VwGH 2002/10/0234

VwGH2002/10/023425.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des RK in Tullnerbach, vertreten durch Dr. Werner Hetsch und Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwälte in 3430 Tulln, Albrechtsgasse 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. Oktober 2002, Zl. LF1-FO-103/037-2002, betreffend Ersatzvornahme der Verpflichtung zur Wiederbewaldung und Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §172 Abs6;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2 Z3;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
VwGG §30 Abs1 impl;
VwGG §30 Abs2;
ForstG 1975 §172 Abs6;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2 Z3;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
VwGG §30 Abs1 impl;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien Umgebung (BH) vom 29. August 2002, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten in Höhe von EUR 4.900,--, abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. November 1998, Zl. LF1-FO-254, ein näher dargestellter Wiederbewaldungsauftrag unter Setzung einer Frist erteilt worden. In der Folge sei dem Beschwerdeführer von der BH die Ersatzvornahme unter Setzung einer (weiteren) Frist zur Erfüllung dieses Auftrages angedroht worden. Da der Beschwerdeführer dem Wiederbewaldungsauftrag auch innerhalb dieser Frist nicht entsprochen habe, sei von der BH eine Kostenschätzung vorgenommen und die angedrohte Ersatzvornahme mit Bescheid vom 29. August 2002 angeordnet worden. Gleichzeitig sei dem Beschwerdeführer die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme vorgeschrieben worden. In seiner Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer zwar vorgebracht, er sei nicht Grundeigentümer der vom Wiederbewaldungsauftrag betroffenen Grundflächen, er dürfe diese Grundstücke ohne Zustimmung der Grundeigentümer nicht (mehr) betreten und könne daher dem Auftrag nicht entsprechen. Dies habe im Verfahren aber nicht bestätigt werden können. Zum Vorbringen, die Grundeigentümer bestimmter Teilflächen hätten einen Antrag auf Rodungsbewilligung gestellt, werde darauf hingewiesen, dass dieser Antrag in letzter Instanz abgewiesen worden sei; ob dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei, sei im Vollstreckungsverfahren nicht relevant. Schließlich spiele auch die am 1. Juni 2002 in Kraft getretene Novelle zum Forstgesetz 1975 im vorliegenden Verfahren keine Rolle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall gemäß § 4 Abs. 2 VVG dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.

    Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Unterbleiben einer gegen die Bestimmungen des § 10 Abs. 2 Z. 1 und Z. 3 VVG i.V.m. § 2 VVG verstoßenden Verwaltungsvollstreckung verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, es sei zwar richtig, dass der zu Grunde liegende Titelbescheid rechtskräftig geworden sei und dass er keine bzw. keine ausreichenden Maßnahmen gesetzt habe, um dem Titelbescheid zu entsprechen. Allerdings stamme der Titelbescheid aus dem Jahre 1998 und es sei zwischenzeitig ein Rodungsbewilligungsverfahren anhängig gemacht worden. Der Rodungsbewilligungsantrag sei zwar mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom 11. September 2001 abgewiesen worden, es sei gegen diesen Bescheid aber Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden. Die belangte Behörde habe es zunächst wohl selbst auch für sinnvoll erachtet, mit der Vollstreckung bis zum Abschluss des Rodungsverfahrens zuzuwarten. Es liege daher nahe, auch den Abschluss des Beschwerdeverfahrens abzuwarten. Der Grund für den Wiederbewaldungsauftrag habe in der Befürchtung des Auftretens von Erosionserscheinungen bestanden. Diese Befürchtung habe sich nicht erfüllt. Vielmehr hätten Ver- und Durchwachsungen des Bodens stattgefunden und es seien Bodenpflanzen in ausreichender Zahl vorhanden. Insoweit liege eine gegenüber dem Titelbescheid geänderte Sachlage vor. Eine Vollstreckung sei aus dieser Sicht aber auch nicht notwendig, sodass ein weiteres Zuwarten bis zum Abschluss des Verfahrens über die Beschwerde gegen die Versagung der Rodungsbewilligung ohne weiteres zumutbar sei. Eine sofortige Vollstreckung stelle jedenfalls nicht das gelindeste Mittel im Sinn des § 2 VVG dar. Überdies stünden die vom Titelbescheid erfassten Liegenschaften nicht im Eigentum des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer müsste daher, käme er dem Wiederbewaldungsauftrag nach, zumindest ein Besitzstörungsverfahren gewärtigen, weil die Liegenschaftseigentümer an einer neuerlichen Aufforstung der Grundflächen kein Interesse hätten, wie sich aus dem von ihnen gestellten Antrag auf Rodungsbewilligung zeige. Es sei dem Beschwerdeführer daher nicht zuzumuten, den Wiederbewaldungsauftrag zu erfüllen, zumal er sich diesfalls der Gefahr einer zivilrechtlichen Verfolgung aussetze. Auch aus diesem Grunde sei die angeordnete Vollstreckung nicht das gelindeste Mittel gemäß § 2 VVG. Schlussendlich entspreche der Titelbescheid vom 13. November 1998 nicht mehr der durch die Novelle zum Forstgesetz, BGBl. I Nr. 59/2002 gestalteten Rechtslage. Diesbezüglich hätte die Behörde von Amts wegen feststellen müssen, in welchem Ausmaß nun tatsächlich Aufforstungsmaßnahmen durchgeführten werden müssten. Würde der Beschwerdeführer den ihm erteilten Auftrag erfüllen, würde er gegen Bestimmungen des aktuellen Forstrechtes verstoßen; er müsste diesfalls verwaltungsrechtliche Folgen wegen Verletzung des nunmehr geltenden Forstgesetzes gewärtigen. Diese Auswirkungen auf die Vollstreckung des dem Beschwerdeführer erteilten Wiederbewaldungsauftrages hätte die belangte Behörde berücksichtigen müssen.

    Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Soweit er durch die erfolgte Anordnung der Ersatzvornahme einen Verstoß gegen § 2 VVG erblickt, normiert diese Bestimmung wohl den Grundsatz, dass die Vollstreckungsbehörden bei der Handhabung der im VVG geregelten Zwangsbefugnisse jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden haben. Von Zwangsmitteln gegen den Verpflichteten darf nur insoweit Gebrauch gemacht werden, als das zur Durchsetzung des Titelbescheides unbedingt erforderlich ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000) 1281 f dargestellte Judikatur).

    Dieses Gebot bedeutet allerdings nicht - wie das dem Beschwerdeführer vorzuschweben scheint - , dass von der Vollstreckung des Titelbescheides gegebenenfalls überhaupt abgesehen werden müsste. Vielmehr bestimmt § 2 VVG, dass das gelindeste von den "noch zum Ziel führenden", d.h. den Titelbescheid durchsetzenden Zwangsmitteln zu wählen ist. Die Auswahl des gelindesten Mittels ist demnach von vornherein auf jene Zwangsmittel eingeschränkt, die auch geeignet sind, den Titelbescheid durchzusetzen.

    Da zur zwangsweisen Durchsetzung vertretbarer Leistungen wie die dem Beschwerdeführer aufgetragene Wiederbewaldung lediglich die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG in Betracht kommt, besteht im vorliegenden Fall ohnedies nur dieses "zum Ziel führende" Zwangsmittel. Der Einsatz dieses Zwangsmittels kann daher gar nicht gegen § 2 VVG verstoßen.

    Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Unzulässigkeit der Vollstreckung auf das anhängig gemachte Rodungsbewilligungsverfahren hinweist, ist ihm zu entgegnen, dass der Antrag, wie er selbst vorbringt, letztinstanzlich abgewiesen wurde. Ist ein Rodungsverfahren aber ohnedies nicht (mehr) anhängig, kann eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit die Einleitung eines Rodungsverfahrens überhaupt geeignet ist, die Unzulässigkeit der Weiterführung eines Vollstreckungsverfahrens betreffend einen Wiederbewaldungsauftrag zu bewirken, unterbleiben. Dass gegen die Versagung der Rodungsbewilligung aber Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde, steht der Vollstreckung des Wiederbewaldungsauftrages für sich nicht entgegen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000) 1259, referierte hg. Judikatur); aufschiebende Wirkung wurde der Beschwerde selbst nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zuerkannt. Mit dem Hinweis auf die beantragte Rodungsbewilligung zeigt die Beschwerde eine Unzulässigkeit der Vollstreckung also nicht auf.

    Bei seinem weiteren Einwand, er sei nicht mehr Grundeigentümer und es sei ihm daher unmöglich, dem Wiederbewaldungsauftrag nachzukommen, übersieht der Beschwerdeführer, dass das Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 4 VVG für jene Fälle vorgesehen ist, in denen der Verpflichtete nicht willens oder nicht in der Lage ist, eine vertretbare Leistung zu erbringen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000) 1404 f dargestellte hg. Judikatur); es besteht kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer nach wie vor aus dem Titelbescheid verpflichtet ist.

    Schließlich zeigt der Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis, es habe sich seit Erlassung des Titelbescheides sowohl die Sachals auch die Rechtslage geändert, keine Unzulässigkeit der Vollstreckung auf. Der Beschwerde ist nämlich kein konkretes Vorbringen zu entnehmen, demzufolge die tatsächlichen Verhältnisse dergestalt wären, dass zufolge der geänderten Rechtslage ein im Spruch gleich lautender Bescheid nicht mehr erlassen werden dürfte bzw. dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in einem Ausmaß verändert hätten, dass es der Behörde verwehrt wäre, nunmehr einen entsprechenden Bescheid zu erlassen.

    Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 25. Februar 2003

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