VwGH 2003/18/0040

VwGH2003/18/004018.3.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des S, geboren 1966, vertreten durch Mag. Michael Löb, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1b, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. August 2002, Zl. SD 534/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. August 2002 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 8. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, welcher am 9. Mai 1996 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am 7. Dezember 1996 sei er wegen unrechtmäßigen Aufenthalts rechtskräftig bestraft worden. Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei am 11. September 1997 abgewiesen worden. Am 10. Oktober 1997 sei gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 FrG ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Der Beschwerdeführer sei jedoch ungeachtet der erfolgten Bestrafung und des rechtskräftigen Aufenthaltsverbots nicht ausgereist, sondern habe seinen unrechtmäßigen Aufenthalt fortgesetzt. Am 4. März 1999 habe er einen weiteren Asylantrag gestellt, der am 14. Juli 2000 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Dennoch sei der Beschwerdeführer noch immer nicht ausgereist, sondern habe am 23. April 2001 den nunmehr dritten Asylantrag gestellt, welcher mit rechtskräftigem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. April 2002 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden sei. Auf Grund der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer und der Tatsache, dass er einer Arbeit nachgegangen sei, sei das Aufenthaltsverbot am 7. Juni 2001 aufgehoben worden. Der Beschwerdeführer befinde sich nach wie vor im Bundesgebiet, ohne im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich zu sein.

Zweifellos seien die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG gegeben.

Der Beschwerdeführer sei verheiratet und für vier Kinder sorgepflichtig. Im Bundesgebiet bestehe allerdings nur die familiäre Bindung zur Gattin, die am 31. Juli 2001 legal in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe. Diesen Antrag habe sie am 13. März 2002 wieder zurückgezogen. Auch der Aufenthalt der Gattin des Beschwerdeführers sei seither - sofern sie sich überhaupt noch im Bundesgebiet aufhalte - nicht rechtmäßig, weil sie über keinen Aufenthaltstitel verfüge.

Angesichts der Dauer des inländischen Aufenthalts sei die Ausweisung mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme ein besonders hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer sei trotz wiederholter Ablehnung seiner Asylanträge und des Vorliegens eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbots sowie einer rechtskräftigen Bestrafung nicht dazu zu bewegen gewesen, seinen unrechtmäßigen Aufenthalt zu beenden. Dies stelle einen gravierenden Verstoß gegen öffentliche Interessen dar. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen rechtens nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Die Ausweisung sei daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Daran könne auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Beschäftigung aufgrund einer Arbeitserlaubnis nichts ändern, weil die Beschäftigung mangels eines dafür erforderlichen Aufenthaltstitels jedenfalls aus fremdenrechtlicher Sicht nicht berechtigt sei.

Angesichts der Aktenlage sehe die Behörde auch keine Veranlassung, von der Ausweisung im Rahmen des Ermessens Abstand zu nehmen. Dem Beschwerdeführer sei in den zehneinhalb Jahren seines Aufenthalts die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz im ersten Asylverfahren für vier Jahre und drei Monate und im zweiten Asylverfahren für ein Jahr und vier Monate zugekommen. Zu bedenken sei, dass einer Legalisierung des Aufenthalts während des zweiten Asylverfahrens das rechtskräftige Aufenthaltsverbot entgegengestanden sei. Im dritten Asylverfahren sei dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen. Der Beschwerdeführer habe sich somit mehrere Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Er sei nur auf Grund von Asylanträgen, die sich als unbegründet herausgestellt hätten, zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt gewesen. Im Hinblick darauf seien die Umstände, dass der Beschwerdeführer nunmehr über eine Arbeitserlaubnis verfüge und einer Beschäftigung nachgehe, nicht geeignet, eine Abstandnahme von der Erlassung der Ausweisung zu rechtfertigen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grundlage der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Februar 1992 - und damit auch die nach dem Beschwerdevorbringen "schon allein auf Grund der Dauer des Aufenthaltes" gegebene "soziale(n) Einbindung" - berücksichtigt. Da der Beschwerdeführer nicht vorbringt, welche konkreten Umstände aus seinem sozialen Umfeld festzustellen gewesen wären, macht er mit der Rüge, die belangte Behörde habe keine Feststellungen zu seiner "starken sozialen Einbindung" getroffen, keinen relevanten Verfahrensmangel geltend. Das Gewicht der aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren persönlichen Interessen des Beschwerdeführers wird dadurch deutlich gemindert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers - selbst unter Berücksichtigung auch der während des zweiten Asylverfahrens bestehenden vorläufigen Aufenthaltsberechtigung - nur für einen Zeitraum von insgesamt fünf Jahren und sieben Monaten und auch insoweit nur auf Grund von sich letztlich als unbegründet erweisenden Asylanträgen berechtigt war. Weiters hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt der Gattin des Beschwerdeführers berücksichtigt. Die daraus ableitbaren familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet werden allerdings dadurch deutlich gemindert, dass sich die erst am 31. Juli 2001 in das Bundesgebiet eingereiste Gattin nach Zurückziehung des Asylantrages am 13. März 2002 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Auch die Berufstätigkeit auf Grund einer - nach dem Beschwerdevorbringen im Jahr 2000 erteilten - Arbeitserlaubnis hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zugute gehalten. Das Gewicht der aus dieser Berufstätigkeit ableitbaren persönlichen Interessen wird dadurch gemindert, dass der Beschwerdeführer über keinen eine Berufstätigkeit zulassenden Aufenthaltstitel verfügt.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet kommt daher trotz der langen Aufenthaltsdauer kein allzu großes Gewicht zu.

Dem steht die große Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen durch die Normadressaten, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers gegenüber. Der Beschwerdeführer befand sich jedenfalls im Zeitraum zwischen der Abweisung des ersten Asylantrages am 9. Mai 1996 und der Stellung des zweiten Asylantrages am 4. März 1999 sowie nach Abweisung des zweiten Asylantrages am 14. Juli 2000, sohin insgesamt über einen Zeitraum von fast fünf Jahren, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet. Ein unrechtmäßiger Aufenthalt über einen derart langen Zeitraum stellt bereits für sich eine erhebliche Beeinträchtigung des dargestellten öffentlichen Interesses dar. Beim Beschwerdeführer kommt noch dazu, dass er seinen unrechtmäßigen Aufenthalt trotz rechtskräftiger Verhängung eines Aufenthaltsverbots, rechtskräftiger Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts und rechtskräftiger Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung fortgesetzt hat. Damit hat er seine gleichgültige Einstellung gegenüber den fremdenrechtlichen Normen deutlich zum Ausdruck gebracht. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und demnach im Grund des § 37 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass er bei einer Rückkehr in die Türkei dort mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen habe, ist ihm - abgesehen davon, dass seine Asylanträge nicht zum Erfolg geführt haben - entgegenzuhalten, dass mit einer Ausweisung nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2000/18/0038).

3. Da weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich sind, die für eine derartige Ermessensübung sprächen, bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, im Rahmen des ihr gemäß § 33 Abs. 1 FrG zustehenden Ermessens von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen.

4. Somit lässt bereits der Beschwerdeinhalt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 18. März 2003

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