Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §39 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §39 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. Mai 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei zwar in Wien geboren, jedoch im Alter von drei Jahren zu seinen Großeltern nach Jugoslawien zurückgekehrt und dort acht Jahre lang zur Schule gegangen. Im Jahr 1987 sei er als 14-jähriger wieder zu seinen in Österreich lebenden Eltern zurückgekehrt und habe einen unbefristeten Sichtvermerk erhalten. Nur wenige Zeit später sei der Beschwerdeführer vom Jugendgerichtshof Wien am 13. Juli 1989 wegen der Vergehen des versuchten Diebstahls, der Hehlerei und der fahrlässigen Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Wochen rechtskräftig verurteilt worden. Seine nächste Verurteilung sei durch das Strafbezirksgericht Wien am 22. Juni 1993 wegen § 16 Abs. 1 SGG zu einer Geldstrafe erfolgt. Am 5. Dezember 1995 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens nach § 12 StGB, § 12 Abs. 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon drei Monate unbedingt, rechtskräftig verurteilt worden. Aus der Urteilsbegründung ergebe sich, dass der Beschwerdeführer im November 1993 begonnen habe, Heroin zu konsumieren. Um seine Sucht finanzieren zu können, habe er in der Zeit von Dezember 1994 bis Ende Jänner 1995 pro Woche vier Personen an Suchtgifthändler vermittelt. Jeder dieser Kunden habe pro Kauf ein halbes Gramm Heroin erworben. Aus dem Erlös habe der Beschwerdeführer die für seine eigene Sucht notwendigen Heroinrationen finanzieren können. Auch diese Verurteilung habe den Beschwerdeführer nicht davon abhalten können, weiter Suchtgift zu konsumieren und weiter straffällig zu werden. Er sei am 28. Jänner 1998 vom Landesgericht für Strafsachen Wien neuerlich wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 2 SMG als Beteiligter und des Vergehens nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe neuerlich, und zwar im Sommer 1997, zur Inverkehrsetzung von Suchtgift beigetragen, indem er eine Person an einen Komplizen vermittelt habe, der dieser ca. zehn Gramm Heroin verkauft habe. Zudem habe der Beschwerdeführer mit seinem Komplizen in der Zeit zwischen Ende Juni 1997 und dem 6. Juli 1997 eine große Heroinmenge, nämlich 70 Gramm, mit dem Vorsatz besessen, diese weiter zu verkaufen.
Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG seien erfüllt. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit extrem, sodass ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben zum Schutz der Gesundheit anderer sowie zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, dringend geboten sei. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots seien von größerem Gewicht als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Daran könne auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er befinde sich in Therapie und führe diese sehr motiviert durch, nichts ändern.
Eine Aufenthaltsverfestigung im Sinn des § 35 Abs. 3 iVm § 38 Abs. 1 Z 2 FrG komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt worden sei. Das Aufenthaltsverbot sei im Sinn des § 38 Abs. 1 Z 3 FrG zulässig, weil der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgebenden Sachverhaltes nicht die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG hätte verliehen werden können. Schließlich erweise sich das Aufenthaltsverbot auch gemäß § 38 Abs. 1 Z 4 FrG als zulässig, weil der Beschwerdeführer zwar in Wien geboren worden sei, sich jedoch im Alter von drei Jahren in seine Heimat begeben habe und erst im Alter von 14 Jahren wieder nach Österreich zurückgekehrt sei. Er sei sohin nicht von klein auf im Bundesgebiet aufgewachsen. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität könne von dem Aufenthaltsverbot auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und der bei Suchtgiftdelikten allgemein gegebenen Wiederholungsgefahr sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbots auf unbestimmte Zeit gerechtfertigt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend die vom Beschwerdeführer verübten Straftaten und seine deswegen erfolgten Verurteilungen. Die - zutreffende - behördliche Beurteilung, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG verwirklicht sei, bleibt unbekämpft. Sie bringt jedoch im Zusammenhang mit der Beurteilung nach § 36 Abs. 1 FrG vor, die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass der Vollzug der Freiheitsstrafe gemäß § 39 SMG aufgeschoben worden sei, weil er eine Drogentherapie absolviere und auch die diesbezüglichen Auflagen stets eingehalten habe. Ebenso wie es bei erfolgreicher Absolvierung einer Therapie nicht mehr des Vollzuges der Freiheitsstrafe bedürfe, erscheine es auch sinnvoll, von fremdenrechtlichen Sanktionen Abstand zu nehmen. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
1.2.1. Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 1989 wegen der Vergehen des versuchten Diebstahls, der Hehlerei und der fahrlässigen Körperverletzung und im Jahr 1993 wegen § 16 Abs. 1 SGG strafgerichtlich verurteilt. Der weiteren Verurteilung vom 5. Dezember 1995 lag zu Grunde, dass er in der Zeit von Dezember 1994 bis Ende Jänner 1995 pro Woche vier Personen an Suchtgifthändler vermittelte, wobei jeder dieser Kunden pro Kauf ein halbes Gramm Heroin erwarb. Der letzten Verurteilung vom 28. Jänner 1998 lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Sommer 1997 eine Person an einen Komplizen vermittelt hatte, der dieser ca. zehn Gramm Heroin verkaufte. Zudem hatte der Beschwerdeführer mit seinem Komplizen eine große Menge Suchtgift (ca. 70 Gramm Heroin) - somit eine solche, die geeignet war, im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 6 SMG) - mit dem Vorsatz besessen, diese weiter zu verkaufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/18/0107).
1.2.2. Bei Würdigung des gesamten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, der sich trotz der erfolgten Verurteilungen nicht davon abhalten ließ, gegen das Suchtmittelgesetz verstoßende strafbare Handlungen zu begehen, und der die Schwere seiner strafbaren Handlungen noch gesteigert hat, begegnet die Auffassung, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Sicherheit in Österreich gefährden werde und die in § 36 Abs. 1 FrG erwähnte Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken. An dieser Beurteilung vermag auch der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, dass er sich nunmehr einer Drogentherapie unterziehe, nichts zu ändern, böte doch angesichts des bisherigen wiederholten Fehlverhaltens selbst eine erfolgreiche Suchtgifttherapie keine Gewähr dafür, dass er nicht neuerlich mit Suchtmitteln handeln werde und dass von ihm keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mehr ausgehen werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/18/0345).
2.1. Im Licht des § 37 FrG meint der Beschwerdeführer, seine Eltern sowie sein jüngerer Bruder seien österreichische Staatsangehörige. Er habe außer diesen drei Personen keine engen Familienangehörigen. Die Lebenssituation seiner Eltern sei derzeit äußerst problematisch, weil sein jüngerer Bruder am 18. Mai 1999 bei einem Verkehrsunfall eine schwere Schädelverletzung, innere Verletzungen und Brüche erlitten habe. Sein Bruder sei nicht krankenversichert gewesen. Es laste somit die gesamte Betreuung seines Bruders auf seinen Eltern und auf ihm. Auch müsste seine Drogentherapie bei einer Abschiebung nach Jugoslawien zwangsläufig unterbrochen werden, was die Gefahr eines Rückfalls in die Suchtgiftabhängigkeit erhöhen würde. Hätte er hingegen die Möglichkeit, die Therapie zu beenden, so würde ihm die Chance gegeben, zu beweisen, dass er bei Suchtgiftfreiheit nicht mehr straffällig würde.
2.2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG fällt zu Gunsten des Beschwerdeführers dessen langjähriger rechtmäßiger Aufenthalt seit 1987 sowie die enge Bindung zu seinen in Österreich lebenden Eltern und zu seinem jüngeren Bruder ins Gewicht. Die daraus ableitbare Integration des Beschwerdeführers ist jedoch in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch seine Straftaten gemindert. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht die Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen durch die Straftaten des Beschwerdeführers gegenüber. Insbesondere auf Grund des wiederholten strafbaren Verhaltens nach dem Suchtgift- bzw. Suchtmittelgesetz und der dadurch bewirkten gewichtigen Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität stößt die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), auf keine Bedenken, zumal auch der Wunsch des Beschwerdeführers, sich weiterhin in Österreich wegen seiner Drogensucht therapieren zu lassen, seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich nicht maßgeblich verstärken kann, besteht doch kein Anhaltspunkt dafür, dass eine solche Therapie im Ausland nicht möglich wäre. Der schwere Unfall des jüngeren Bruders des Beschwerdeführers ereignete sich am 18. Mai 1999, sohin nach dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, weshalb dieser Umstand schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbots (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) keine Berücksichtigung finden kann.
3. Die Ansicht der belangten Behörde, Aufenthaltsverbot-Verbotsgründe lägen nicht vor, wird in der Beschwerde nicht bekämpft. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Beurteilung in Anbetracht der Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren (vgl. § 35 Abs. 3 Z 1 und 2 iVm § 38 Abs. 1 Z 2 FrG) sowie in Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer vom 3. bis zum 14. Lebensjahr in seiner Heimat lebte und er sohin nicht im Sinn des § 38 Abs. 1 Z 4 FrG von klein auf im Inland aufgewachsen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0112) keine Bedenken. Auch aus § 38 Abs. 1 Z 3 FrG kann der Beschwerdeführer keine Unzulässigkeit des Aufenthaltsverbots ableiten, weil er vor Verwirklichung des maßgebenden Sachverhaltes (ab dem 5. Dezember 1995) noch nicht seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hatte (§ 10 Abs. 1 Z 1 StbG).
4. Auch mit der Bekämpfung der unbefristeten Erlassung des Aufenthaltsverbots vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ein Aufenthaltsverbot ist - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Die Annahme der belangten Behörde, dass dieser Zeitpunkt nicht vorhergesehen werden könne und das Aufenthaltsverbot sohin unbefristet zu verhängen sei, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, zumal sich der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Verurteilungen nicht davon abhalten ließ, immer wieder strafbare Handlungen zu begehen und er die Schwere seiner strafbaren Handlungen, die sich über mehrere Jahre erstreckt haben, zuletzt noch gesteigert hat.
5. Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde die gesetzwidrige Ausübung des bei Anwendung des § 36 Abs. 1 FrG zu handhabenden Ermessens vorwirft, ist sie ebenfalls nicht im Recht. Für die belangte Behörde bestand entgegen der Beschwerde keine Veranlassung, von dem ihr nach dieser Gesetzesstelle bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbots zukommenden Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
6. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. September 2003
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