VwGH 2002/12/0058

VwGH2002/12/00582.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache der am 29. Mai 1956 geborenen G in Wien, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Normen

FrG 1997 §22 idF 1998/I/158;
VwGG §27 idF 1998/I/158;
VwGG §34 Abs1;
FrG 1997 §22 idF 1998/I/158;
VwGG §27 idF 1998/I/158;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Kroatiens, verfügte über einen von der Bundespolizeidirektion Wien am 28. August 1992 ausgestellten Wiedereinreisesichtvermerk mit einer Gültigkeitsdauer bis 14. Juli 1993. In weiterer Folge wurde ihr von der Bundespolizeidirektion Wien ein vom 11. Jänner 1994 bis 19. September 1994 gültiger Wiedereinreisesichtvermerk ausgestellt.

Sie beantragte am 25. August 1994 beim Landeshauptmann von Wien die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, wobei sie als Aufenthaltszweck die Ausübung einer unselbstständigen Tätigkeit sowie Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten angab. Dieser Antrag wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. Oktober 1994 gemäß § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen.

Am 22. Dezember 1994 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wobei als Aufenthaltszweck ausschließlich die Ausübung einer unselbstständigen Tätigkeit angegeben wurde.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 8. Jänner 1995 gemäß § 4 Abs. 1 AufG ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Der Bundesminister für Inneres wies diese Berufung mit Bescheid vom 8. September 1995 gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AufG ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 96/19/2156, den vorgenannten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Dieses Erkenntnis wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens jeweils am 21. April 1997 zugestellt.

Mit ihrer am 25. November 1997 beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht in Ansehung ihres Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 22. Dezember 1994 durch die belangte Behörde geltend.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1997 wurde die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Die Zustellung dieser Verfügung an die belangte Behörde erfolgte am 15. Dezember 1997.

Am 19. August 1998 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten dem Verwaltungsgerichtshof "zur weiteren Veranlassung" vor.

Mit hg. Verfügung vom 11. März 2002 wurde die belangte Behörde aufgefordert, u.a. mitzuteilen, ob bzw. wann im Jahr 1997 die Quote für den Aufenthaltzweck "unselbstständige Erwerbstätigkeit" im Bundesland Wien erschöpft war.

Die belangte Behörde teilte mit Note vom 16. April 2002 dem Verwaltungsgerichtshof u.a. mit, dass die genannte Quote bereits am 2. Juli 1997 "geschlossen" gewesen sei.

Der Beschwerdeführerin wurde mit hg. Verfügung vom 25. April 2002 Gelegenheit gegeben, zu dieser Mitteilung der belangten Behörde Stellung zu nehmen. Eine Äußerung langte nicht ein.

Für die Beurteilung der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung maßgeblich.

Die einschlägigen jeweils am 31. Dezember 1997 durch das Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, außer Kraft getretenen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes - AufG lauteten (auszugsweise):

"§ 2. (1) Die Bundesregierung hat, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates, für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen. ...

§ 4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Beachtung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Auf die Verlängerung von Bewilligungen finden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung.

§ 9. ...

(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anzuwenden."

§ 1 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, lautete (auszugsweise):

"§ 1. (1) Im Jahr 1997 dürfen ... höchstens 17.320 Bewilligungen erteilt werden.

(2) Die Anzahl dieser Bewilligungen wird in folgendem

Verhältnis auf die Länder aufgeteilt:

...

Wien: insgesamt höchstens 5.400 Bewilligungen, aufgeteilt auf

...

höchstens 950 Bewilligungen für Erwerbstätige, Schüler, Pensionisten und privat Aufhältige (§ 1 Abs. 1 Z. 1, 2, 6, 7 und 8 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995)."

§ 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Aufenthaltszwecke und die Form der Aufenthaltsbewilligung, BGBl. Nr. 395/1995, lautete (auszugsweise):

"§ 1. (1) Aufenthaltsbewilligungen können für folgende Aufenthaltszwecke erteilt werden:

...

1. unselbstständige Erwerbstätigkeit

..."

Im Beschwerdefall verfügte die Beschwerdeführerin über einen bis 14. Juli 1993 gültigen Wiedereinreisesichtvermerk. "Mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung" (siehe § 13 Abs. 1 erster Satz AufG - der später erteilte, vom 11. Jänner bis 19. September 1994 gültige Wiedereinreisesichtvermerk war nach dieser Bestimmung nicht "verlängerungsfähig") hätte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften stellen können. Der verfahrensgegenständliche Antrag wurde allerdings erst am 24. August 1994 eingebracht; er war nach der Rechtslage, wie sie bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde galt, als solcher auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten.

Zu prüfen war, ob die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG im vorliegenden Fall am 25. November 1997, dem Tag des Einlangens der Säumnisbeschwerde, verstrichen war. Dies setzte voraus, dass eine Hemmung dieser Frist infolge "Quotenerschöpfung" aus dem Grund des § 9 Abs. 3 AufG nicht eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Beschlüsse vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208, und vom 13. Februar 1998, Zl. 96/19/3271, tritt die Hemmung der Frist des § 27 VwGG unabhängig davon ein, ob ein Grund für die Versagung einer quotenabhängigen Bewilligung vorliegt oder nicht.

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1997, Zl. 96/19/2155, langte nach der Aktenlage am 21. April 1997 bei der belangten Behörde ein. Die Entscheidungsfrist nach § 27 VwGG begann mit diesem Tag (wieder) zu laufen. Die Säumnisbeschwerde wäre zulässig, wenn der belangten Behörde für ihre Berufungsentscheidung insgesamt sechs Monate während offener Quote zur Verfügung gestanden wären (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Mai 2002, Zl. 2002/12/0028).

Der Verwaltungsgerichtshof legt seiner rechtlichen Beurteilung die unbedenkliche Mitteilung der belangten Behörde, der die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, zu Grunde, dass die im Beschwerdefall maßgebliche Quote nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997 per 2. Juli 1997 bereits erschöpft war.

Rechtlich folgt daraus, dass die belangte Behörde vom Zeitpunkt dieser "Quotenerschöpfung" bis zur Erlassung einer nachfolgenden Quotenverordnung (hier: der entsprechenden, am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Niederlassungsverordnung 1998, BGBl. II Nr. 371/1997) keine Entscheidungspflicht traf. Die Zeiten der geschlossenen Quote (vom 2. Juli 1997 bis 31. Dezember 1997) waren auf die Frist des § 27 VwGG nicht anzurechnen. Die mit Einlangen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes am 21. April 1997 in Gang gesetzte Frist des § 27 VwGG war daher im Zeitpunkt der "Quotenerschöpfung" für das Jahr 1997 noch nicht abgelaufen.

Die am 25. November 1997 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Säumnisbeschwerde erweist sich demnach als verfrüht. Sie war mangels Berechtigung zur ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Ein Kostenausspruch konnte entfallen, weil die gemäß § 51 VwGG obsiegende belangte Behörde keinen Antrag auf Aufwandersatz im Sinne des § 59 VwGG gestellt hat.

Wien, am 2. Juli 2002

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