70 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis 31. August 2001 in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen und befand sich im Zeitraum vom 1. September 1997 bis einschließlich 31. August 2001 in einem Karenzurlaub gegen Entfall der Bezüge. Seit 1. September 1997 (und über den Tag des Ausscheidens aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu den Österreichischen Bundesbahnen hinaus) ist der Beschwerdeführer als Pressesprecher einer politischen Partei Dienstnehmer und nach den Bestimmungen des ASVG vollversichert. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 15. Juni 2001 wurden dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 1. Mai 2001 die Pensionsbeiträge für den Zeitraum vom 9. Dezember 1997 bis 31. Dezember 2000 gemäß § 70 Abs. 5 ASVG erstattet.

Mit Schreiben vom 23. April 2003 beantragte der Beschwerdeführer die Erstattung der Pensionsbeiträge gemäß § 70 Abs. 5 ASVG auch für das Jahr 2001. Nach Einholung einer Mitteilung der Österreichischen Bundesbahnen, wonach das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers mit 31. August 2001 durch freiwilligen Dienstaustritt gemäß § 137 der Dienstordnung geendet habe, wies die (damalige) Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten mit Bescheid vom 23. Juli 2003 den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, dass mit der Beendigung des Karenzurlaubes das ruhgenussfähige Dienstverhältnis geendet habe und im durchzuführenden Überweisungsverfahren gemäß § 311 Abs. 1 ASVG die öffentlich-rechtlichen Dienstzeiten als Versicherungsmonate im Sinne des ASVG zur Anrechnung vorgelegt würden. Eine Erstattung von deckenden ASVG-Versicherungszeiten sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, worin er sich im Wesentlichen darauf berief, dass zwischen dem erstgenannten Bescheid über die Erstattung der Beiträge für die Jahre 1997 bis 2000 und dem nunmehrigen Antrag auf Erstattung für die Monate Jänner bis August 2001 keine Änderung der Rechtslage eingetreten sei. Nach Beendigung des Karenzurlaubes des Beschwerdeführers durch seine Kündigung bei den ÖBB sei "ein Überweisungsverfahren" durchgeführt worden, wobei ihm die Pensionsbeiträge (seitens der ÖBB) von der ihm zustehenden Abfertigung abgezogen worden und der Pensionsversicherungsanstalt nach seinem Wissensstand bereits überwiesen worden seien.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers - mit der Maßgabe einer Berichtigung des Wortlautes des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides - als unbegründet ab. Gestützt auf den unstrittigen Sachverhalt und nach Hinweis auf § 70 Abs. 5 ASVG vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass diese Bestimmung nur dann zur Anwendung gelangen könne, wenn das pensionsversicherungsfreie Dienstverhältnis nach Beendigung des Karenzurlaubes weiter fortbestehe. Der Beschwerdeführer sei jedoch mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Karenzurlaubes ohne Anspruch auf Ruhegenuss aus dem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis ausgeschieden. Der Wille des Gesetzgebers gehe ganz offenkundig dahin, pragmatisierten Beamten, die vorübergehend gegen Entfall des Entgeltes beurlaubt worden seien, um einer nach dem ASVG pensionsversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen, die Möglichkeit einzuräumen, sich die Hälfte der Pensionsversicherungsbeiträge nachträglich erstatten zu lassen, um auf diese Weise Härtefälle zu vermeiden. Es sei daraus abzuleiten, dass die Erstattung nach § 70 Abs. 5 ASVG nur bei Weiterbestehen des pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnisses über die Beendigung des Karenzurlaubes hinaus zum Tragen kommen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat auf die Gegenschriften repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass sein Erstattungsanspruch in § 70 Abs. 5 ASVG gedeckt sei, erwähnt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 2001, Zl. 99/08/0086, und vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass durch die Wiedereinführung eines neuen § 308 Abs. 3 ASVG mit "BGBl. 1/2002" mit 1. Jänner 2002 die in diesem Erkenntnis vertretene Rechtsauffassung nicht mehr aufrecht erhalten werden könne.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

In seinem Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, Zl. 99/08/0086, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte des § 70 Abs. 5 ASVG und seine aus den Materialien hervorgehende Funktion, die (frühere) Erstattungsvorschrift des § 308 Abs. 3 ASVG zu ersetzen, die Rechtsauffassung abgeleitet, dass diese Bestimmung in gedanklich ganz gleicher Weise das Fortbestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses - sei es im Aktivstand, sei es im Ruhestand - nach Beendigung des Karenzurlaubes voraussetzt. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsaufassung abzurücken; die durch die Novelle BGBl. I Nr. 1/2002 eingeführte (neue) Norm des § 308 Abs. 3 ASVG steht dazu nicht im Widerspruch: Der Gesetzgeber hat damit lediglich die Erstattung freiwillig bezahlter Beiträge (sei es zur Höherversicherung, sei es für Schul- oder Studienzeiten) bei der Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis (und dem damit verbundenen Ausscheidens aus der Versicherung nach dem ASVG) für den Fall vorgesehen, dass sie nicht als Teil eines Überweisungsbetrages gemäß § 308 Abs. 1 ASVG an den öffentlichrechtlichen Dienstgeber zu überweisen sind.

Eine Überweisung von Beiträgen zur Höherversicherung oder für den Einkauf von Schulzeiten gemäß § 227 Abs. 3 ASVG (bzw. nach den Parallelbestimmungen anderer Sozialversicherungsgesetze) steht hier aber gar nicht in Rede: Der Beschwerdeführer strebt vielmehr an, Beiträge erstattet zu bekommen, die er im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses während der Karenzierung seines öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisses geleistet hat. Dieser Fall wird in § 70 Abs. 5 ASVG geregelt und steht mit der Verpflichtung von Beamten im Zusammenhang, für die Dauer eines solchen Karenzurlaubes Pensionsbeiträge an den öffentlich-rechtlichen Dienstgeber zu entrichten. Wenn der Betreffende sein öffentlichrechtliches Dienstverhältnis gar nicht fortsetzt und es daher - wenn auch nach Entrichtung der Pensionsbeiträge für die Dauer des Karenzurlaubes - zu einer Überweisung von Beiträgen für die im öffentlichen Dienst zurückgelegten Pensionszeiten gemäß § 311 ASVG an den Pensionsversicherungsträger nach dem ASVG kommt, so ist, wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in seinem Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, Zl. 99/08/0086, ausgesprochen hat, der Erstattungstatbestand des § 70 Abs. 2 ASVG anzuwenden: Wenn einander deckende Versicherungszeiten nach dem ASVG entstehen, ist dies zwar insoweit nicht zum Nachteil des Versicherten, als die Beitragsgrundlagen zusammenzurechnen sind und sich mit einem entsprechend höheren Betrag in der Pensionsleistung auswirken können, wohl aber insoweit, als nach einer Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage eine solche Auswirkung nicht mehr eintreten kann. Dafür sieht nun § 70 Abs. 2 ASVG vor, dass die Beiträge erstattet werden können, welche auf den die Höchstbeitragsgrundlage überschreitenden Betrag entfallen. Nach dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist § 70 Abs. 2 ASVG auch beim Ausscheiden aus dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis anzuwenden, wenn erst die Leistung eines Überweisungsbetrages gemäß § 311 ASVG zu einander deckenden Versicherungszeiten nach dem ASVG führt.

Dies war nach der Aktenlage im Fall beim Beschwerdeführer allerdings deshalb nicht der Fall, weil die Erstattung nach § 311 ASVG noch nicht erfolgt ist. In diesem Zusammenhang sei aber darauf verwiesen, dass die dreijährige Frist für die Stellung des Antrages auf Beitragserstattung nach dem wiederholt zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 2001 erst mit der Rechtskraft des Bescheides betreffend den Überweisungsbetrag nach § 311 ASVG zu laufen beginnt und es der Beschwerdeführer als Partei des Verfahrens gem. § 311 ASVG in der Hand hat, die Erlassung eines entsprechenden Bescheides der mitbeteiligen Pensionsversicherungsanstalt zu beantragen.

Schließlich meint der Beschwerdeführer, dass die sich aus dem Vorerkenntnis ergebende Rechtslage dem primären Gemeinschaftsrecht widerspreche, insbesondere näher genannten Diskriminierungsverboten. Bei dieser Argumentation übersieht er aber, dass er von seinem Recht auf Freizügigkeit im Sinne des Gemeinschaftsrechtes gar nicht Gebrauch gemacht hat und somit der hier zu entscheidende Fall keinen Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweist. Es muss daher nicht untersucht werden, ob die Bestimmung des § 70 Abs. 5 ASVG bzw. das mit dieser Norm zusammenhängende System des Überganges von Leistungsansprüchen von der gesetzlichen Sozialversicherung in das öffentliche Dienstrecht und umgekehrt in jeder Hinsicht dem primären Gemeinschaftsrecht entspricht.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet; sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. November 2004

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