Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. August 1998 zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis zum 3. November 1998 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt verbüßte.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Vollzugsoberbehörde vom 18. November 1998 wurde der "Berufung" des Beschwerdeführers dagegen, dass ihm mit Erledigung des Leiters der Justizanstalt Wien-Josefstadt vom 12. Oktober 1998 die von ihm beantragte Gewährung des Zuspruches durch einen Seelsorger der Zeugen Jehovas verwehrt wurde, keine Folge gegeben. Die Vollzugsoberbehörde begründete ihre Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 und Abs. 3 StVG nicht vorlägen, weil der Beschwerdeführer - nach eigenen Angaben - kein Mitglied der Zeugen Jehovas und auch nicht getauft sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer sowohl eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch eine mit 4. Dezember 1998 datierte "Berufung" an den Bundesminister für Justiz (die belangte Behörde).
Diese "Berufung" wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. März 1999 als unzulässig zurückgewiesen, weil § 121 Abs. 2 StVG für den vorliegenden Fall keinen Rechtszug an den Bundesminister für Justiz vorsehe. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Am 6. Oktober 1999 entschied der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis B 15/99, dass der Beschwerdeführer durch den eingangs erwähnten Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. November 1998 in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzt worden sei, und hob den bei ihm angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes auf. Der Verfassungsgerichtshof begründete dieses Erkenntnis damit, dass der Präsident des zuständigen Landesgerichtes als Vollzugsoberbehörde insofern der Bestimmung des § 85 StVG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe, als er es als unabdingbare Voraussetzung der Gewährung des Zuspruches durch einen Seelsorger angesehen habe, dass der Beschwerdeführer der Bekenntnisgemeinschaft Zeugen Jehovas "offiziell" angehöre; darauf komme es jedoch nicht an, weil unabhängig von den formellen Kriterien der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft das "eigene Bekenntnis" die nach außen in Erscheinung tretende Deklaration innerer (Glaubens-) Einstellungen und Werte sei.
Hingegen lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen die zurückweisende Berufungsentscheidung des Bundesministers für Justiz (belangte Behörde) vom 19. März 1999 erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 6. Oktober 1999, B 775/99, ab und trat diese Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Nach Abtretung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 19. März 1999 ergänzte der Beschwerdeführer diese Beschwerde mit Schriftsatz vom 7. Februar 2000 auftragsgemäß dahingehend, dass er sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie in seinem Recht auf eine Sachentscheidung durch die oberste Vollzugsbehörde verletzt fühle.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen jenen Bescheid, mit dem die belangte Behörde die "Berufung" (richtig: Beschwerde) gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. November 1998 als unzulässig zurückgewiesen hat. Mit der zurückgewiesenen "Berufung" bekämpfte der Beschwerdeführer jenen Bescheid, der vom Verfassungsgerichtshof in der Folge mit seinem oben erwähnten Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, B 15/99, aufgehoben wurde.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes wirkt eine Bescheidaufhebung im Bescheidbeschwerdeverfahren durch den Verfassungsgerichtshof - ebenso wie durch den Verwaltungsgerichtshof - ex tunc; aufhebende Erkenntnisse haben die Wirkung, dass sie die Rechtssache in den Stand versetzen, in dem sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheids befunden hat (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1999, VfSlg. 15.669, und vom 30. September 2000, VfSlg. 15.945; Mayer, Bundes-Verfassungsrecht3, 896; Stöger, Verwaltungsgerichtliche Kassation und "aufbauende Bescheide" (2002) 237 ff, 241; vgl. auch § 42 Abs. 3 VwGG sowie dazu grundlegend das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1956, Slg. Nr. 4084/A).
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. im Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 94/09/0112, ausgeführt hat, bedeutet die rückwirkende Gestaltungswirkung eines Erkenntnisses nicht nur, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des aufgehobenen Bescheides und seiner Aufhebung so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre, sondern auch, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde. Solche Rechtsakte gelten infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses mit diesem dann als beseitigt, wenn sie mit dem aufgehobenen Bescheid in einem unlösbaren Zusammenhang stehen.
Bei dem im vorliegenden Fall angefochtenen, die Berufung des Beschwerdeführers (nicht mangels Vorliegens des bekämpften Bescheides) als unzulässig zurückweisenden Berufungsbescheid handelt es sich um einen solchen, in einem unlösbaren Zusammenhang mit dem mit "Berufung" angefochtenen Bescheid stehenden Rechtsakt. Dieser baut auf dem mit Berufung bekämpften Bescheid insofern auf, als er nur ergehen kann, wenn es einen solchen überhaupt gibt. Er tritt daher - anders als eine meritorische Berufungsentscheidung - nicht an dessen Stelle, sondern neben den bekämpften Bescheid. Sofern der zurückweisende Berufungsbescheid nicht mangels Vorliegens eines mit Berufung angefochtenen Bescheides erging, spielt der mit Berufung bekämpfte Bescheid eine tragende Rolle für die Beurteilung der Zurückweisung (vgl. Stöger, Verwaltungsgerichtliche Kassation und "aufbauende Bescheide" 56 f).
In diesem Fall bewirkte somit das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1999 nicht nur das Außerkrafttreten des Bescheides des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. November 1998, sondern auch die Beseitigung des auf diesem aufbauenden angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 19. März 1999.
Aus diesem Grund war die Beschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsobjektes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 3. Juli 2003
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