VwGH 2003/21/0021

VwGH2003/21/002118.3.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über den Antrag des S in Wien, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 3. Dezember 2002, Zl. Fr 8306/02, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, sowie über die mit diesem Antrag verbundene Beschwerde, den Beschluss gefasst:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Dezember 2002 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot verhängt.

Mit dem vorliegenden, am 17. Februar 2003 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen diesen Bescheid. Hiezu führt er begründend aus, dass der Bescheid seinem Vertreter am 17. Dezember 2002 zugestellt worden sei. Die in der Kanzlei des Vertreters eingehenden Poststücke würden zunächst durch die dort beschäftigte Rechtsanwaltsanwärterin Mag. S. sortiert und es würden die Fristen in ein Fristenbuch eingetragen werden. Am 17. Dezember 2002 habe Mag. S. zwar die Frist für das Einbringen der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof richtig mit 28. Jänner 2003 berechnet und dieses Datum auch auf der "Beschwerde" eingetragen; aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe sie jedoch im Fristenvormerkbuch das Fristende statt mit 28. Jänner 2003 mit 28. Februar 2003 vermerkt. Ein derartiger Fehler sei der bereits seit 1998 in der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters beschäftigten und seit zwei Jahren mit den dargestellten Aufgaben betrauten Mag. S. noch nie passiert, sie habe in all den Jahren ihrer Beschäftigung niemals eine Frist unrichtig eingetragen. Bereits am 8. Februar 2002 sei ihr die "große Legitimationsurkunde" ausgestellt worden, weshalb ihr auf Grund ihres hohen Ausbildungsniveaus "wohl die Bedeutung von Fristen als auch die verantwortungsvolle Aufgabe durch den Vertreter des Berufungswerbers durchaus zugemutet und übertragen werden konnte". Anlässlich einer am 4. Februar 2003 vorbereiteten Urkundenvorlage habe Mag. S. den gegenständlichen Akt überprüft und dabei die Fristversäumnis festgestellt. An dieser Fristversäumnis treffe den Beschwerdeführer selbst kein Verschulden; ebenso wenig sei in der Organisation der Kanzlei des Parteienvertreters sowie in der Übertragung der Arbeit an eine äußerst zuverlässige, bis zu diesem Fristversäumnis "fehlerhaft arbeitende" und höchst qualifizierte Mitarbeiterin ein Verschulden zu erblicken. Jedenfalls stelle die einmalige Verfehlung der bei ihm beschäftigten Rechtsanwaltsanwärterin lediglich ein geringes Verschulden dar, welches als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis zu qualifizieren sei.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ein Verschulden des Vertreters wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einem Verschulden des Vertretenen gleichgesetzt und somit der Partei zugerechnet. Das Versehen eines Kanzleiangestellten des Rechtsanwaltes wie auch eines Rechtsanwaltsanwärters ist dem Rechtsanwalt als Verschulden anzurechnen, wenn er die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten (Rechtsanwaltsanwärter) unterlassen hat, wobei ein dabei unterlaufenes Versehen minderen Grades nicht schadet. Das heißt, dass der Rechtsanwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten und die für ihn tätigen Personen so zu überwachen hat, dass die erforderliche und fristgerechte Wahrung von Prozesshandlungen bzw. die Einhaltung behördlicher Termine sichergestellt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Juli 1993, Zl. 93/03/0040, oder den hg. Beschluss vom 16. Mai 2002, Zl. 2002/20/0226).

Ein Rechtsanwalt verstößt demnach ua. dann gegen seine anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen wirksame Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Falle des Versagens eines Mitarbeiters - auch eines Rechtsanwaltsanwärters - Fristversäumung auszuschließen geeignet sind (vgl. auch den hg. Beschluss vom 20. Dezember 2001, Zl. 2000/16/0637). Im vorliegenden Fall lässt sich dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen, dass der Vertreter des Beschwerdeführers in irgendeiner Form derartige Kontrollsysteme eingerichtet hätte. Im Hinblick darauf kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht davon ausgegangen werden, dass die Versäumung der gegenständlichen Beschwerdefrist bloß auf einem minderen Grad des Versehens beruht hätte. Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag war daher spruchgemäß abzuweisen. Dies hat weiter zur Folge, dass die mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Wien, am 18. März 2003

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