VwGH 2001/14/0226

VwGH2001/14/022629.4.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der J S GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Christian Harisch, Dr. Christian Brugger, Mag. Franz J. Teufl und Mag. Bernhard Wimmer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hofhaymerallee 42, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 6. November 2001, RV765/1-T7/01 , betreffend u.a. Umsatzsteuer 1995 bis 1998 und Umsatzsteuervorauszahlungen Jänner bis Juni 1999, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art9 Abs1;
61984CJ0168 Berkholz VORAB;
61994CJ0231 Faaborg-Gelting Linien A/S VORAB;
61995CJ0190 ARO Lease VORAB;
61996CJ0390 Lease Plan Luxembourg VORAB;
BAO §29 Abs1;
EURallg;
UStG 1994 §3a Abs12;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art9 Abs1;
61984CJ0168 Berkholz VORAB;
61994CJ0231 Faaborg-Gelting Linien A/S VORAB;
61995CJ0190 ARO Lease VORAB;
61996CJ0390 Lease Plan Luxembourg VORAB;
BAO §29 Abs1;
EURallg;
UStG 1994 §3a Abs12;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Umsatzsteuer 1995 bis 1998 und Umsatzsteuervorauszahlungen Jänner bis Juni 1999 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH mit Sitz in Kitzbühel. Gegenstand des Unternehmens ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages der Hotel- und Kurbetrieb, der Betrieb eines Kosmetik- und Massageinstitutes sowie der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Kur- und Kosmetikartikeln.

Von Juli 1992 bis August 2001 war Leopoldine H alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin. Leopoldine H betreibt in Kitzbühel als Einzelunternehmerin ein Kur- , Kosmetik- und Massageinstitut.

Von Dezember 1992 bis Juni 1999 betrieb die beschwerdeführende GmbH ein Kur- und Schönheitsinstitut (im folgenden: Schönheitsinstitut) auf einem unter deutscher Flagge fahrenden Kreuzfahrtschiff. Andere Tätigkeiten entfaltete die Beschwerdeführerin nicht.

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung gelangte die Prüferin zur Auffassung, die von der Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Schönheitsinstituts auf dem (auf Weltreisen eingesetzten) Kreuzfahrtschiff getätigten Umsätze, die von dieser bisher als in Österreich nicht steuerbar behandelt worden seien, würden am Sitz des Unternehmens in Kitzbühel erbracht und unterlägen daher der (österreichischen) Umsatzsteuer. Für diese Umsätze sei daher der Beschwerdeführerin Umsatzsteuer vorzuschreiben, was auch eine entsprechende Gewinnänderung zur Folge habe.

Das Finanzamt schloss sich dieser Auffassung bei Erlassung der Bescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 1995 bis 1998 sowie betreffend Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für Jänner bis Juni 1999 an.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie legte dar, dass durchschnittlich fünf Kosmetikerinnen am Schiff tätig gewesen seien und sich auch jeweils eine verantwortliche Leiterin ständig am Schiff befunden habe. Diese Leiterin habe volle Verantwortung für den organisatorischen und wirtschaftlichen Ablauf am Schiff (Kundenanbahnung, Personaleinteilung, Inkasso etc.) gehabt. Der umsatzbezogene Bestandszins für die Räumlichkeiten am Schiff sei von der Reederei direkt über den Zahlmeister einbehalten worden. Die Umsatzsteuerpflicht in Österreich sei nicht gegeben, weil sich einerseits die Leitung des Unternehmens auf dem Kreuzfahrtschiff befunden habe und dort auch eine Betriebsstätte im Sinne des Art 9 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuer - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:

einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388 EWG), im folgenden: Sechste Richtlinie, anzunehmen sei.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, ein Schönheitsinstitut auf einem Schiff stelle keine Betriebsstätte im Sinne des § 3a Abs 12 UStG 1994 iVm § 29 Abs 1 BAO dar, weil die feste und dauerhafte Verbindung zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche fehle. Als Ort der von der Beschwerdeführerin erbrachten sonstigen Leistung sei somit der Sitz der Gesellschaft in Kitzbühel anzunehmen.

Die Beschwerdeführerin stellte daraufhin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Leopoldine H wurde in der Folge als Auskunftsperson vernommen. Sie gab an, dass das Kosmetikinstitut auf dem Kreuzfahrtschiff nach ihren Vorstellungen gestaltet und ausgebaut worden sei und sie Therapiegeräte und Kosmetikstühle angeschafft habe. Als Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin kontrolliere sie von Kitzbühel aus die jeweilige Leiterin auf dem Schiff und tätige die Überweisung der Löhne an die Mitarbeiter. Der Zahlmeister des Schiffes überweise die Umsätze nach Abzug des Bestandzinses für die Betriebsräume, der Miete für Personalunterkünfte und allfälliger den Dienstnehmern der Beschwerdeführerin gewährter Lohnvorschüsse auf das Bankkonto der Beschwerdeführerin. Die Buchhaltung würde nach Übersendung der Belege von der Steuerberatungsgesellschaft in Kitzbühel erstellt.

Aus dem Dienstvertrag, den eine Leiterin des Schönheitsinstitutes mit der Beschwerdeführerin abgeschlossen hat, ergibt sich u.a. folgender Aufgabenbereich:

"Betreuung der Gäste, Beratung, Einteilung der Buchungen und des Dienstplanes der Mitarbeiter, Abrechnung der Einnahmen mit dem Zahlmeister, Kassabuch, Abrechnung der Gäste, Buchführung, Überwachung und Betreuung der Mitarbeiter, Kontrolle der Reinhaltung des Instituts, wöchentliche Berichterstattung in die Zentrale Kitzbühel, Repräsentation im Passagierbereich sowie anfallende Sportprogramme."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete die Entscheidung mit der fehlenden Betriebsstätteneigenschaft des Schönheitsinstituts auf dem Kreuzfahrtschiff. Da das Schiff in keinem Hafen ständig verankert sei und sohin über keine dauerhafte feste Verbindung mit einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche verfügt, stelle dieses keine feste örtliche Anlage iSd Betriebsstättendefinition des § 29 Abs 1 BAO dar. Weiters liege der Ort der Geschäftsleitung der beschwerdeführenden GmbH am Sitz der Gesellschaft in Österreich, wo auch Leopoldine H ihren Wohnsitz habe. Die Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin Leopoldine H, die von Kitzbühel aus tätig geworden sei, habe die geschäftliche Oberleitung innegehabt. Sie habe die Anmietung und Ausstattung des Instituts und die Anstellung sämtlicher Mitarbeiter (einschließlich der Leiterin an Bord) vorgenommen, aber auch die finanzielle Gebarung des Unternehmens gestaltet. Auch Buchhaltung, Lohnverrechnung, Gehaltszahlungen etc. seien vom Sitz der Beschwerdeführerin aus durchgeführt worden. Zudem seien die erforderlichen Waren bei dem Einzelunternehmen der Alleingesellschafterin in Kitzbühel bezogen worden. Am Ort der Geschäftsleitung ändere auch der Umstand nichts, dass sich Leopoldine H jedes Jahr einige Tage auf den Schiff aufgehalten und in dieser Zeit auch die Leiterin an Bord gewesen sei, zumal diese Zeiträume (zwischen 13 und 51 Tagen) jeweils nur einen geringfügigen Teil des Jahres - das Schiff sei jährlich stets länger als elf Monate auf See gewesen - ausgemacht hätten. Auch die Anwendung von Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie führe zu keinem anderen Ergebnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zu Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie sei vorrangiger Anknüpfungspunkt jener Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit habe. Eine andere Niederlassung, von welcher aus die Dienstleistung erbracht werde, könne nur dann berücksichtigt werden, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einem steuerlich sinnvollen Ergebnis führe oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge habe. Im Beschwerdefall führe die Anknüpfung an den Sitz der Beschwerdeführerin zu einer steuerlich sinnvollen Lösung, die keinen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge habe. Sie vermeide die Doppelbesteuerung, die Nichtbesteuerung bzw Wettbewerbsverzerrungen.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich allerdings nur, soweit er über Umsatzsteuer abspricht, wendet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Bei den Leistungen der Beschwerdeführerin handelt es sich um die Leistungen eines Kur- und Schönheitsinstitutes (laut einem im Verwaltungsakt einliegenden Prospekt: Ganzkörperkosmetik, Massagen, Gesichtsbehandlung, Hand- und Fußpflege, Regenerationskuren, Figurformung, Bewegungsprogramme, etc). Unbestritten ist, dass es sich bei diesen auf einem Kreuzfahrtschiff erbrachten Leistungen um sonstige Leistungen handelt, für welche sich der Leistungsort aus § 3a Abs 12 UStG 1994 (bzw Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie) ergibt.

§ 3a Abs. 12 UStG lautet:

"In den übrigen Fällen wird eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, so gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung."

Die zitierte Bestimmung ist die Umsetzung des Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie in das österreichische Recht. Diese Bestimmung lautet:

"Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort."

Wie der EuGH im Urteil vom 4. Juli 1985, Rs 168/84, Berkholz, Slg. 1985, 2257, Rn. 14ff, ausgesprochen hat, kommt die Zuordnung einer Dienstleistung zu einer anderen "festen Niederlassung" als dem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit nur dann in Betracht, wenn diese Niederlassung ein ständiges Zusammenwirken der für die Erbringung der Dienstleistungen erforderlichen persönlichen und Sachmittel aufweist. In diesem Urteil Berkholz gelangte der EuGH zur Auffassung, dass Geldspielgeräte auf einem auf hoher See verkehrenden Schiff, die von Zeit zu Zeit gewartet werden, keine feste Niederlassung im hier angesprochenen Sinne begründen. Der EuGH führt in der Beantwortung der Vorlagefrage aus, "dass eine Einrichtung für eine gewerbliche Betätigung wie der Betrieb von Geldspielautomaten auf einem außerhalb des Inlandes auf hoher See verkehrenden Schiff nur dann als feste Niederlassung im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, wenn diese Niederlassung ein ständiges Zusammenwirken von persönlichen und Sachmitteln voraussetzt, die für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen erforderlich sind, und wenn es nicht zweckdienlich ist, diese Dienstleistungen dem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Dienstleistenden zuzuordnen."

Dieser Beantwortung der Vorlagefrage im Urteil Berkholz ist zu entnehmen, dass sich eine feste Niederlassung im Sinn des Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, auch auf einem auf hoher See verkehrenden Schiff befinden kann. Solcherart bedarf es für die hier angesprochene örtliche Anknüpfung nach der Sechsten Richtlinie nicht einer festen örtlichen Anlage im Sinne einer dauernden Verbindung zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche, wie dies § 29 Abs 1 BAO für die Betriebsstätte (vgl zur Betriebsstätte: Ritz, BAO-Kommentar, § 29 Tz 2) voraussetzt.

Der EuGH prüfte auch im Urteil vom 17. Juli 1997, C-190/95 , ARO Lease BV, Slg. 1997, I-4399, Rn. 15ff, die "feste Niederlassung" im Sinne des Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie lediglich anhand des Kriteriums des ständigen Vorhandenseins eines Mindestbestandes an Personal- und Sachmitteln. Fehlt es an eigenem Personal und einer Struktur mit einem hinreichenden Grad an Beständigkeit, liegt keine feste Niederlassung vor (EuGH vom 7. Mai 1998, C-390/96 , Lease Plan Luxembourg SA, Slg 1998 I-2571, Rn 27). In diesem Sinne spricht der EuGH auch im Urteil vom 2. Mai 1996, C-231/94 , Faaborg-Gelting Linien A/S, Slg. 1996, I- 2406, Rn 17, aus, dass eine feste Niederlassung nur dann vorliegt, wenn ein hinreichender personeller und sachlicher Mindestbestand vorliegt.

Eine "feste Niederlassung" im Sinn des Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie wird sohin durch einen hinreichenden Mindestbestand von persönlichen und Sachmittel gekennzeichnet, die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind. Neben dem Mindestbestand an personellen und sachlichen Mitteln wird noch ein hinreichender Grad an Beständigkeit im Sinne eines ständigen Zusammenwirkens von Personal- und Sachmitteln zu fordern sein (siehe Leonard in Bunjes/Geist, UStG § 3a Rn. 5, unter Hinweis darauf, dass auch ein Friseurhandwerk an Bord eines Seeschiffes eine feste Niederlassung darstellen könne, und unter Verweis auf entsprechende Verwaltungsanweisungen in Deutschland, siehe dazu BStBl 2002 I 288, auch zu Kosmetik- und Massagebetrieben).

Dieses Verständnis zur "festen Niederlassung" ist in richtlinienkonformer Interpretation (vgl hiezu die hg Erkenntnisse vom 30. Juli 2002, 98/14/0203, vom 19. Juni 2002, 2000/15/0053, und vom 25. Februar 1998, 97/14/ 0107, Slg 7257/F) der in Umsetzung des Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie ergangenen Bestimmung des § 3a Abs 12 UStG 1994 dem in dieser Norm vom österreichischen Gesetzgeber verwendeten Begriff der (umsatzsteuerlichen) Betriebsstätte beizumessen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie ist der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, hierfür vorrangiger Anknüpfungspunkt, so dass eine andere Niederlassung, von der aus die Dienstleistung erbracht wird, nur dann berücksichtigt wird, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führt oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hat (vgl EuGH Faaborg-Gelting Linien A/S, Rn 16).

Werden von festen Niederlassungen an Bord eines Kreuzfahrtschiffes aus Dienstleistungen, wie insbesondere solche der Friseure, Kosmetik- und Massageinstitute, erbracht, kann ein Konkurrenzverhältnis zwischen den betreffenden festen Niederlassungen an Bord bestehen. Befindet sich der Sitz der leistenden Unternehmer nicht in ein und demselben Mitgliedstaat, kann die umsatzsteuerliche Anknüpfung an den jeweiligen Sitz dazu führen, dass Unternehmer, die an Bord desselben Schiffes gleichartige Dienstleistungen anbieten, unterschiedlich hohe Umsatzsteuern zu entrichten haben. Im Hinblick auf mögliche Konkurrenzverhältnisse zwischen den die Dienstleistungen erbringenden Unternehmern an Bord eines Schiffes erscheint daher die Anknüpfung an den jeweiligen Sitz nicht als sinnvolle Lösung.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass - im Falle der umsatzsteuerlichen Anknüpfung an den Sitz des Unternehmens - ein Schiffsreeder eines Kreuzfahrtschiffes, dem es auf die Attraktivität des Angebotes an Bord für seine Passagiere ankommt, versucht sein könnte, für die selbständige Erbringung von Dienstleistungen an Bord seines Schiffes nur Unternehmer mit Sitz in solchen Staaten heranzuziehen, die eine niedrigere Umsatzbesteuerung normieren.

Dazu kommt, dass die systematische Anknüpfung an den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit den dienstleistenden Unternehmern einen Anreiz dafür bieten könnte, durch Sitzverlagerung der (höheren) Besteuerung zu entgehen.

Die feste Niederlassung ist in entsprechenden Fällen ein zweckdienlicher Anknüpfungspunkt, weil dort die Dienstleistungen tatsächlich an den Verbraucher erbracht werden und somit die wirtschaftliche Realität Berücksichtigung findet.

In diesem Sinn hat der EuGH im Urteil vom 20. Februar 1997, C- 260/95 , DFDS, Slg. 1997 I-1022, insbesondere Rn 22f, darauf abgestellt, wo die Dienstleistungen "tatsächlich" erbracht werden und damit der wirtschaftlichen Realität als grundlegendem Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems Rechnung getragen (vgl Schlienkamp, UR 1997, 161, unter Hinweis auf Rn 32ff der Schlussanträge des Generalanwaltes La Pergola in der Rechtssache DFDS) .

Der dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Faaborg-Gelting Linien A/S zugrundliegende Fall der Dienstleistungen an Bord eines Schiffes ist dadurch gekennzeichnet, dass - anders als im Beschwerdefall - der Schiffsreeder selbst die Dienstleistungen an Bord seines Fährschiffes erbracht hat (Rn 18 des Urteils und Rn 2 der Schlussanträge), was bei der Frage nach einer steuerlich sinnvollen Anknüpfung im Hinblick auf die oben dargestellten Überlegungen zur Wettbewerbswirkung nicht außer Acht gelassen werden darf.

Im Beschwerdefall kommt es sohin darauf an, ob die auf dem Hochseeschiff bestandene Einrichtung der Beschwerdeführerin aufgrund des ständigen Zusammenwirkens von persönlichen und Sachmittel einen zureichenden Mindestbestand aufgewiesen hat, der die Einrichtung in die Lage versetzt hat, die Dienstleistungen autonom zu erbringen. Unbestritten wurden die Dienstleistungen von der Beschwerdeführerin durch ihre Dienstnehmer und mit speziellen Einrichtungen und Behandlungsmitteln in angemieteten Räumen des Kreuzfahrtschiffes erbracht. Solcherart steht fest, dass das Schönheitsinstitut auf dem Kreuzfahrtschiff in der Lage gewesen ist, Dienstleistungen im Bereich von Kosmetik und Massage autonom zu erbringen. Anders als in dem dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Berkholz zugrunde liegenden Fall ist im Beschwerdefall daher eine ausreichende Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln gegeben. Daher liegt eine feste Niederlassung im Sinne des Art 9 Abs 1 der Sechsten Richtlinie und damit eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte iSd § 3a Abs 12 UStG 1994 vor, von der die sonstige Leistung erbracht worden ist.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich bereits, dass die belangte Behörde, weil sie dem Begriff der umsatzsteuerlichen Betriebsstätte iSd § 3a Abs 12 UStG 1994 eine falsche Bedeutung beigemessen und das Verhältnis zwischen dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, und der Betriebsstätte als steuerlicher Anknüpfungspunkt verkannt hat, zu Unrecht davon ausgegangen ist, der Ort der von der Beschwerdeführerin erbrachten Dienstleistungen liege in Österreich.

Solcherart braucht auf das Beschwerdevorbringen zur Frage des Ortes des Sitzes bzw der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin nicht mehr eingegangen zu werden.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II 501/2001. Die Umrechnung der Stempelgebühren beruht auf § 3 Abs 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl I 72/2000.

Wien, am 29. April 2003

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