VwGH 2003/18/0225

VwGH2003/18/022510.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1979, vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in 4040 Linz-Urfahr, Flußgasse 15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28. Mai 2003, Zl. St 51/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 28. Mai 2003 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 iVm §§ 31 und 37 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 7. Oktober 2002 illegal unter Umgehung der Grenzkontrolle mit Hilfe eines Schleppers nach Österreich eingereist. Über seinen Asylantrag sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Jänner 2003, rechtskräftig seit 27. Jänner 2003, gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 negativ entschieden worden. Der Beschwerdeführer sei weder im Besitz eines Reisepasses noch einer fremdenrechtlichen Bewilligung. Dafür, dass ihm auf Grund einer anderen gesetzlichen Bestimmung ein Aufenthaltsrecht zukomme, fänden sich im Verwaltungsakt keine Anhaltspunkte. Derartiges habe der Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Demnach halte er sich unberechtigt in Österreich auf. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass seine gesamte Familie in Österreich lebte und seinem Vater in Kürze die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen würde. Sein Lebensmittelpunkt befände sich in Österreich. Sein Vater hätte sich verpflichtet, bis zur Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung und einer Arbeitserlaubnis, für seinen Unterhalt aufzukommen. In "der Bundesrepublik Jugoslawien" hätte er niemanden, der ihn unterstützen könnte.

In Anbetracht des Aufenthalts der Familie des Beschwerdeführers im Bundesgebiet werde durch die Ausweisung in das Privat- und Familienleben eingegriffen. Von einer intensiveren Integration des Beschwerdeführers könne jedoch schon deshalb nicht die Rede sein, weil sich der Beschwerdeführer erst ein paar Monate in Österreich aufhalte. Daher könne auch nicht die Rede davon sein, dass Österreich der Mittelpunkt des Lebens des Beschwerdeführers sei. Einer Erwerbstätigkeit gehe der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben nicht nach. Demgegenüber gefährde der seit 27. Jänner 2003, also seit etwa vier Monaten, bestehende illegale Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat nämlich von eminentem Interesse. Dies umso mehr, als in jüngster Vergangenheit der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunehme. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde unerlaubt nach Österreich begäben, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Gleiches gelte, wenn Fremde nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Die Ausweisung sei demnach gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten.

Der vom Beschwerdeführer angeführte Umstand, dass sein Vater bereits einen Antrag auf Erteilung der Staatsbürgerschaft gestellt hätte, sei nicht geeignet die Ausweisung zu verhindern, weil es sich bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft um ein ungewisses Ereignis handle.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid begegnet die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte - und daher der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei -, keinen Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt zur Frage der Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG im Wesentlichen vor, dass sein Vater, der ihm Unterhalt gewähre, bereits einen Rechtsanspruch auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft besitze. Die belangte Behörde sei auf dieses bereits im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen nicht ausreichend eingegangen, obwohl die Verleihung der Staatsbürgerschaft (Anwartschaftsrecht) entscheidungswesentlich sei. Es handle sich nämlich keinesfalls um ein ungewisses Ereignis, sondern um ein Recht nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz, welches wiederum Reflexe auf das Recht des Beschwerdeführers auf "Verschonung von Ausweisung" bedeute. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die bevorstehende Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Vater des Beschwerdeführers durch eine Anfrage bei der oberösterreichischen Landesregierung zu erheben.

2.2. Die belangte Behörde hat bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers neben der Dauer des inländischen Aufenthalts berücksichtigt, dass sich dessen gesamte Familie im Bundesgebiet aufhalte. Die aus dem nur sehr kurzen inländischen Aufenthalt seit 7. Oktober 2002, also seit acht Monaten, ableitbaren persönlichen Interessen werden dadurch relativiert, dass der Aufenthalt - wenn überhaupt - nicht einmal vier Monate und nur auf Grund eines Asylantrages berechtigt war, der sich als unbegründet herausgestellt hat.

Der behauptete Umstand, dass der Vater des Beschwerdeführers mit der baldigen Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu rechnen habe, bewirkt keine Stärkung der persönlichen Interessen. Die Behörde ist nicht verpflichtet, von fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen und damit den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden zu dulden, bis der Fremde durch die - vor Abschluss des diesbezüglichen Verfahrens jedenfalls immer noch ungewisse - Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Angehörigen eine begünstigte Stellung erwirbt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2002, Zl. 2002/18/0077).

Den nicht schwerwiegenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht gegenüber, dass sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens am 27. Jänner 2003, also seit mehr als vier Monaten, unrechtmäßig in Österreich aufhält. Dieses Verhalten stellt eine schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, dar. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und demnach im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer müsse in seiner Heimat "mangels Familienmitglieder und Arbeit seelisch und existenziell leiden", ist entgegenzuhalten, dass § 37 Abs. 1 FrG kein Privat- und Familienleben im Ausland gewährleistet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/18/0247).

3. Da nach dem Gesagten bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. Oktober 2003

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