VwGH 2002/13/0226

VwGH2002/13/022629.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der I AG in W, vertreten durch KPMG Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Kolingasse 19, gegen den Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend eine Berufung in Angelegenheiten der Gewerbe- und Körperschaftsteuer, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §260 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
BAO §260 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die vorliegende Säumnisbeschwerde führt am Deckblatt als belangte Behörde den Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland an.

Nach dem Einleitungssatz der Beschwerde werde diese "auf Grund der Säumnis des Präsidenten der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland bei Entscheidung über die von der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide, mit denen das Verfahren hinsichtlich Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 1993 wiederaufgenommen wurde, sowie gegen die (teilweise im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen) Gewerbesteuerbescheide 1993 und 1994 sowie die Körperschaftsteuerbescheide 1993 bis 1995 ... erhobene Berufung" erhoben.

Als Beschwerdepunkt fühlt sich die Beschwerdeführerin ausdrücklich durch die Säumnis der belangten Behörde in ihrem Recht auf Entscheidung verletzt.

Gemäß § 249 Abs. 1 BAO ist eine Berufung bei der Abgabenbehörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, kann jedoch auch bei der zur Entscheidung über die Berufung zuständigen Abgabenbehörde zweiter Instanz oder im Fall einer Änderung der örtlichen Zuständigkeit bei der neu zuständigen Abgabenbehörde eingebracht werden.

Gemäß § 260 Abs. 2 lit. d und e BAO in der Fassung vor der Änderung durch das Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002, hatte bis zum 31. Dezember 2002 der Berufungssenat als Organ der Abgabenbehörde zweiter Instanz über Berufungen u.a. gegen Abgabenbescheide über die veranlagte Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer und über Bescheide, mit denen ein durch einen solchen Bescheid abgeschlossenes Verfahren wiederaufgenommen wird, zu entscheiden.

Gemäß § 270 Abs. 1 BAO in der angeführten Fassung hatte der Präsident der Finanzlandesdirektion aus der Berufungskommission (§ 263) die Berufungssenate zu bilden und diesen die Senatsmitglieder und Stellvertreter in erforderlicher Anzahl zuzuweisen. Über Berufungen gemäß § 260 Abs. 2 leg. cit. hatte nach § 270 Abs. 3 BAO ein fünfgliedriger Berufungssenat zu entscheiden, der sich aus dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion oder einem von ihm bestimmten Finanzbeamten als Vorsitzenden und vier Beisitzern zusammensetzte. Die Missachtung dieser Zuständigkeitsregelung des § 260 Abs. 2 BAO führt zur Aufhebung solcher Berufungsentscheidungen aus dem Grunde der Unzuständigkeit der belangten Behörde nach § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. November 2001, 97/13/0138, und vom 27. März 2002, 98/13/0231).

Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 271 Abs. 1 BAO waren die Mitglieder der Berufungssenate in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

Mit § 292 BAO wurde das Recht, gegen Entscheidungen eines Berufungssenates Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, auch dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion eingeräumt.

Nach dem Beschwerdevorbringen hatte die Beschwerdeführerin beim Finanzamt Berufung gegen Bescheide des Finanzamtes über die veranlagte Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer sowie gegen Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend solche Abgaben erhoben.

Nach der dargestellten Rechtslage hatte - soferne das Finanzamt nicht eine Berufungsvorentscheidung (§ 276 BAO) erließ - die Finanzlandesdirektion durch einen Berufungssenat zu entscheiden. Den Präsidenten der Finanzlandesdirektion traf unbeschadet des Umstandes, dass er als Vorsitzender des Berufungssenates in Betracht kam, keine Entscheidungspflicht, weshalb er eine solche auch nicht verletzen konnte.

Die Säumnisbeschwerde musste daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen werden.

Wien, am 29. Jänner 2003

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